Essen-Kettwig. Hermann Hesse steht für Welterfolge wie „Der Steppenwolf“. Der Literat litt an Depressionen. Wie er sie in den Griff bekam, zeigt ein Vortrag.

Kriegserlebnisse, Rückzug und Neubeginn – es war der Weg des Schriftstellers Hermann Hesse im Jahr 1919 ins schweizerische Tessin. Hesse, der Dichter der späteren Welterfolge „Der Steppenwolf“, „Narziß und Goldmund“ oder „Das Glasperlenspiel“, befand sich nach dem Ersten Weltkrieg in einer tiefen persönlichen Krise. Wie sich der „Neuanfang in Montagnola“ gestaltete, darüber berichtete die Kunsthistorikerin Dr. Gisela Luther-Zimmer in einem Vortrag im Kettwiger Gemeindezentrum „Petershof“.

Dorf-Ansichten und Natur-Impressionen aus dem Tessin

Die Duisburger Kunsthistorikerin begleitete ihren Vortrag mit ausdrucksstarken Fotos und vielen Bildern von Hesse. Neben seinem Talent als Schriftsteller hatte er ein durchaus beachtenswertes Talent als Maler. Dorf-Ansichten, Natur-Impressionen oder den Blick auf den Luganer See nahm er als Motive für seine farbenfrohen Aquarelle.

Hesse, so Luther-Zimmer, zeichnete, pinselte und malte sich geradezu seine Depressionen von der Seele. Aber er malte niemals Menschen.
Hesse, so Luther-Zimmer, zeichnete, pinselte und malte sich geradezu seine Depressionen von der Seele. Aber er malte niemals Menschen. © Jürgen Lamprecht

Hesse, so Luther-Zimmer, zeichnete, pinselte und malte sich geradezu seine Depressionen nach der Trennung von seiner ersten Frau, Zurücklassung der Söhne, stockender literarischer Erfolge und großer Geldnot von der Seele. Im Dörfchen Montagnola über dem Luganer See kehrte die Schaffenskraft allmählich zurück. Auf langen Wanderungen über die Hügel versicherte sich Hesse seiner Begabung.

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Den Lebensunterhalt bestritt der spätere Nobelpreisträger, so belegte es Luther-Zimmer, nun durch viele Bögen mit kleinen Zeichnungen und handschriftlichen Gedichten, die er auf Bestellung für je 250 Franken verkaufte. Ein typisches Merkmal seiner Bilder waren fehlende Menschen. Personen zeichnen, so die Kunsthistorikerin, das konnte Hermann Hesse nicht – anders als in seinen Büchern, die meist um eine oder zwei zentrale Personen angelegt sind.

Das Schild „Bitte keine Besuche“ hing am Gartentor der Casa Rossa

Hesse zog bald in ein eigenes Haus in Montagnola, der Casa Rossa, befestigte ein Schild mit der Aufschrift „Bitte keine Besuche“ am Gartentor und widmete sich dem Schreiben und der Gartenarbeit. In seiner neuen Heimat starb der später weltberühmte Dichter im August 1962.

„Es war ausgezeichnet“, fand anschließend Zuhörerin Marie-Louise Drüll. „Und es bedeutete für mich eine Abwechselung angesichts des Krieges in der Ukraine.“ Für Marion Breuer waren die vielen Hinweise auf Hesses Gedichte und Bilder eine Freude: „Beides gefällt mir so sehr.“

>>> Nächster Kunst-Vortrag am 7. April

Programmplanerin Sigrid Auberg verabschiedete die Gastrednerin nicht ohne den Hinweis auf eine weitere Veranstaltung mit Gisela Luther-Zimmer. Sie spricht am Donnerstag, 7. April, um 20 Uhr über die Malerin Helen Schjerbeck. Der Eintritt ins Gemeindezentrum, Hauptstraße 138, ist frei. Weitere Infos auf www.petershof-kettwig.de.