Essen/Duisburg. Ein wegen Kinderpornos verurteilter Lehrer klagt gegen den Rauswurf durch das Bistum Essen. Vor dem Landesarbeitsgericht kam es nun zum Vergleich

Mit allen juristischen Mitteln hat sich der junge Gymnasiallehrer in Diensten des Bistums Essen gegen die fristlose Kündigung vom 27. Januar 2021 durch das bischöfliche Schuldezernat gewehrt. Wegen der Verurteilung für den Besitz kinder- und jugendpornografischer Schriften war er für den Arbeitgeber Kirche nicht mehr tragbar. Vor der 8. Kammer des Landesarbeitsgerichtes (LAG) Düsseldorf akzeptierte der Studienrat am Freitag (29. April) nun doch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Teil des Vergleichs: Das Bistum Essen muss noch drei Gehälter an den Studienrat überweisen

Der Vorteil des jetzt geschlossenen Vergleichs aus seiner Sicht: Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses wird nun erst drei Monate später, also zum 30. April 2021, wirksam. Somit versüßt eine Gehalts-Nachzahlung seinen Rauswurf: Denn das Bistum Essen muss dem 35-Jährigen jetzt nachträglich noch drei Monatsgehälter von insgesamt knapp 15.000 Euro überweisen. Der Verhandlung war der Kläger ferngeblieben, sein Stuhl in Saal N 004 blieb leer.

Mit dem jetzt gefundenen Vergleich wird ein Schlussstrich gezogen unter eine brisante Personalangelegenheit. Der Lehrer war im August 2014 vom Bistum Essen eingestellt worden, seinen Dienst versah er an einem bischöflichen Gymnasium in Duisburg. Zwei Jahre später verurteilte ihn das Landgericht Bochum wegen des Besitzes kinder- und jugendpornografischer Schriften zu einem Strafbefehl von 60 Tagessätzen und einer Geldstrafe von zwei Monatsgehältern.

Die Verantwortlichen im Bistum zogen nach Bekanntwerden der Vorstrafe die Notbremse und sprachen die fristlose Kündigung aus: die schärfste Waffe im deutschen Arbeitsrecht. Der Vorsitzende Richter der 8. Kammer, Alexander Schneider, machte in dem Rechtsgespräch allerdings mehrfach deutlich, dass die Kündigung wegen Kinderpornos nicht als zweite Strafe anzusehen sei. Vielmehr sei es um die Frage gegangen, ob das Bistum als Arbeitgeber noch das notwendige Vertrauen für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses haben konnte. Genau dies hat die Kammer eindeutig verneint. Die weitere Tätigkeit des Studienrates sei weder dem Bistum noch der Schulgemeinschaft – Schülern, Eltern und Lehrern – zuzumuten. Das Landesarbeitsgericht hält die fristlose Kündigung für begründet.

Lehrer klagt gegen Bistum: Besitz von Kinderpornos sei einmalige Verfehlung gewesen

Der Vorsitzende Richter der 8. Kammer, Alexander Schneider, betonte, dass die Kündigung nicht die zweite Strafe nach dem Kinderporno-Strafbefehl sei.
Der Vorsitzende Richter der 8. Kammer, Alexander Schneider, betonte, dass die Kündigung nicht die zweite Strafe nach dem Kinderporno-Strafbefehl sei. © Unbekannt | G.N.

Der gefeuerte Lehrer hat vergeblich geltend gemacht, dass der Besitz der Kinderpornos aus dem Jahre 2013 datiere und dass es sich nur um eine einmalige und außerdienstliche Verfehlung gehandelt habe. Schon das Arbeitsgericht Essen hatte seine Klage auf Rücknahme der Kündigung in erster Instanz zurückgewiesen.

Der Vorsitzende Richter rügte in diesem Zusammenhang das Verhalten der Staatsanwaltschaft Bochum. Diese hätte bereits unmittelbar nach der Verurteilung wegen Kinderpornografie eine Mitteilung an die Bezirksregierung Düsseldorf als Schulaufsicht und an das Bistum als Arbeitgeber machen müssen. Tatsächlich kam es zu dieser Mitteilung erst viereinhalb Jahre später – am 17. Dezember 2020. Und diese auch nur an die Schulaufsicht. In der unterbliebenen Mitteilung sieht das Landesarbeitsgericht gleichwohl kein strukturelles Problem, sondern „menschliches Versagen“. „Leider ist es da passiert, wo es am wenigsten passieren darf“, fügte Richter Schneider hinzu.

„Mein Mandat ist unter Bauchschmerzen zu dem Vergleich bereit“, sagte der Anwalt des Lehrers, der Essener Arbeitsrechtler und Strafverteidiger Andreas Wieser. Sein Mandant habe das Kapitel Schule inzwischen abgehakt. „Er ist dabei, sich eine neue Existenz als Selbstständiger außerhalb von Schule aufzubauen“, fügte Wieser im Gericht hinzu. Dass der Lehrer schon seit 2019 keinen Unterricht mehr im Duisburger Gymnasium erteilt hatte, hat andere Gründe: Er war auch wegen schwerer Drogenabhängigkeit offenbar arbeitsunfähig.

Crystal Meth: Schwere Rauschgiftsucht war für das Landesarbeitsgericht kein Thema

Für das Landesarbeitsgericht war die Rauschgiftsucht des Studienrats allerdings kein Thema. Wie diese Zeitung berichtete, war der Lehrer der Schulverwaltung wegen Konsums der gefährlichen Synthetik-Droge Crystal Meth als schwer drogenabhängig aufgefallen. Das Bistum wusste offenbar bereits Ende 2019 um das dramatische Ausmaß der Drogensucht. Aber der Versuch der Schulverwaltungsleitung, die Tätigkeit des Lehrers schon zu diesem Zeitpunkt zu beenden, soll dem Vernehmen nach am Veto der Schuldezernentin gescheitert sein.

Auf die Frage des Richters, wie es seinem Mandaten gehe, antwortete Anwalt Andreas Wieser: „Das Drogenproblem ist bearbeitet, es geht ihm gut, er befindet sich nicht mehr in Behandlung.“