Essen-Rüttenscheid. Essen-Rüttenscheid verliert ein veganes Restaurant: Das „Farbenfroh“ schließt und zieht nach Haltern am See. Das sind die Gründe.

Eines der wenigen rein veganen Restaurants in Essen schließt. Izzettin Tas und Katy Reichelt, Inhaber des „Farbenfroh“ an der Paulinenstraße/Ecke Franziskastraße in Rüttenscheid, verlassen die Stadt und verlagern ihren Standort nach Haltern am See. Die Entscheidung des Ehepaars hat in erster Linie familiäre Gründe, doch auch der eklatante Personalmangel in der Gastronomie machte ihnen stark zu schaffen.

Tas und Reichelt waren 2017 angetreten, um eine abwechslungsreiche Küche für Veganerinnen und Veganer zu bieten. „Wir beide waren damals schon länger vegan“, erzählt Reichelt. Deshalb sei ihnen auch verstärkt aufgefallen, dass es nur wenige gastronomische Angebote für Menschen gegeben habe, die sich rein pflanzlich ernähren: „Man konnte in ein veganes Café gehen. Richtige Restaurants, in dem man zum Beispiel den Hochzeitstag feiern konnte, gab es aber selten.“

Restaurant in Rüttenscheid bietet Platz für über 100 Gäste

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Hauptgrund für den Umzug nach Haltern: „Wir haben gerade ein Baby bekommen und möchten näher bei unseren Familien sein“, sagt Tas. Seine Frau und er kommen gebürtig aus Haltern. Mit dem Standortwechsel soll aber auch eine Veränderung des Konzepts einhergehen. Denn mit der aktuellen Situation im Essener Restaurant könne er seinen eigenen, sehr hohen Ansprüchen nicht vollends gerecht werden, erklärt der Gastronom. Dafür sei der Laden einfach zu groß.

Das Restaurant Farbenfroh in Essen-Rüttenscheid bietet rein vegane Küche.
Das Restaurant Farbenfroh in Essen-Rüttenscheid bietet rein vegane Küche. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Das Restaurant an der Paulinenstraße umfasst 80 Plätze im Innenbereich und noch einmal 25 draußen. Das sind viele in Zeiten, in denen der Personalmangel die Gastromonieszene fest im Griff hat. „Wir haben den Laden hier seit fünf Jahren – und genauso lange suchen wir immer wieder einen zweiten Koch“, berichtet Tas. Die meiste Zeit habe er die Küche allein oder mit Aushilfen gewuppt. Was in der Vergangenheit schon einmal Schichten von 16 bis 18 Stunden bedeuten konnte: „Oft habe ich dann auf einer Liege im Restaurant geschlafen.“

Essener Gastronomenpaar will sich radikal verkleinern

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Das Ehepaar hat die Erfahrung gemacht, dass die Suche nach einem veganen Koch noch schwieriger ist als ohnehin schon. „In der Ausbildung werden hauptsächlich Gerichte mit Fleisch gelehrt“, weiß Reichelt. „Entsprechend bringen die Köche wenig Erfahrung mit, wie man rein pflanzliche Gerichte zubereitet.“ Auch das Konzept ihres Restaurants, alle zwei Monate die Karte zu verändern und wechselnde saisonale Gerichte anzubieten, sei nicht für jeden Koch zu schaffen: „Da muss man immer neue Ideen haben.“

In Haltern wollen sich die beiden deshalb radikal verkleinern. Statt über 100 soll es nur noch etwa 15 bis 20 Plätze geben. „So kann ich einen viel größeren Fokus auf jedes einzelne Gericht legen“, sagt Tas. In Essen müssen seine Frau und er auch jetzt schon manchmal Gäste abweisen, weil auch Servicepersonal fehlt. „Das liegt auch an den vielen Lockdowns, die das Gastro-Personal verunsichert haben. Die Mitarbeiter haben sich dann andere Jobs gesucht“, so Reichelt.

Restaurantinhaber: Vegane Küche kam in Essen und Umgebung gut an

Noch bis zum 19. März geöffnet

In Rüttenscheid hat das Restaurant Farbenfroh noch bis zum 19. März geöffnet. Der neue Standort in Haltern befindet sich in der Nähe des Römermuseums.Wann es dort losgeht, ist noch nicht ganz klar. Angepeilt ist aber der Sommer 2022.Statt Wahl à la carte soll man in dem neuen Restaurant festgelegte vegane Menüs zu bestimmten Uhrzeiten buchen können.

Essen verlässt das Ehepaar mit einem lachenden und einem weinenden Auge. An ihrem Restaurant hängen viele Erinnerungen, hier wagten sie den Sprung in die Selbstständigkeit. „Jetzt wissen wir, dass unser Konzept mit veganer Küche aufgeht“, sagt Tas. Denn an der Nachfrage sei es nie gescheitert. „Wir haben viele Stammkunden, die zum Teil auch aus allen umliegenden Städten gekommen sind“, betont Reichelt. Ihre Küche ziehe sowohl Veganerinnen und Veganer als auch Menschen an, die sich bewusst ernähren oder einfach etwas Neues ausprobieren wollten.

Im neuen Lokal kann sich das Gastronomenehepaar nun endlich einen lange gehegten Traum erfüllen. Sie möchten Kochkurse anbieten. „Dafür wäre die Küche hier nicht geeignet gewesen, man hätte sie komplett umbauen müssen“; so Reichelt. Außerdem soll es in dem kleineren Lokal noch mehr Speisen aus Bio-Lebensmitteln geben.