Essen. Fünf Busse voller Hilfsgüter starten am Donnerstag von Essen in die Ukraine. Die Organisatoren sind von der Hilfsbereitschaft überwältigt.

Ein Berg aus Schlafsäcken, Isomatten sowie einigen Zelten stapelt sich an diesem Donnerstag (3.3.) vor der Zentrale der Essener Grünen – Hilfsgüter, die in nur wenigen Tagen zusammengekommen sind und nun in die Ukraine gebracht werden sollen. „Die Sachen sind für die Menschen, die da in U-Bahnschächten oder in den Wäldern campieren“, sagt Bürgermeister Rolf Fliß. Er sei überwältigt von der Hilfsbereitschaft der Essener und Essenerinnen.

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Der Grüne kennt den Vorwurf, dass übereilte Hilfstransporte an den Grenzen zur Ukraine nur für Chaos sorgen. Doch diese Aktion sei gut vorbereitet und mit den Menschen vor Ort abgesprochen. Mittlerin ist Irina Jastreb, die aus Kiew stammt, seit langem in Deutschland lebt und den Transport begleiten wird: „Ich habe Freunde und Verwandte in Kiew, die mir sagen, was gebraucht wird“, erklärt sie. Kleidung eher nicht: „Anfangs wollten viele Klamotten spenden und da habe ich ,Stopp“!’ gesagt.“ Als Erste-Hilfe-Ausrüstung würden die Schlafsäcke und Isomatten benötigt, außerdem Powerbanks, Taschenlampen, Walkie-Talkies – und Geld. Auf Sicht könne man den Menschen und Wohlfahrtsverbänden vor Ort damit am Besten helfen.

Fährt mit in die Ukraine und sorgt dafür, dass die Hilfsgüter in Kiew ankommen: Irina Jastreb.
Fährt mit in die Ukraine und sorgt dafür, dass die Hilfsgüter in Kiew ankommen: Irina Jastreb. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Am Donnerstagabend wird Irina Jastreb sich aber zunächst mit dem Essener Konvoi auf den Weg zur polnisch-ukrainischen Grenze machen und dort sicherstellen, dass die Spenden bis nach Kiew gelangen: „Wir haben Leute in Lwiw (Lemberg), das nahe der Grenze liegt: Sie bringen die Sachen weiter nach Kiew.“ Darunter auch Medikamente, Verbandsmaterial, Milchpulver und Insulin; Dinge, die in der Ukraine dringend benötigt werden.

Schutzwesten waren nicht aufzutreiben

Auch auffällig viele Fahrradhelme finden sich unter den Spenden. Sie böten zumindest etwas Schutz etwa vor Trümmerteilen, erklärt Rolf Fliß. Von ihren Partnern in der Ukraine seien sie auch um militärische Schutzwesten und Helme gebeten worden, eine Bitte, die sie nicht hätten erfüllen können.

So sah die Essener Grünen-Zentrale am Donnerstagmorgen aus. Die gespendeten Fahrradhelme sind als provisorischer Schutz etwa vor Trümmerteilen gedacht.
So sah die Essener Grünen-Zentrale am Donnerstagmorgen aus. Die gespendeten Fahrradhelme sind als provisorischer Schutz etwa vor Trümmerteilen gedacht. © Grüne Essen

Alle anderen Hilfsgüter erhielten sie dagegen im Übermaß: Gesammelt wurde in der Rüttenscheider Zweibar und der Goldbar im Südviertel, in der Grünen-Zentrale – und im Hause Fliß, wo sich die Sachen stapelten. Manche Spender hätten eigens neue Schlafsäcke gekauft. „Und eine Frau brachte ein frisch gewaschenes Exemplar, das noch in unserem Wohnzimmer zu Ende trocknete.“

Sein Telefon habe in den vergangenen Tagen ununterbrochen geklingelt, sagt Fliß. Um die 150 Anrufe am Tag von hilfsbereiten Essenern seien bei ihm eingegangen. „Die Leute haben nicht nur Sachspenden angeboten, sondern auch Wohnungen für die Flüchtlinge, die nach Essen kommen.“ Der Zusammenhalt habe ihn berührt.

Menschenkette im Treppenhaus

Auch zum Beladen standen am Donnerstag pünktlich Dutzende Helfer bereit: Bei den Grünen am Kopstadtplatz waren so viele Sachspenden abgegeben worden, dass zwei Büros kurzzeitig nicht betretbar waren. Um die vielen Schlafsäcke vom dritten Stock zum Abtransport auf den Platz zu bekommen, nutzten die Helfer nicht nur den Aufzug, sondern bildeten parallel eine Menschenkette, die die Schlafsäcke, Matten und Tüten treppab weiterreichte.

„Wahnsinn, was hier in so kurzer Zeit auf die Beine gestellt wurde“, sagt Irina Jastreb, die Rolf Fliß vor vielen Jahren auf einer Dienstreise nach Charkiw, Lemberg und Kiew kennengelernt hatte. Als sie nun Hilfe für ihr Heimatland organisieren wollte, sprach sie den Grünen Bürgermeister aus Essen an, der keine Minute zögerte.

Die Mission endet übrigens nicht, wenn die Fracht sicher eingetroffen ist: „Die Busse fahren voll hin – und voll zurück“, sagt Rolf Fliß. „Auf dem Rückweg werden wir Flüchtlinge mit nach Deutschland nehmen.“ Deutlich mehr als 100 Plätze bieten die Busse – davon soll keiner unbesetzt bleiben.