Essen. Gebaut als Puffer für Lastspitzen könnte der Erdgasröhrenspeicher der Stadtwerke in Haarzopf nun gute Dienste leisten. Doch dafür ist es zu spät.

Hier oben auf den Haarzopfer Höhen hunderttausende Kubikmeter Erdgas unter Hochdruck zu lagern – vor 20 Jahren löste das allergrößte Sorgen aus. Heute wären angesichts drohender Gas-Engpässe viele darüber wohl eher erleichtert, aber ach: Die „Zeitenwende“ vom gewaltigen Problem zur womöglich willkommenen Lösung, sie bleibt dem jahrelang umstrittenen Bauwerk unterm Messe-Parkplatz P10 an der Lilienthalstraße verwehrt. Denn den Gasspeicher, die „eiserne Reserve“, die für immerhin etwa fünf Tage den Gasverbrauch der Stadt sicherstellen konnte, gibt es nicht mehr.

Was nicht bedeutet, dass in den dort einst verbuddelten Rohrleitungen, sechs an der Zahl, kein Erdgas mehr schlummerte. Sie dienen halt nur noch als Niederdruck-Leitung, werden als solche nicht mehr mit bis zu 100 bar Speicherdruck verdichtet und können damit den Stoff, aus dem die Heizträume sind, nicht massenhaft speichern.

An kalten Tagen wurde der Röhrenspeicher mit seinem günstigen Erdgas „angezapft“

Seit fünf Jahren ist das schon so. Laut Essener Stadtwerken hatte sich der Betrieb schlichtweg nicht mehr gelohnt, denn das „Erdgas-Hochdruckrohrleitungssystem Am Treppchen“, das da im Februar 2002 den Genehmigungs-Segen des Staatlichen Umweltamtes bekam, sollte zuvörderst nicht dauerhaft Energie für schlechte Zeiten speichern, nach dem Motto: je mehr desto besser.

Gedacht war die Anlage vielmehr stets als eine Art Puffer, um den Gasbezug finanziell zu optimieren: Wenn in winterlichen Kälteperioden besonders viel Erdgas verbraucht wurde, konnte es „sehr schnell sehr teuer“ werden, die Restmengen zu beschaffen, betont Stadtwerke-Sprecher Roy Daffinger. Die Zusatzkosten im Millionen-Bereich ließen sich dadurch vermeiden, dass man das zuvor günstig eingekaufte Erdgas in den 560 Meter langen Röhren mit ihren 1,40 Meter Durchmesser „anzapfte“, um die Lastspitzen abzudecken.

Bis zu 600.000 Kubikmeter standen parat, das reichte, so lässt sich in den alten Genehmigungs-Unterlagen nachlesen, „etwa eine Woche“.

Verdichterstation und Genehmigung sind weg: Zumindest kurzfristig gibt es kein Zurück

Heute käme man vielleicht noch fünf Tage aus, aber immerhin: vielleicht entscheidende fünf Tage in einer Gasmangellage, wie sie derzeit für den bevorstehenden Winter befürchtet wird. Allein: Daraus wird nichts, denn seit die Restmengen anderweitig beschafft werden können, lohnte sich der Betrieb des Gasröhrenspeichers nicht mehr. „Aus wirtschaftlichen Gründen“, so Daffinger, hat man deshalb vor fünf Jahren den Druck aus der Leitung und damit auch aus der Debatte um denkbare Katastrophen-Szenarien genommen.

Zumindest kurzfristig bleibt dies ein Weg ohne Wiederkehr, denn Verdichterstation und Kompressor wurden nach Angaben der Stadtwerke ausgebaut, die Betriebsgenehmigung ist erloschen. Im Umkehrschluss heißt das: Wollte man den Pufferspeicher wieder hochfahren, bedeutete das „einen Riesenaufwand“: Für einen Millionenbetrag müsste zunächst die Technik ergänzt und auf Vordermann gebracht werden. Und dann schlössen sich neue Genehmigungsverfahren nach der Störfallverordnung und dem Bundes-Immissionsschutzgesetz an.

Bei der Premiere dauerte dies übrigens mehr als zwei Jahre.