Essen. Die Stadt Essen will einkommensschwache Haushalte vor den Folgen der explodierenden Energiepreise schützen. Das ist konkret geplant.

Die Stadt Essen will angesichts der steigenden Energiepreise ein weitreichendes Informations- und Unterstützungsnetzwerk aufbauen. „Bevor jemand seine Heizung ausstellen und frieren muss, wollen wir Hilfe geben“, sagte Sozialdezernent Peter Renzel. Er sei deshalb bereits mit Beratungsstellen, Wohlfahrtsverbänden und Unternehmen in Kontakt. Das am Sonntag von der Bundesregierung beschlossene 65 Milliarden Euro teure Entlastungspaket bringe zwar eine Fülle an Maßnahmen, noch sei aber nicht klar, was davon konkret bei den Menschen ankomme. „Das Informationsnetzwerk brauchen wir auf jeden Fall“, betonte Renzel.

Die hohen Heizkosten treffen vor allem Geringverdiener- und Rentnerhaushalte, die mit ihren Einkommen heute knapp oberhalb der Grundsicherung liegen. Wie viele das in Essen genau sind, kann Renzel noch nicht beziffern. „Wir reden vielleicht über 100.000 Menschen, die zwar Geld verdienen, aber bei 200 Euro Mehrkosten im Monat schnell an ihre Grenzen kommen“, sagte er.

Stadt Essen will viele Anlaufstellen ins Infonetzwerk einbinden

Renzel sorgt sich vor allem darum, wie man diese Haushalte am besten erreichen kann. Deshalb sollen möglichst viele Partner eingebunden werden. Als Beispiele nannte der Sozialdezernent die Seniorenzentren 60 plus, die Verbraucherzentrale, die Beratungsstellen der Wohlfahrtsverbände. Auch Gespräche mit der Sparkasse und den Energieversorgern soll es geben. „Wir wollen jede Anlaufstelle nutzen, wo Menschen sind“ – und sei es zum Beispiel der Sparkassen-Schalter, so Renzel.

Sozialdezernent Peter Renzel sorgt sich in der Energiekrise besonders um die Haushalte, die knapp oberhalb der Grundsicherung verdienen.
Sozialdezernent Peter Renzel sorgt sich in der Energiekrise besonders um die Haushalte, die knapp oberhalb der Grundsicherung verdienen. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den verschiedenen Einrichtungen sollen Betroffenen erste Infos und Hinweise geben, wo diese sich Hilfe holen können, ob beim Sozialamt, bei der Verbraucherzentrale, der Schuldnerhilfe, beim Energiesparservice etc. Dafür will Renzel ihnen Checklisten an die Hand geben. Auch Schulungen soll es geben. „Es geht um schnelle Infos, wo die Menschen Beratung bekommen können“, betonte Renzel.

Als Beispiel nannte er das Wohngeld. Dieses Jahr werden rund 10.200 Haushalte in Essen diese Unterstützung beziehen. Renzel ist jedoch überzeugt davon, dass viele Bedürftige bislang keinen Wohngeldantrag gestellt haben, obwohl sie Anspruch darauf hätten. „Viele stellen den Antrag auch aus Scham nicht.“ Ab 1. Januar 2023 will die Bundesregierung zudem das Wohngeldgesetz ändern, so dass noch mehr Haushalte damit entlastet werden können. Mit dem Infonetzwerk will Renzel zum einen die Ausweitung des Wohngeldes besser publik machen und zum anderen Barrieren abbauen.

Schuldnerhilfe Essen zu Folgen der Energiekrise: „Da rollt etwas auf uns zu“

Beratungsstellen unterdessen erhoffen sich durch das breiter aufgestellte Infonetzwerk auch eine gewisse Entlastung. „Wenn die Anfragen bei uns sprunghaft steigen würden, dann wären wir schnell überfordert“, sagte der Leiter der Schuldnerhilfe, Philipp Hennen. Noch seien die Folgen der hohen Energiepreise zwar selten Thema in der Schuldenberatung. „Aber wir bekommen bereits mit, dass die Leute nervös werden“, sagte Hennen. „Da rollt etwas auf uns zu.“ Schon heute arbeitet die Schuldnerhilfe an ihrer Kapazitätsgrenze. Sie wird daher in den kommenden Wochen drei Mitarbeiter einstellen, um sich personell zu wappnen. Im nächsten Jahr sind weitere zwei neue Stellen geplant.

Bevor sich Renzel am 11. September mit den Netzwerk-Partnern trifft, wird er sich am Montag zunächst verwaltungsintern mit den Auswirkungen des neuen Entlastungspaketes beschäftigen. Er lobte den darin erwähnten Strompreisdeckel, der auch für Gas geprüft werden soll. „Das wären echte Entlastungen, die bei den Haushalten ankommen“, sagte er. Mit den bisherigen und den geplanten Einmalzahlungen dagegen fremdele er. „Die Leute kommen damit nicht aus. Das wird weg gehaucht.“