Essen. In Essen und Mülheim wurde das 9-Euro-Ticket 411.000 Mal verkauft. Jeder fünfte Nutzer war bislang nicht Kunde der Ruhrbahn. Was folgt nun?
Drei Monate lang konnten Fahrgäste Busse und Bahnen zum Preis von neun Euro pro Monat nutzen. Am Mittwoch, 31. August, läuft das Sparangebot aus. Für die Ruhrbahn zieht Marketing-Chef Nild Hoffmann ein positives Fazit: „Das 9-Euro-Ticket war ein großer Erfolg.“ Die Debatte über ein vergleichbares Angebot ist bereits eröffnet. „Der Geist ist aus der Flasche. Da bekommt man ihn nicht wieder rein“, ist Hoffmann überzeugt.
411.000 der vergünstigen Tickets konnte allein die Ruhrbahn zwischen Juni und August absetzen – rund 327.000 in Essen und rund 84.000 in Mülheim. Im Einzugsgebiet des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR) wurde das Sparticket 3,7 Millionen Mal verkauft. Die gute Nachricht aus Sicht der Verkehrsunternehmen: Jeder Fünfte, der sich für ein 9-Euro-Ticket, entschieden hat, nutzte bis dahin weder Bus noch Bahn, so das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage. Von allen Befragten traf dies auf fünf Prozent zu. Der Trend, der sich bereits zur Halbzeit abzeichnete, hat sich also bestätigt.
Soll heißen: Das Ziel der Stadt Essen, wonach bis zum Jahr 2035 ein Viertel aller Wege mit dem Öffentlichen-Personen-Nahverkehr zurückgelegt werden sollen, sei realistisch, betont Hoffmann. Zuletzt lag der Anteil des ÖPNV bei 19 Prozent. Das war vor der Einführung des 9-Euro-Tickets. Nun gelte es die gestiegene Nachfrage durch neue, attraktive Angebote zu verstetigen.
Laut VRR waren Bahnlinien im Ruhrgebiet teilweise überlastet
Das 9-Euro-Ticket wusste zu überzeugen, weil es unschlagbar günstig war und unkompliziert. Genutzt wurde es vor allem für Alltagsfahrten, zum Beispiel für die Fahrt zum Arzt oder zum Einkaufen. Hätte es das Sparangebot nicht gegeben, wären zehn Prozent der Fahrten statt mit Bus oder Bahn mit dem Auto zurückgelegt worden.
Das 9-Euro-Ticket habe dazu beigetragen, Energie zu sparen und das Klima zu schützen. Auch habe es die soziale Teilhabe gefördert, sagt Hoffmann an in Anspielung auf die vielen Fahrten zu diversen Ausflugszielen, insbesondere an Wochenenden.
Der Regional- und S-Bahnverkehr stieß auch dadurch an seine Grenzen, weshalb der VRR von einer gemischten Bilanz spricht. Viele Linien durchs Ruhrgebiet seien zeitweise so überlastet gewesen, dass Fahrgäste nicht hätten zusteigen können.
Die Erträge der Ruhrbahn gingen durch das 9-Euro-Ticket um bis zu 30 Prozent zurück
Für die Linien der Ruhrbahn galt dies nicht. Die Fahrgastzahlen stiegen durch das 9-Euro-Ticket laut Hoffmann lediglich auf das Vor-Corona-Niveau von 2019.
Mit dem Erfolg des 9-Euro-Tickets stelle sich nun die Frage nach dem Ausbau des Angebots. Nur so könnten die Verkehrsunternehmen auf die gestiegene Nachfrage reagieren, ist Hoffmann überzeugt. Wer bezahlt’s? Ohne das finanzielle Engagement von Bund und Land werde es nicht gehen. Schon das 9-Euro-Ticket, obwohl ein Verkaufsschlager, riss ein tiefes Loch in die Ruhrbahnkasse. Mit Einführung des Spartickets sank der Ertrag monatliche auf 25 bis 30 Prozent. Der Bund glich den Verlust mit Hilfe eines Rettungsschirms aus.
Die Erwartungshaltung der Kunden ist laut Hoffmann klar: Viele wünschten sich weiterhin ein günstiges Tickets. Verschiedene Modelle werden politisch bereits diskutiert. Auch der Tarifdschungel dürfte sich lichten. Einfach und günstig, so wurde das 9-Euro-Ticket ein Erfolg. Wird es auch ein Erfolgsmodell?