Essen. Mehr Platz, mehr Stauraum, mehr Sitzkomfort: Thalys wird in Essen mit dem Red Dot Award ausgezeichnet. Über eine besondere Ehrung am Bahngleis.

Dass in Essen groß aufgefahren wird, wenn sich die Designwelt einmal im Jahr zur Vergabe des Red Dot Award auf der Zeche Zollverein trifft, ist bekannt. Ein imposanter Limousinenpark vor der Haustür, Hubschrauber-Rotoren unter der Hallendecke und eine schwebende Fahrzeugkarosserie im Treppengang sind für die Besucher des Red Dot Design Museums längst vertraut. Dass aber ein ganzer Hochgeschwindigkeitszug vorbeikommt, um sich die Auszeichnung in Essen abzuholen, das hat es noch nicht gegeben. Großer Bahnhof also für den Thalys, der in diesem Jahr für sein neues Zugdesign mit dem Red Dot Product Design Award 2022 gekürt wird.

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28 zusätzliche Sitzplätze, mehr Stauraum, ergonomische Sitze, ein weicheres Lichtkonzept und insgesamt mehr Komfort – der neue, vom belgischen Designer Axel Enthoven und der französischen Designerin Matali Crasset entwickelte Thalys-Typ punktet mit zahlreichen Neuerungen. Vor allem die Verbindung von auf Nachhaltigkeit abzielenden Gestaltungsaspekten in Kombination mit einem neuen, einladenden Erscheinungsbild habe die Red-Dot-Jury in vielfacher Hinsicht überzeugt, sagt Peter Zec. Der Initiator und CEO des Red Dot Awards ist voll es Lobes über den Preisträger: „Der neu gestaltete Thalys zeigt, wie komfortabel reisen mit dem Zug sein kann.“ Dass man in punkto Pünktlichkeit dafür schon mal Abstriche machen muss, weiß der deutsche Bahnkunde zumeist aus leidvoller Erfahrung. So kann auch der Preisträger-Zug wegen einer morgendlichen Störung im Hauptbahnhof von Paris bei seiner Antrittsreise am Montagnachmittag erst mit Verspätung in den Essener Hauptbahnhof einfahren.

Rot sind die Sitze, rot der Bodenbelag und rot auch die Auszeichnung: Der Thalys bekommt in diesem Jahr den Red-Dot-Award.
Rot sind die Sitze, rot der Bodenbelag und rot auch die Auszeichnung: Der Thalys bekommt in diesem Jahr den Red-Dot-Award. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Der feierlichen Stimmung an Gleis 4 tut das keinen Abbruch. Ein Journalisten-Tross, Fernsehkameras, ein paar schaulustige Bahnkunden und etliche der insgesamt 48 internationalen Juroren des jährlichen Red-Dot-Wettbewerbs haben am Montagnachmittag Aufstellung genommen, um dem frisch überarbeiteten Thalys einen gebührenden Empfang zu bereiten. Der hat jetzt nun nicht nur einen Roten Punkt, sondern auch ein durch und durch rotes Farbkonzept. Rot sind die neuen Sitzbezüge, rot die Stehtische im neuen Bordbistro, rot die Bodenbeläge.

Ausstellung zeigt preisgekröntes Design

Die Ausstellungen „Milestones in Contemporary Design 2022–2023“ und „Design on Stage 2022–2023“ bieten mit insgesamt mehr als 1.500 Produkten einen Überblick über den State of the Art in der Welt des Designs. Die beiden Ausstellungen sind bis Ende Mai 2023 im Red Dot Design Museum auf Zollverein zu sehen. Die dritte Sonderausstellung, mit der das diesjährige Red Dot: Design Team of the Year sich und seine Arbeit präsentiert, läuft bis zum 21. August 2022. Mehr Infos unter www.red-dot-design-museum.de

Mit dem Ehrentitel „Red Dot: Design Team of the Year 2022“ kann sich in diesem Jahr das Philips Experience Design Teams unter Führung von Sean Carney schmücken.

Ab sofort verkehrt der erste neu gestaltete Thalys auf der Bahnstrecke zwischen Dortmund und Paris. Bis Ende 2025 sollen alle 15 Züge, die auf der deutschen Strecke verkehren und Ruhrgebiets-Reisende in knapp vier Stunden in die französische Metropole bringen, frisch überarbeitet sein, sagt Philippe Moureau. Der Zugmanager ist seit über 40 Jahren Eisenbahner und seit nun Jahren an Bord des Thalys und weiß beim Rundgang deshalb ganz genau, was der neue Thalys zu bieten hat. Zwei Gepäckablagen übereinander, die den Stauraum um 15 Prozent erhöhen, mehr Beinfreiheit zwischen den gegenüberliegenden Sitzen, USB-Anschlüsse an jedem Platz und neue Monitore mit Echtzeit-Fahrgastinformationen, sollte eben mal eine Verspätung anzuzeigen sein.

„Wir sind zuversichtlich, dass wir mit dem verbesserten Reiseerlebnis mehr Menschen in Europa für Zugreisen begeistern können“, freut sich Bertrand Gosselin, Deputy CEO und COO Thalys & Eurostar, bei der Preisübergabe an Gleis 4, wo der Thalys immer wieder lautstark in Goesselins Ansprache hineinschnauft. Lautlos ist das Bahnfahren immer noch nicht, aber umweltfreundlicher soll es werden. Durch die Optimierungsmaßnahmen könne man den CO2-Ausstoß pro Passagier und pro Kilometer um bis zu 10 Prozent senken, verspricht der französische Bahnanbieter.

Nicht nur Schnellzüge werden mit dem Red Dot Design Award ausgezeichnet. Auch Helikopter und andere preisgekrönte Fortbewegungsmittel schaffen es in die Ausstellung.
Nicht nur Schnellzüge werden mit dem Red Dot Design Award ausgezeichnet. Auch Helikopter und andere preisgekrönte Fortbewegungsmittel schaffen es in die Ausstellung. © Red Dot Design Museum | Red Dot Design Museum

Nicht alle Red Dot-Gewinner, die am Montagabend nach zwei Jahren Zwangspause im Aalto-Theater wieder eine große Preisträger-Gala feiern, sind freilich mit der Bahn angereist. Teilnehmer aus den USA bis Taiwan, der Schweiz bis China, Finnland bis Frankreich gehören in diesem Jahr zu den Prämierten. Eingereicht wurden nach Angaben des Red Dot Design Museums in diesem Jahr etwa 7900 Produkte aus rund 60 Ländern, davon wurden 120 mit dem „Red Dot: Best of the Best“, der höchsten Auszeichnung, prämiert.

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Diese aktuellen Meilensteine im internationalen Produktdesign, die in den 51 Kategorien des Wettbewerbs von der international besetzten Jury ausgewählt wurden, werden bis zum kommenden Jahr im Rahmen der Ausstellung „Milestones in Contemporary Design 2022–2023“ präsentiert. Die Auswahl reicht dabei vom exzellenten Kopfhörer bis zur Handprothese, vom Solarpanel-Reinigungsroboter bis zum Sportwagen, vom Schnellkochtopf bis zur Segeljacht, vom ergonomischen Sexspielzeug aus Porzellan bis zur multifunktionalen Ray-Ban-Brille, in deren Gestell nun auch gleich zwei HD-Kameras, Open-Ear-Lautsprecher, Mikrofone und ein unsichtbares Touchpad integriert sind. Die neue Dimension des Erlebens, sie rauscht eben nicht nur mit Höchstgeschwindigkeit in Essen an.