Dellwig. Das Essener Freibad „Hesse“ versteht sich als Vorreiter. So will Badbetreiber Ruwa Dellwig der Energiekrise begegnen.
Die steigenden Energiekosten treffen auch die Schwimmbäder. Während andernorts Bäder bereits geschlossen wurden, geht Ruwa Dellwig im Freibad „Hesse“ andere Wege. Der Verein, der das traditionsreiche Freibad am Rhein-Herne-Kanal seit 1985 als Pächter betreibt, konnte die Stadt Essen jetzt davon überzeugen, in das Bad zu investieren, um dadurch die Energiekosten deutlich zu senken.
So werden auf den Flachdächern der Gebäude, auf einem Teil der Liegewiese und am Zaun zum Rhein-Herne-Kanal hin Photovoltaik-Module installiert. Die elektrisch betriebene Wärmepumpe zur Beheizung des Schwimmerbeckens und die Schwimmbadtechnik können so künftig mit Solarstrom betrieben werden. Außerhalb der Freibadsaison versorgt die Anlage die Büroräume und das Sport- und Gesundheitszentrum mit Energie. Was zu viel produziert wird an Strom, wird ins Netz eingespeist. Nach Angaben der Sport- und Bäderbetriebe kann die Anlage pro Jahr bis zu 80.000 Kilowattstunden Strom erzeugen.
Der Wärmebedarf des Schwimmerbeckens lässt sich um 58 Prozent reduzieren
Damit nicht genug: Das 25-Meter-Becken erhält eine Kunststoffabdeckung. Diese soll verhindern, dass das Wasser zu schnell abkühlt. Der Wärmebedarf lässt sich laut Ruwa Dellwig so um 58 Prozent reduzieren, pro Jahr könnten allein dadurch 44.000 Kilowattstunden Strom eingespart werden.
Insgesamt sinkt der Strombedarf des Freibades von jährlich 300.000 Kilowattstunden durch die Investitionen in Photovoltaikanlage und Kunststoffabdeckung um 42 Prozent, was einer Einsparung von 124.000 Kilowattstunden entspricht. Auch die Umwelt profitiert. 52 Tonnen Kohlendioxid werden pro Jahr weniger ausgestoßen.
Das hat seinen Preis. Die Investitionskosten belaufen sich auf insgesamt 472.550 Euro, davon entfallen 300.000 Euro auf die Photovoltaikanlage. Der für Sport und Bäder zuständige Ausschuss des Stadtrates hat die finanziellen Mittel bereits freigegeben. „Die Beckenabdeckung wird vermutlich schon zur neuen Saison in Betrieb genommen werden können. Bei der PV-Anlage hoffen wir trotz der Lieferkettenproblematik auf eine Installation im vierten Quartal 2023“, berichtet Josha Westkamp, Geschäftsführer von Ruwa-Dellwig.
Auf lange Sicht rechnet die Stadt Essen mit einer Einsparung von 760.000 Euro
Die Investition macht sich nach Rechnung der Verwaltung für die Stadt bezahlt. Die Stromkosten sinken bereits im ersten Jahr um 35.000 Euro. Der jährlich Zuschuss, den die Stadt an den Pächter Ruwa Dellwig zahlt, wird um diese Summe gekürzt. Die Sport- und Bäderbetriebe kalkulieren für die Photovoltaikanlage mit einer Laufzeit von 25 Jahren, die Schwimmbadabdeckung sollte 15 Jahre lang ihren Zweck erfüllen. Unterm Strich ließen sich über diesen Zeitraum rund 760.000 Euro einsparen. Sollten die Energiekosten weiter steigen, sogar mehr.
Ruwa Dellwig versteht sich einmal mehr als Vorreiter. Schon durch die Teilnahme an dem Projekt „Ökoprofit“ in den Jahren 2019 und 2020 seien beachtliche Einsparungen erzielt worden: 12,9 Tonnen Kohlendioxid, 26.000 Kilowattstunden Strom, 12 Tonnen Abfall und 500 Kubikmeter Wasser. Von den Erfahrungen, die der Badbetreiber ab dem kommenden Jahr macht, heißt es, könnten auch andere Bäder profitieren.