Essen. Nach der „XY“-Sendung ist Bewegung gekommen in die Ermittlungen zu zwei Verbrechen, die drei Jahrzehnte nicht aufgeklärt werden konnten.

Mit der Fernsehsendung „Aktenzeichen XY… ungelöst“ ist Bewegung gekommen in zwei Essener „Cold Cases“: 30 Jahre nach den bis heute nicht gesühnten Verbrechen an Marijana Krajina und Stefanie M.* in Altenessen sind bei den Todesermittlern der Kripo laut Staatsanwältin Elke Hinterberg rund 70 Hinweise eingegangen, die nun nach und nach abgearbeitet werden, um dem Mörder und Peiniger der damals neunjährigen Mädchen nach drei Jahrzehnten möglichst doch noch überführen zu können.

Im Februar 1992 verschwand die neunjährige Stefanie M.* auf dem Nachhauseweg von einer Party, ein Unbekannter verschleppte sie in Höhe der Gladbecker Straße, missbrauchte sie sexuell und fügte ihr schwerste Kopfverletzungen zu. Das Mädchen wurde in Kaiserswerth gefunden und überlebte mit Glück.

Nur tot geborgen werden konnte dagegen im September 1993 die ebenfalls neun Jahre alte Marijana Krajina, die zu einem Sommerurlaub aus Kroatien nach Essen gekommen war: Auch sie wurde sexuell missbraucht und später durch Messerstiche getötet. Ihre Leiche fand sich in der Nähe von Scheeßel in Niedersachsen, ebenfalls an einer Landstraße.

Alte Asservate neu untersucht

In der jüngsten Aktenzeichen-Sendung machte die ermittelnde Essener Kriminalhauptkommissarin Andrea Treinies deutlich, dass die Polizei auf Grundlage von erneut analysierten DNA-Spuren auf den Asservaten von ein und demselben Täter ausgeht: „Wir sind uns da absolut sicher.“ Ein Abgleich dieser genetischen Fingerabdrücke mit der Straftäterdatei des Bundeskriminalamtes brachte jedoch keinen Treffer, sagt Staatsanwältin Elke Hinterberg.

Deshalb sind die Behörden noch einmal öffentlich in die Offensive gegangen. Zumal die Kripo „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ davon ausgeht, dass der Täter weitere Opfer in Essen oder anderswo zumindest gesucht, vielleicht aber auch gefunden haben könnte.

Unter den Hinweisgebern nach der XY-Sendung waren Frauen, die meinten, dass sie ebenfalls von dem Unbekannten angesprochen worden seien. Sie konnten sich auch an einen weißen Kastenwagen erinnern, mit dem der Täter damals unterwegs gewesen ist und der zur Anschauung ins Fernsehstudio gerollt worden war.

Ein Phantombild des Peinigers

Womöglich hatten sich die Kinder oder ihre Eltern damals nicht getraut, sich bei der Polizei zu melden, vielleicht gebe es auch Mitwisser, bei manchem auch nur einen unbestimmten Verdacht – und Menschen, die nach all den Jahren „ihr Gewissen erleichtern“ wollen. Ermittlerin Treinies mag die Hoffnung nicht aufgeben.

Mithilfe des ersten Opfers entstand damals dieses Phantombild. Heute dürfte der Mann Mitte 60 sein.
Mithilfe des ersten Opfers entstand damals dieses Phantombild. Heute dürfte der Mann Mitte 60 sein. © wk

Mit Stefanie M.s Hilfe entstand 1992 ein Phantombild ihres Peinigers: Es zeigt einen zur damaligen Zeit etwa 35 bis 40 Jahre alten Mann, der rund 1,70 bis 1,75 Meter groß sein soll und grau-braun meliertes Haar mit Geheimratsecken trägt. Heute wäre der Täter, der viel auf Achse gewesen sein muss, Mitte bis Ende 60.

Weitere Hinweise nimmt die Polizei Essen unter der Rufnummer 0201/829-0 entgegen.

* Um die Persönlichkeitsrechte des lebenden Opfers zu schützen, hat die Polizei den Namen geändert.