Essen-Rüttenscheid. Julia Mair hat in Essen das Restaurant „Die Gärtnerei“ eröffnet. Was es ihrer Meinung nach braucht, um in der Gastronomie bestehen zu können.

  • In Rüttenscheid hat das neue Restaurant „Die Gärtnerei“ eröffnet, das vegane und vegetarische Küche anbietet.
  • Inhaberin Julia Mair betreibt seit 2019 bereits „Die Fischerei“ an der Rüttenscheider Straße.
  • Im Gespräch erklärt die Essenerin, was gute Gastronomie für sie ausmacht.

In die Räumlichkeiten an der Klarastraße 70 ist neues Leben eingezogen. Am Dienstag, 10. Mai, hat dort das Restaurant „Die Gärtnerei“ eröffnet, in dem es ausschließlich vegetarische und vegane Küche gibt. Inhaberin Julia Mair (42) betreibt seit 2019 bereits das Fisch-Restaurant „Die Fischerei“ an der Rüttenscheider Straße 268. „Die Gärtnerei“ will sie nach ähnlichem Konzept gestalten.

Die Gastronomie in Rüttenscheid ist mitunter kurzlebig. Erst im Herbst 2020 hatte an der Klarastraße das Restaurant „Käthe und Kalle“ eröffnet, nach nicht einmal anderthalb Jahren schloss es. Solche Fälle gibt es immer wieder. Was braucht es also, um ein Restaurant wirklich langfristig erfolgreich zu betreiben – und woran scheitern viele Gastronomen?

Essener Gastronomin: In der Branche ist Flexibilität gefragt

Mair hat schon mit 15 Jahren in der Gastronomiebranche gejobbt. Mit 27 machte sie sich zum ersten Mal selbstständig, betrieb dann 15 Jahre lang das Golfrestaurant „Abzweig“ in Duisburg. So simpel, wie es klingt – das A und O, betont sie, sei es, wirtschaftlich zu denken und zu handeln. Denn: „Die Margen in der Gastronomie sind sehr gering.“ Gebe es beispielsweise eine Preiserhöhung bei den Lebensmitteln, rutsche man sehr schnell in einen Bereich, in dem sich der Betreib nicht mehr rentiere.

Der Innenraum des neuen Rüttenscheider Restaurants „Die Gärtnerei“ ist in Grün-, Grau- und Brauntönen gehalten.
Der Innenraum des neuen Rüttenscheider Restaurants „Die Gärtnerei“ ist in Grün-, Grau- und Brauntönen gehalten. © FUNKE Foto Services | Sebastian Sternemann

„Man muss entweder sofort die Preise auf der Karte erhöhen oder flexibel bei den Gerichten sein“, erklärt Mair. Starr an einem festen Menü festzuhalten, könne kontraproduktiv sein. „Wenn Steinbutt gerade teuer ist, kaufe ich für die ‘Fischerei’ einen anderen Fisch.“ Auch wer stets fürchte, dass die Gäste bei Preiserhöhungen nicht mehr kommen, riskiere in Zeiten der Inflation, dass der Betrieb nicht mehr wirtschaftlich sei.

„Die Zeit der Ausbeutung in der Gastronomie ist vorbei“

Ein weiterer Punkt: „Die Zeit der Ausbeutung in der Gastronomie ist vorbei“, betont die 42-Jährige. Wer das Personal schlecht behandele und auf unattraktive Arbeitszeitmodelle setze, der finde schlicht keine Mitarbeiter mehr. Früher sei es etwa normal gewesen, sieben Tage die Woche geöffnet zu haben und das Personal in Zehn-Stunden-Schichten arbeiten zu lassen – ohne, dass zwei davon als Überstunden gerechnet wurden. Doch das gehe nicht mehr. Ihren Betrieb in Duisburg hat Mair nicht zuletzt wegen solcher wenig familienfreundlichen Bedingungen aufgegeben.

Heutzutage müsse man den Gästen ein Rundum-Wohlfühl-Paket bieten, sagt die Gastronomin Julia Mair. In ihrem neuen Rüttenscheider Restaurant „Die Gärtnerei“ will sie genau das versuchen.
Heutzutage müsse man den Gästen ein Rundum-Wohlfühl-Paket bieten, sagt die Gastronomin Julia Mair. In ihrem neuen Rüttenscheider Restaurant „Die Gärtnerei“ will sie genau das versuchen. © FUNKE Foto Services | Sebastian Sternemann

Was den Kunden betrifft, so erwarte der mittlerweile mehr als nur gutes Essen. „Man muss ein Rundum-Wohlfühl-Paket bieten“, so die Gastronomin. Guter Service, ästhetische Räumlichkeiten, Flexibilität – all das gelte es zu liefern. Ein Patentrezept gibt es aber trotzdem nicht. Deshalb sei es natürlich immer mit einem Risiko verbunden, ein neues Lokal zu eröffnen, sagt Mair. Vor allem in Corona- und Kriegszeiten. Wie viel Geld sie persönlich investieren musste, mag sie nicht verraten. Sie blickt positiv in die Zukunft: „Auch wenn es gerade nicht einfach ist, können wir das Leben ja nicht anhalten.“ Und die Räumlichkeiten an der Klarastraße seien so ideal gewesen, dass sie nicht lange gezögert habe.

Essener Restaurant bietet vegetarische und vegane Speisen in drei Gängen

120 Plätze im Restaurant

„Die Gärtnerei“ ist dienstags bis samstags ab 17 Uhr geöffnet. An den Markttagen Mittwoch und Samstag gibt es auch mittags ab 12 Uhr Essen. Sonntag und Montag sind Ruhetage.Das Restaurant hat 80 Plätze im Innenbereich und 40 Plätze im Außenbereich. Draußen gibt es eine Terrasse.

Schon bei Eröffnung der „Fischerei“ habe sie die Idee gehabt, einmal mehrere verschiedene Restaurants mit Spezialisierung zu betreiben, verrät Mair. Erst Fisch, nun vegetarische Speisen, vielleicht irgendwann Fleisch. Wo in der „Fischerei“ eine Garnelenkrokette auf der Karte stehe, gebe es in der „Gärtnerei“ das Pendant aus Mais. Vegetarische und vegane Ernährung sei ein ungebrochener Trend. „Ich bin selbst sehr naturverbunden und baue mein eigenes Gemüse an, deshalb hat das einfach sehr gut gepasst“, sagt Mair.

Die Gastronomin hofft, mit ihrem Angebot eine Marktlücke zu füllen. „Es gibt in Essen zwar vegetarisches und veganes Essen, aber kein richtiges Abendrestaurant, in dem man drei Gänge bestellen kann“, so Mair. In der „Gärtnerei“ kommt zum Beispiel eine Kreation aus Rote Beete, Quinoa, Erbsen und Balsamico, ein Blumenkohl-Tempura mit Couscous, Harissa und Chicorée oder eine rote Thai-Suppe mit asiatischem Gemüse auf den Teller. Die Vorspeisen bewegen sich in einem Preisrahmen von 9 bis 15 Euro, für ein Hauptgericht zahlt man etwa 15 bis 25 Euro.