Essen. Licht aus, Temperatur runter, und was einem sonst noch einfällt: Im August präsentiert die Stadt Ideen, doch klar ist: Es wird ungemütlicher.

„Frierpitter“ unter Essens Badegästen müssen jetzt mal ganz stark sein. Denn bald schon sind sie vorbei, jene Zeiten, in denen an Warmbadetagen die Wassertemperatur der Schwimmbäder einmal die Woche auf mollige 30 Grad erhitzt wurde. Rüttenscheid macht dieser Tage den Anfang, es ist der Beginn einer Welle von Sparmaßnahmen, mit denen die Stadt dem drohenden Gasmangel begegnen will: ein Katalog zwischen gesenkten Raumtemperaturen, abgestellten Brunnenanlagen und der Frage, ob hier und da bei repräsentativen Gebäuden nicht etwa der Letzte das Licht ausmacht. Sondern der Erste erst gar nicht an.

Anfang August soll die Liste der – zunächst überschaubaren – Zumutungen vorliegen, und wer es nicht erwarten kann, der findet in einem Empfehlungspapier des Deutschen Städtetages zu möglichen Energieeinsparungen genau jenen Leitfaden, den auch Essen Punkt für Punkt abarbeiten dürfte. Oberbürgermeister Thomas Kufen bringt es so auf den Punkt: Wenn in der aktuellen Versorgungskrise beim Erdgas tatsächlich die Notfallstufe ausgerufen werden sollte, „dann wird hier keine Sauna dampfen“.

OB Kufen: „Wenn alles gut geht, dann haben wir umsonst gearbeitet“, auch gut

Schon jetzt bringt die Sorge um die Energieversorgung die Stadtverwaltung genug ins Schwitzen: „Wir sind in einer sehr ernsten Situation“, sagt der OB, der beteuert, man bereite sich „gedanklich auf alle Szenarien vor, auch wenn wir nicht viel darüber reden“. In den Turnhallen vielleicht das warme Wasser abzustellen und Lüftungsanlagen bis zum Beginn der Heizperiode außer Betrieb zu nehmen, dürfte da noch als kleinstes Übel angesehen werden.

Als drängender gilt da schon die Frage, was privaten Haushalten in der bevorstehenden Heizperiode blüht. Denn längst schon wackelt in der Politik das gesetzlich verbriefte Versprechen, die Bürgerinnen und Bürger als „geschützte Kunden“ vor Einschränkungen zu bewahren. Wo immer es dann Abwägungsprozesse gebe, seufzt Kufen, „hoffe ich, dass nicht wir in den Kommunen die Entscheidungen treffen müssen“. Und noch übt man sich ja in Zuversicht: Wenn die Gasmangellage ausbleibt, „wenn alles gut geht, dann haben wir umsonst gearbeitet“, auch gut. Wenn nicht, sei man vorbereitet: „Wir nehmen unsere Verantwortung wahr.“

Stadtwerke-Chef Schäfer: „Kleine Maßnahmen helfen zwar, aber sie reichen nicht“

Schon jetzt die Einrichtung von „Wärmestuben“ zu planen, so wie es der Stadt im eben erst vorgelegten Katastrophenschutz-Bedarfsplan im Ernstfall empfohlen wird, geht dem Oberbürgermeister derzeit allerdings zu weit. Und auch Peter Schäfer, der Vorstandschef der Stadtwerke Essen, mag noch nicht zum Äußersten raten, überzeugt davon, dass das Schlimmste „vermeidbar ist, wenn wir uns disziplinieren“. Gleichwohl, so Schäfer, gilt: Kleine Maßnahmen, hier oder dort ein Grad weniger – „das hilft zwar, aber es reicht nicht“.

Bei der Stadt muss man schon deshalb größer denken, weil die durch die Decke schießenden Energiepreise auch den Etat ins Wanken bringen: 4,6 Millionen Euro Mehrkosten allein für die Ruhrbahn, weitere 4,0 Millionen für die Messe, gar 21 Millionen für die städtischen Immobilien – bei solchen Beträgen fliegt dem Stadtkämmerer der ohnehin auf Kante genähte Haushalt schnell um die Ohren.

Personal, Digitalisierung sowie Klima- und Umweltschutz als Schwerpunkte

Es gilt deshalb als sicher, dass man vom ursprünglich geplanten Doppelhaushalt für die kommenden beiden Jahre Abstand nimmt und im Herbst erst einmal nur das Zahlenwerk für 2023 vorlegt: Zu unsicher sei die weitere Entwicklung, sagt Thomas Kufen, es gelte Planungssicherheit für einige wenige Schwerpunkte zu schaffen. Für den OB zählen dazu der Bereich Personal, das Thema Digitalisierung in der Stadt sowie der Klima- und Umweltschutz.

Wie weit die im Krisenfall womöglich weiter steigenden Energiepreise diese Rechnung durchkreuzen, ist noch nicht ausgemacht: Denn obwohl die Stadt sich in vielen Bereichen um Einsparungen bemüht, stiegen zuletzt durch eine intensivere Nutzung die Kosten, wie der Energiebericht für die rund 560 städtischen Liegenschaften mit ihren etwa 1600 Gebäuden noch 2018 notierte. Rund 23,1 Millionen Euro musste die Stadt für Energie und Wasser berappen, darunter knapp 7,2 Millionen Euro für 108 Millionen Kilowattstunden Erdgas und 10,2 Millionen für 45,8 Millionen Kilowattstunden Strom.

Die aktuellen Zahlen werden gerade ermittelt. Aus Gründen.