Essen. In einem Verfahren unter anderem wegen Vergewaltigung ist ein Essener Jurist ins Visier geraten. Der Mann vertritt auch Clan-Größen.

Er vertritt die Interessen Berliner Clangrößen vor Gericht, jetzt ist er selber ins Visier der Justiz geraten: Wegen des Verdachts der Strafvereitelung haben Ermittler die Kanzlei eines Essener Rechtsanwalts an der Zweigertstraße in Rüttenscheid auf der Suche nach Beweismitteln durchforstet. Dies bestätigte der Bochumer Oberstaatsanwalt Paul Jansen auf Anfrage dieser Zeitung.

In einem Ermittlungsverfahren der Polizei Recklinghausen unter anderem wegen Vergewaltigung, besonders schwerer sexueller Nötigung und Raubs zum Nachteil von Prostituierten hätten sich Hinweise ergeben, dass über den Juristen Kontakt zu einer Zeugin aufgenommen worden sei, sagte Jansen. Mutmaßlich, um eine möglicherweise belastende Aussage vor Gericht zu beeinflussen oder gar zu verhindern.

Vier Tatverdächtige sitzen nach dem brutalen Überfall im September des vergangenen Jahres in Untersuchungshaft und warten auf ihren Prozess. Bei einem von ihnen handelt es um einen Sohn eines Berliner Clan-Bosses, der wiederum zu den Mandanten des Essener Rechtsanwalts zählt. Gegen den Vater des Beschuldigten (19) werde in diesem Strafverfahren inzwischen ebenfalls ermittelt - wegen Bedrohung und Nötigung, so der Oberstaatsanwalt.

Eine Frau hatte sich auf ein Vordach retten können

Auslöser war ein brutaler Überfall im Recklinghausener Rotlichtmilieu. Mehrere gewaltbereite Männer, berichtete die Polizei, sollen sich am Abend des 23. September teils mit Schlagstöcken bewaffnet Zugang zu der Wohnung einer Sexarbeiterin verschafft und Geld von der Frau gefordert haben. Einer von ihnen soll die Frau zudem vergewaltigt haben, hieß es.

Eine weitere Bewohnerin hatte die vermummten Männer kommen sehen, war aus dem Fenster geklettert und hatte sich auf ein Vordach gerettet. Zeugen hörten ihre Hilferufe und alarmierten die Polizei. Die zunächst unbekannten Kriminellen erbeuteten Bargeld und rasten in einem Kleinwagen davon.

Wenige Tage nach dem Überfall konnte ein 18-Jähriger aus Recklinghausen festgenommen und anschließend hinter Gitter geschickt werden. Ihm folgte am 24. November der ein Jahr ältere Clan-Spross, der am selben Tag in Berlin festgenommen worden war.

An dem Zugriff waren auch Spezialeinheiten beteiligt

Beteiligt an diesem Zugriff waren Ermittler und Spezialeinheiten aus Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Berlin. In der Villa des Clan-Bosses im brandenburgischen Kleinmachnow stellten die Ermittler nach eigenen Angaben Beweismittel und ein Auto sicher. Den 19-Jährigen, den sie fälschlicherweise im dem dortigen Anwesen seines Vaters vermuteten, konnten sie schließlich in einem zweiten Objekt in Neukölln dingfest machen, das ebenso wie eine Wohnung in Oer-Erkenschwick durchsucht wurde.

Gegen die vier inhaftierten Beschuldigten wurde inzwischen Anklage beim Landgericht Bochum erhoben, so Oberstaatsanwalt Paul Jansen. Die Absprachen für eine Terminierung des Prozesses laufen bereits, sagte Michael Rehaag, Vorsitzender Richter am Landgericht, auf Anfrage.