Essen-Rüttenscheid. Hutmacher sind selten geworden. In Essen gibt es eine: Ulrike Strelow. In ihrem Atelier fertigt sie auch Hüte für das noble Ascot-Pferderennen.
Ein Besuch bei Essens einziger Hutmacherin. Hier, in Ulrike Strelows Verkaufsraum in der Hedwigstraße, liegen die Regale voller bunter Strohhüte, feinkarierter Baskenmützen und kunstvoll besetzter Haarreifen. Gefertigt wird der handgemachte Kopfschmuck nur ein paar Schritte weiter. Im Arbeitsraum der 51-Jährigen stapeln sich Modelle, Stoffe, Gänsefedern und Straußenkiele. Eine glänzende, blau-grüne Pfauenfeder ragt zwischen Tüllrollen und Bändern hervor. Seit 22 Jahren ist Strelow als Hutmacherin in Rüttenscheid selbstständig – und damit eine kleine Besonderheit.
Laut Harald Buscher von der Kreishandwerkerschaft Essen gibt es außer Strelow nämlich keine andere Modistin in der Stadt. So lautet die korrekte Bezeichnung für Strelows Beruf, den man im Rahmen einer ganz gewöhnlichen, dreijährigen Ausbildung samt Berufsschulbesuch erlernen kann. Traditionell wird unterschieden zwischen Modistinnen, die kunstvolle Kopfbedeckungen – meist für Damen – fertigten und verzierten, und Hutmachern, die sich der eher einfachen, industriell hergestellten Ware widmeten.
Rüttenscheider Modistin fertig viele Hüte für besondere Anlässe
Für Strelow war es nicht gleich Liebe auf den ersten Blick. „Meine Mutter zeigte mir einen Artikel in der ‘Brigitte’ über die bekannte Hutmacherin Elke Martensen und sagte: ‘Sowas wäre doch was für dich’“, erinnert sie sich mit einem Schmunzeln. „Ich war hatte schon immer Spaß an handwerklichen Dingen, dachte aber: Ich will ja auch Geld verdienen.“ Und so trat sie zunächst einmal ein BWL-Studium an. Mit Anfang 20 sattelte sie dann doch um und machte in Oldenburg eine Lehre als Modistin. Heute sagt sie: „Man kann nur gut machen, was man gerne macht. Und ich gehe jeden Tag gerne zur Arbeit.“
Strelow fertigt in ihrem Atelier vor allem schicke Kopfbedeckungen für besondere Anlässe an. Für Hochzeiten, Taufen und Firmungen etwa. Zu ihr kommen Brautmütter, die einen Fascinator (ein leichter Kopfschmuck für Frauen, etwa aus Federn, Bändern und Netzen, der zum Beispiel an einem Haarreifen befestigt wird) für eine Hochzeit kaufen wollen. Aber auch Kundinnen, die einfach privat gern schicke Hüte tragen. In den vergangenen Jahren habe sie außerdem stets eine Handvoll Hüte für Besucherinnen des berühmten britischen Pferderennens von Ascot gefertigt, verrät Strelow. Seit einiger Zeit bietet sie auch Hüte, Kappen und Baskenmützen für Männer an.
Rüttenscheider Hutmacherin: Kopfbedeckungen gehören zur Garderobe dazu
Drei Möglichkeiten gibt es laut Strelow, die Kopfbedeckungen herzustellen. Entweder man näht Hüte oder Kappen aus Stoff, im Winter beispielsweise aus Walk- und Wollstoffen. Oder man fertigt sie aus Filz. Die letzte Variante ist der Strohhut. „Da arbeite ich zum Beispiel mit Rohlingen in verschiedenen Farben, die in Form gebügelt, gezogen und garniert werden“, erklärt Strelow. „Garnieren“ nennt man es, wenn die Hüte am Ende kunstvoll mit Elementen wie Federn oder Tüll verziert werden. An manchen Hüten arbeitet sie ein paar Stunden, an anderen eine Woche – mit Unterbrechungen, weil beispielsweise etwas trocknen muss.
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Obwohl es nicht viele Hutmanufakturen gibt, macht Strelow keinen Abgesang auf ihr Handwerk. Im Gegenteil. In ihrem kleinen Betrieb lernt gerade die fünfte Auszubildende, sie steht kurz vor der Gesellenprüfung. Zwei ihrer ehemaligen Lehrlinge haben sich schon selbstständig gemacht. „Eine Zeit lang war das Tragen von Hüten geradezu verpönt, sie galten als spießig“, sagt die 51-Jährige. Das sei heute aber ganz anders. „Kopfbedeckungen gehören ja inzwischen zur Garderobe dazu.“ Seien es die momentan extrem im Trend liegenden „Bucket Hats“ (Fischerhüte) oder Kappen.
Vor allem nach der Corona-Zeit ist Strelows Beobachtung: „Die Leute haben wieder Lust, richtig schöne, aufwendige Sachen zu tragen.“ So erlebe sie, dass die in der Pandemie ausgefallenen Hochzeiten nun viel größer und schicker nachgefeiert würden als ursprünglich vorgesehen. Doch rein praktische Gründe spielten ebenfalls eine eine Rolle. „Die Sommer werden immer heißer. Auch deshalb legen sich immer mehr Leute Kopfbedeckungen zu“, so die Hutmacherin.