Essen-Borbeck. Eine der markantesten Stimmen des Wochenmarkts in Essen-Borbeck ist verstummt. Was das für das Unternehmen bedeutet und wie es weitergeht.

Seit 25 Jahren war er mit seinem Stand auf dem Wochenmarkt in Borbeck vertreten, für viele war er ein echtes Original. Jetzt ist Landwirt Hermann Kuhlmann nach langer schwerer Krankheit verstorben. Die Kundschaft vermisst ihn. Denn schon nach wenigen Sekunden auf dem Markt wusste man, dass er da war: Gut gelaunt und deutlich hörbar pries Hermann Kuhlmann 25 Jahre lang seine Waren an.

Auf seinem Hof in Büderich zwischen Xanten und Wesel war der Landwirt Herr über sieben Hektar Boden und 6000 Quadratmeter Treibhausfläche. Gurken, Tomaten, Paprika, Kräuter, Bohnen, Kartoffeln und – ganz wichtig – Kappes werden hier selbst angebaut, anderes wie Rosenkohl, Blumenkohl und Obst kauft das Familienunternehmen dazu. „Aber immer direkt beim Erzeuger“, sagt Ute Kuhlmann. „Damit wir wissen, wo es herkommt.“

Hermann Kuhlmann war ein leidenschaftlicher Marktfahrer, kannte viele seiner Stammkunden persönlich, erinnert sie sich. „Den Kontakt zu den Kunden fand er toll. Und genau wie ich hat er immer gesagt: Die Menschen auf dem Markt sind anders als die im Supermarkt. Sie sind herzlicher. Da ist es auch kein Problem, wenn noch ein bisschen gequatscht wird, selbst wenn einer deshalb mal ein bisschen warten muss. Das wird einfach akzeptiert, weil es schön ist. Das gehört auf dem Markt dazu.“

Kartoffeln und Gemüse aus eigenem Anbau

Der Stand der Familie Kuhlmann ist dienstags und freitags von 8 bis 13 Uhr auf dem Wochenmarkt in Borbeck zu finden, mittwochs und samstags auf dem Weseler Wochenmarkt in der Zeit von 8 bis 12.30 Uhr. Jeweils am ersten Wochenende nach Allerheiligen findet zudem in Raesfeld der Kappesmarkt statt, in diesem Jahr am 6. November von 11 bis 18 Uhr.

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Das Hobby zum Beruf gemacht

2002 hatte Kuhlmann den Betrieb am Sonnenaufgang 1 in Wesel-Büderich von seinem Vater übernommen. Damals wurde das Gemüse noch für den Großmarkt versteigert. Kuhlmann schaffte die Blumen ab, baute eine größere Auswahl an Gemüse an und führte den Verkauf auf dem Wochenmarkt ein. Der Betrieb läuft nicht unter dem Bio-Fähnchen, aber gespritzt wird trotzdem nicht. „Gegen Dreck kann man schuffeln“, sagt Ute Kuhlmann und bezieht sich auf ein altes Gartenwerkzeug, mit dem man Unkraut entfernt.

Natürlich ist die Familie auch auf dem Wochenmarkt in Wesel vertreten. Dort nannte man den Landwirt das „Idol vom Dom“, denn der Stand der Familie steht direkt vor dem Gotteshaus. Vor 25 Jahren kam dann noch Borbeck dazu.

Hermann Kuhlmann hatte sein Hobby zum Beruf gemacht, lebte für die Landwirtschaft und den Markt. Nur der Samstagnachmittag war reserviert für aufregende Minuten vor dem Fernseher – immer dann, wenn Schalke spielte. „Auf dem Dach unseres Carports zu Hause steht ein lebensgroßer Esel, den habe ich blau-weiß anmalen lassen, mit Schalke-Logo, und ihm zum 50. Geburtstag geschenkt.“ Abgesehen davon war Kuhlmann immer unterwegs, gerne auch mit dem Fahrrad.

Matthias Kuhlmann führt den Betrieb weiter, Mutter Ute unterstützt ihn dabei.
Matthias Kuhlmann führt den Betrieb weiter, Mutter Ute unterstützt ihn dabei. © Schacht 11

Sohn Matthias führt den Betrieb weiter

Im Januar 2021 wurde Kuhlmann schwer krank, eine Chemotherapie war notwendig. Sohn Matthias kündigte seinen Job und sprang sofort ein. Hermann Kuhlmann starb am 21. August. Auf dem Stand am Borbecker Markt ist sein Foto zu sehen. „Matthias hatte schon vorher gesagt, dass er den Hof eines Tages übernehmen möchte.“ Das ist nun geschehen, der Sohn führt den Betrieb in vierter Generation, Mutter Ute unterstützt ihn dabei tatkräftig. „Wir machen das in Hermanns Sinne weiter“, verspricht sie. „Wir werden weiterhin zweimal wöchentlich nach Borbeck kommen.“

Ein paar Neuerungen allerdings hat Matthias bereits eingeführt. So finden Kunden jetzt direkt am Stand eine Rezeptwand. Auffälligstes neues Requisit: eine Kappeshobelmaschine. Ähnlich wie bei der Spargelschälmaschine im Frühjahr kann hier der Weißkohl fein gehobelt werden – eine Attraktion und ein Service für viele Besucher.

Zahlreiche Stammkunden haben in den vergangenen Wochen bereits ihr Beileid ausgedrückt. „Wie viele Menschen mich jetzt schon in den Arm genommen haben, das ist unglaublich“, ist Ute Kuhlmann dankbar. „So ist das hier eben. So ein Wochenmarkt ist unheimlich familiär. Das tut gut.“