Essen-Borbeck. Temposündern auf der Spur: Im Großraum Borbeck kommen bald vier mobile digitale Messanlagen zum Einsatz. Diese Standorte werden nun diskutiert.
Zu schnelles Fahren – auch in ausgewiesenen Tempo-30-Zonen – gehört in Städten wie Essen zum Alltag. Im Großraum Borbeck (Stadtbezirk IV) wird es nun bald vier mobile, allerdings folgenlose Messstationen geben. Doch der Weg dahin war beschwerlich.
Die Diskussion über Geschwindigkeitsmessanlagen gärt in den Essener Bezirksvertretungen schon lange. Die BV IV reagierte im März 2019 mit einem Beschluss und stellte damals 9.000 Euro für drei mobile, digitale Tempomesser in Aussicht. Allerdings unter der Voraussetzung, dass die Stadt die Messdaten sammelt und auswertet und – je nach Bedarf – die Standortwechsel der Messstellen übernimmt und diese pflegt.
Die Antwort der Verwaltung ließ nicht allzu lange auf sich warten. Bereits im Oktober des selbes Jahres flatterte dem Borbecker Stadtteilparlament eine Verwaltungsvorlage zur Kenntnisnahme, nicht etwa zur Abstimmung auf den Tisch. Darin hieß es sinngemäß, die Stadt sähe sich nicht in der Lage, die Daten der angestrebten Messstationen auszulesen und auszuwerten. Es fehle schlicht an Personal. Deshalb sei es auch nicht möglich, die gewünschten Standortwechsel abzuwickeln.
Stadt installiert stationäre Messanlage an der Lohstraße in Essen-Borbeck
Als Ersatz bot die Stadt jeder Bezirksvertretung (BV) eine stationäre Messstation an. Zu diesem Zeitpunkt gab es gerade einmal zwei solcher Messanlagen in der gesamten Stadt. Die Anzahl sollte daher um sieben weitere Anlagen aufgestockt werden, um zumindest eine für jeden Bezirk einsetzen zu können. Dies allerdings unter strikten Auflagen. Die Stadt würde sich ausnehmen, den Standort zu bestimmen, die BV würde darüber allenfalls informiert, aber nicht mitentscheiden dürfen. Auf eine Auswertung der Messdaten würde indes verzichtet. Die Geschwindigkeitsanzeigen würden eher als ein „verkehrspädagogischer Beitrag zur Erhöhung der Verkehrssicherheit“ angesehen.
Die Offerte stieß auf wenig Gegenliebe. „Gerade die Messdaten waren uns wichtig, geben sie doch Aufschluss über einen möglichen Handlungsbedarf vor Ort“, kritisierte Ulrich Schulte-Wieschen, SPD-Fraktionschef in der BV, schon damals. „Zudem kann man die Anlagen auch ohne Anzeige laufen lassen, und dennoch die Geschwindigkeit messen. Nur so erhält man Aufschlüsse über einen möglichen psychologischen Effekt.“
Pilotprojekt der Stadt Essen ebnet den Weg zu vier mobilen Anlagen
Auf Anordnung der Verkehrsbehörde wurde die stationäre Messanlage dennoch installiert. Einziger Trost: Der Standort vor der Kita der Diakonie an der Lohstraße war gut gewählt. Schulte-Wieschen: „Im Vorfeld hatte es bereits einen Ortstermin mit besorgten Eltern gegeben, die dort über Schnellfahrer klagten.“ Dies habe die Stadt bei ihrer Entscheidung berücksichtigt. Seit rund einem Jahr wird die Anlage durch die Stadt betreut, die Messdaten jedoch weder ausgelesen noch analysiert.
Besserung verspricht nun ein im Juni 2021 aufgelegtes und auf 24 Monate befristetes Pilotprojekt der Stadt. Dies beschert sowohl der BV IV als auch der Bezirksvertretung Ruhrhalbinsel je vier mobile, digitale Geschwindigkeitsanzeigen. „Vorgabe war, dass sich die BV informieren sollte, welcher externe und zugelassene Anbieter das Gesamtpaket mit Aufstellung, Pflege, Datenauslesung sowie fällige Standortwechsel übernehmen könne, so Schulte-Wieschen.
Essener Bezirksvertretung investiert rund 30.000 Euro pro Jahr
Bis zu drei Standortwechsel pro Jahr
Im Vergleich zur stationären Geschwindigkeitsmessanlage in der Lohstraße, können die vier neuen Messstationen flexibel eingesetzt werden. Alle haben keine Kamera und keine Kennzeichenaufzeichnung, sondern zeigen den Verkehrsteilnehmern ausschließlich die aktuelle Geschwindigkeit an. Die Messung bleibt also folgenlos.
Geplant sind bis zu drei Standortwechsel pro Anlage im Jahr. „Die Anlagen an mehr neuralgischen Punkten einzusetzen, würde keinen Sinn machen, denn dann würden die Beobachtungszeiträume zu kurz, um daraus Rückschlüsse auf die Situation vor Ort zu ziehen“, erklärt Ulrich Schulte-Wieschen.
Nach einem Ausschreibungsverfahren unter Beteiligung der Verwaltungsstellen von BV VIII und BV IV fiel die Entscheidung im Februar 2022 auf den Anbieter Hundertmark GmbH als Verkehrsicherer. Dies lässt sich die BV IV in der Summe pro Jahr ca. 30.000 Euro kosten. Dafür darf sie aber auch entscheiden, wo diese Anlagen stehen. Auch maximal drei Standortwechsel pro Gerät sind im Jahr vereinbart. „Ganz wichtig ist dabei, dass wir die ausgelesenen Daten per Excel-Datei erhalten.“ Die Analyse liegt jedoch in der Hand der BV.
Noch nicht geklärt sind die konkreten Standorte. „Darüber werden wir kurzfristig fraktionsübergreifend beraten und diskutieren und gegebenenfalls in der Juni-Sitzung in der BV darüber entscheiden“, sagt Ulrich Schulte-Wieschen. Vorschläge hat der SPD-Mann bereits in petto: Die 2019 eröffnete Kita Mattisburg (CSE) an der Schloßstraße wäre so ein Fall. „Aber auch Kombistandorte der Awo und Geriatrieklinik sowie dem Altersheim der Contilia an der Germaniastraße sowie die Traugott-Weise-Schule samt Bethesda-Altenheim an der Wüstenhöfer Straße kommen sicherlich in Frage.“