Essen. Auf der Welterbe-Zeche Zollverein werden die Schächte XII und II aufwendig verfüllt. Touristen sollen dabei so wenig wie möglich gestört werden.

Ortskundigen Zollverein-Besuchern fallen selbst minimale Eingriffe in das Welterbe-Panorama auf Anhieb auf. Zum Beispiel, dass die Seilscheiben des imposanten Doppelbocks neuerdings stillstehen. Oder dass sie die stählernen Förderseile heruntergenommen haben. Der Grund für diese Veränderungen: Am Schacht XII wie auch am Schacht II laufen die Vorbereitungen für die Verfüllung auf Hochtouren.

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An solche Bilder müssen sich Besucher der Welterbe-Zeche Zollverein in den nächsten beiden Jahren gewöhnen. Schon zur Vorbereitung der Verfüllungsarbeiten am Schacht XII werden Kräne eingesetzt. Mehrere Hundert Meter Bauzäune dienen der Sicherheit der Besucher.
An solche Bilder müssen sich Besucher der Welterbe-Zeche Zollverein in den nächsten beiden Jahren gewöhnen. Schon zur Vorbereitung der Verfüllungsarbeiten am Schacht XII werden Kräne eingesetzt. Mehrere Hundert Meter Bauzäune dienen der Sicherheit der Besucher. © Jochen Tack / Zollverein

Die Verfüllung der beiden Schächte mit einer Teufe von jeweils rund 1000 Metern zählt aktuell zu den aufwendigsten Baumaßnahmen des Ruhrbergbaus, der schon seit bald vier Jahren keine Kohle mehr fördert. Stillgelegte Bergwerke wie Zollverein in Essen dienen der Wasserhaltung, die zu den Ewigkeitsaufgaben der RAG dient. Bislang wurde das Grubenwasser von Zollverein mithilfe mächtiger Maschinen ans Tageslicht gepumpt und von dort in die Emscher eingeleitet.

Nur im Notfall kommen auf Zollverein Tauchpumpen zum Einsatz

Weil das Grubenwasser nun unterirdisch in den Rhein geleitet wird, müssen die gigantischen Schächte im Essener Norden verfüllt werden. Schacht XII etwa dient künftig nur noch als Sicherungsstandort. Das bedeutet: Im Notfall können mithilfe sogenannter Hüllrohre Tauchpumpen in Betrieb genommen werden, die Millionen Kubikmeter Wasser aus der Grube zu holen vermögen. Auf jeden Fall wird Zollverein künftig den Rang eines Reserve-Standortes einnehmen.

Die Seilscheiben des Doppelbock-Gerüstes von Schacht XII drehen sich nicht mehr. Auch das Förderseil ist abgenommen worden. Es wird aber nur vorübergehend eingelagert.
Die Seilscheiben des Doppelbock-Gerüstes von Schacht XII drehen sich nicht mehr. Auch das Förderseil ist abgenommen worden. Es wird aber nur vorübergehend eingelagert. © Jochen Tack / Zollverein | Jochen Tack / Zollverein

Damit die Schacht-Verfüllung auf Zollverein ab der Jahreswende 2022/2023 insbesondere die anderthalb Millionen Welterbe-Touristen so wenig wie möglich stört, haben sich die Verantwortlichen von RAG und Stiftung Zollverein einiges einfallen lassen. Der Transport des Füllmaterials erfolgt auf Lastern, die in enger Taktung über die Fritz-Schupp-Allee den Gleisboulevard am Fuße des Ruhrmuseums ansteuern. Dort pumpen die Tankwagen das Füllmaterial in eigens aufgestellten schallgeschützten Zelten in Rohrleitungen, die zum alten Zentralschacht führen. Damit niemand darüber stolpert, errichten sie Bauzäune, die gelegentlich von Treppen und Rampen unterbrochen werden.

Dasselbe Szenario gibt’s an Schacht II: Von der Gelsenkirchener Straße kommend, passieren die Lastwagen das Sanaa-Gebäude und steuern die Betonierstation an der Bullmannaue (Parkplatz Pact Zollverein) an.

Der Zeitplan für die Verfüllung ist genau getaktet, schätzungsweise anderthalb Jahre (bis Mitte 2024) wird es dauern, bis die Schächte bis oben dicht sind.

Bauzäune sorgen für Sicherheit, Banner informieren über die Verfüllung

Die Bauzäune, die im Laufe der nächsten Wochen aufgestellt werden, sollen während der Verfüllung eine doppelte Funktion vernehmen: Sie versperren einerseits den Blick auf die Rohrleitungen und sorgen für Sicherheit, andererseits dienen sie als Infowände. Die Stiftung und die RAG werden nämlich Banner anbringen, die dem Besucher den Sinn der Bauarbeiten näherbringen und auf verständliche Weise erklären. Schon jetzt verteilen sie auf Zollverein Flyer, die dem Besucher jeden Schritt der Verfüllung geduldig erklären.

Nostalgiker, die sich voller Wehmut an die Grubenfahrten auf die Wasserhaltung von Zollverein erinnern, müssen standhaft sein. Mit der Verfüllung der Schächte gibt es keine Möglichkeit mehr, in die Untertage-Welt einzutauchen. Die Körbe für die Personen- und Materialseilfahrt sind bereits ausgeklinkt und kommen nicht mehr zurück. Anders verhält es sich mit dem armdicken Förderseil: Es wird während der Bauarbeiten eingelagert und Ende 2023 wieder installiert.

Damit die Grubenfahrt auf Zollverein nicht vollends eingestellt wird, plant die Stiftung ab 2024 virtuelle Grubenfahrten: Einfach die VR-Brille („Virtual Reality“) aufsetzen und einfahren.