Die Ruhrbahn hat 279.954 Spartickets verkauft. Jeder Fünfte, der das 9-Euro-Ticket nutzt, ist vorher nicht mit Bus und Bahn gefahren.
Für neun Euro einen Monat lang durchs ganze Land reisen? Das klingt verlockend. So dürfte es niemanden überraschen, dass sich das 9-Euro-Ticket seit seiner Einführung Anfang Juni zu einem Verkaufsschlager entwickelt hat. Zur „Halbzeit“ hat die Ruhrbahn rund 279.954 der vergünstigten Tickets verkauft, 56.393 davon in Mülheim. Marketing-Chef Nils Hoffmann spricht von einer „gigantischen Zahl“. Besonders erfreulich aus Sicht des Nahverkehrsunternehmens: Allein im Monat Juni konnte die Ruhrbahn mehrere Zehntausend Kunden hinzugewinnen.
Es fahren so viele Fahrgäste mit der Ruhrbahn wie vor Corona
Die Ruhrbahn stützt sich dabei auf eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa unter Fahrgästen, die das 9-Euro-Ticket gekauft haben. Jeder fünfte Befragte gab dabei an, den öffentlichen Personen-Nahverkehr vorher nicht genutzt zu haben.
Umgerechnet auf die nur für den Monat Juni verkauften 9-Euro-Tickets heißt das: Von den rund 140.000 Kunden, die im Juni ein solches Ticket erworben haben, waren 28.000 Neukunden. Alle anderen hatten auch vorher schon einmal ein Ticket für Bus oder Bahn gekauft.
Noch ist das nur eine statistische Annahme, für die allerdings einiges spricht. Denn vor Einführung des 9-Euro-Tickets wusste die Ruhrbahn nicht, ob ein Fahrgast am Automaten vielleicht mehrere Tickets gezogen hat, um sie selbst zu nutzen. Jedes 9-Euro-Ticket hingegen, das innerhalb eines Monats gekauft wird, wird auch von einem Kunden genutzt.
52 Prozent der Ruhrbahn-Kunden kauften ihr 9-Euro-Ticket übrigens am Automaten, 26 Prozent in einer der 65 privaten Verkaufsstellen. Zehn Prozent suchten dafür ein Kundencenter auf, ebenfalls zehn Prozent bestellten ihr Ticket online. „Der Verkauf beim Fahrer ist marginal und spielt so gut wie keine Rolle“, berichtet Nils Hoffmann.
Genutzt wird das Sparkticket in erster Linie für Fahrten im Regionalverkehr. Laut Forsa entfallen 30 Prozent der Fahrten auf Regionalzüge, 29 Prozent auf Busse, 16 Prozent auf Fahrten mit der S-Bahn, 13 Prozent auf Straßenbahnen und zwölf Prozent mit U-Stadtbahnen.
„Das 9-Euro-Ticket hat die Reiselust geweckt“, formuliert Nils Hoffmann. Doch auch Busse und Bahnen im Nahverkehr sind voller. Die Zahl der Fahrgäste bewege sich inzwischen wieder auf dem Niveau von 2019, also vor der Coronakrise.
Auch die Zahl der Schwarzfahrer geht bei der Ruhrbahn zurück
Für die Ruhrbahn geht es laut Hoffmann nun darum, die neuen Kunden an sich zu binden über den August hinaus, wenn das Sparangebot ausläuft. Der Versuch, Interessenten dazu zu bewegen, doch lieber gleich ein Abonnement abzuschließen, weil man damit beispielsweise in der ersten Klasse fahren oder ein Fahrrad mitnehmen darf, lief allerdings ins Leere.
„Offenbar schätzen die Kunden am 9-Euro-Ticket, dass es ein einfaches Angebot ist“, vermutet Hoffmann. Ein Abonnement erscheint vergleichsweise kompliziert, auch wenn es jederzeit und ohne Übergangsfrist gekündigt werden kann, wie Hoffmann betont.
Immerhin: Wer bereits ein Abo hat, bleibt bei der Stange. Die sonst übliche Fluktuation gebe es aktuell nicht. „Im Juni hatten wir fast überhaupt keine Kündigungen“, berichtet Hoffmann. Kein Wunder, fahren doch auch Abonnenten derzeit für neun Euro. Sonst verliert die Ruhrbahn jeden Monat etwa 1000 Abonnenten und gewinnt in etwa die gleiche Zahl hinzu.
Willkommener Nebeneffekt: Seit der Einführung des 9-Euro-Tickets ist auch die Zahl der Schwarzfahrer zurückgegangen. Im Mai lag die Quote noch bei 4,26 Prozent. Aktuell seien es 2,5 Prozent.
Gesunken sind auch die Einnahmen aus dem Ticketverkauf – von 8,6 Millionen Euro im Mai auf 3,4 Millionen Euro. Der finanzielle Verlust wird vom Bund ausgeglichen. Sollte es dabei bleiben, würden die Verkehrsunternehmen weitere vergünstigte Angebote begrüßen, wie Hoffmann betont. Nur müssten diese einhergehen mit dem Ausbau des ÖPNV. „Darauf muss eigentlich der Fokus liegen.“