Haarzopf. Eine ehemalige Gärtnerei in Haarzopf soll laut CDU und Grünen nur zum Teil bebaut werden. Eine Bürgerinitiative gibt sich damit nicht zufrieden.
Wird gebaut und wenn ja, wie viele? Die mögliche Wohnbebauung an der Raadter Straße treibt viele Bürger um – spätestens seit die Stadt Essen dort den Bau von drei Doppelhäusern genehmigt hat, was nach Rechtsauffassung der Bezirksregierung Düsseldorf nicht hätte geschehen dürfen. Denn die Eigenheime wurden planungsrechtlich im sogenannten Außenbereich errichtet, der Regionale Flächennutzungsplan weist die Grundstücke als landwirtschaftliche Nutzfläche aus.
Wie aber geht es an der Raadter Straße nun weiter? Befürchtet doch die Bürgerinitiative „Fingerweg von Freiluftflächen“, der Bau der Eigenheime könnten nur ein Anfang sein.
Laut Stadt Essen könnten an der Raadter Straße bis zu 180 Wohneinheiten entstehen
Das Arbeitsprogramm der Stadt sieht schließlich vor, dass an der Raadter Straße eine 3,6 Hektar große Fläche für den Wohnungsbau erschlossen werden soll. Bis zu 180 Wohneinheiten könnten nach Berechnung der Planungsverwaltung dort entstehen.
CDU und Grüne haben sich nun festgelegt. Zumindest der renaturierte Teil der ehemaligen Gärtnerei, gleich hinter den drei Doppelhäusern gelegen, soll nicht bebaut werden, sondern als öffentliche Grünfläche gestaltet werden.
Die Stadt Essen hatte die Renaturierung eben dieser Fläche zur Bedingung für den Bau der drei Doppelhäuser gemacht. Dass diese Ausgleichsfläche nun auch bebaut werden könnte, sorgte in Haarzopf für Unverständnis und Protest.
Die Ratsmehrheit aus CDU und Grünen war sich der Sprengkraft offenbar bewusst, als sie sich darauf verständigten, von dem ursprünglichen Vorhaben abzuweichen. „Es hätte mich sehr gewundert, wenn CDU und Grüne dabei geblieben wären, die gesamte Fläche zu bebauen“, sagt Jörn Benzinger, Sprecher der Initiative „Finger weg von Freiluftflächen“.
Die Bürgerinitiative kann nun zumindest einen Teilerfolg verbuchen. Zufrieden ist Benzinger aber nicht. Denn eine Bebauung an der Raadter Straße, wie sie das Bauleitprogramm der Stadt Essen vorsieht, ist nicht vollends vom Tisch. Im Gegenteil. Schätzungsweise zwei Drittel der ursprünglich für eine Wohnbebauung vorgesehenen Fläche sollen nach dem Willen von CDU und Grünen tatsächlich bebaut werden. Die Planungsverwaltung soll mit dem Investor alle Möglichkeiten ausloten für eine „nachhaltige, energie- und ressourcenschonende Bebauung“, heißt es im gemeinsamen Antrag, den beide Fraktionen im Planungsausschuss des Stadtrates zur Abstimmung stellen wollen.
CDU und Grünen verständigen sich auf einen Kompromiss in Sachen Wohnbebauung
„Es bleibt unser Ziel, dass gar nicht gebaut wird“, hält dem Jörn Benzinger entgegen. Auch Linke, Tierschutzpartei und „Die Partei“, drängen in einem eigenen gemeinsamen Antrag darauf, dass die komplette Fläche aus dem Arbeitsprogramm der Verwaltung gestrichen wird.
Dort war es in der zurückliegenden Ratsperiode auf Beschluss von CDU und SPD aufgenommen worden. Seit der Kommunalwahl kooperieren CDU und Grüne im Rat der Stadt. Beide haben in ihrem Kooperationsvertrag festgeschrieben, Beschlüsse aus der vergangenen Ratsperiode nicht wieder in Frage zustellen. Was die Bebauung an der Raadter Straße angeht, weichen die Kooperationspartner davon nun ab. Ihr gemeinsamer Antrag ist offensichtlich ein Kompromiss. In der Opposition hatten die Grünen noch abgelehnt, dass an der Raadter Straße gebaut soll.
Baugenehmigung hat Bestand
Die drei Doppelhäuser an der Raadter Straße dürfen stehen bleiben. Auch wenn die Stadt Essen laut Bezirksregierung eine Baugenehmigung nicht hätte erteilen dürfen. Die Eigentümer hätten schließlich darauf vertraut, dass die Baugenehmigung zurecht ereilt worden war, als sie die Immobilien erwarben, teilte die Bezirksregierung auf Anfrage mit. Die Baugenehmigung hat damit weiter Bestand. Um mögliche Schadenersatzforderungen kommt die Stadt Essen somit herum.
Die SPD hingegen war seinerzeit für eine Bebauung, wie Philipp Rosenau, planungspolitischer Sprecher der Ratsfraktion, einräumt. Vor dem Hintergrund aber, dass bei Bürgern der Eindruck entstanden sein könnte, beim Bau der drei Doppelhäuser sei nicht alles rechtens abgelaufen, sei das Thema neu zu bewerten, so Rosenau. CDU und Grünen wirft er vor, nun unnötig aufs Tempo zu drücken. Zumindest für die Grünen hat die Wohnbebauung an der Raadter Straße „nicht die höchste Priorität“, sagt deren planungspolitischer Sprecher Christoph Kerscht.
Fest steht: Der Flächennutzungsplan müsste zunächst geändert und anschließend ein Bebauungsplan aufgestellt werden. Die Bürgerinitiative „Finger weg von Freiluftflächen“ behält sich nach den Worten von Sprecher Jörn Benzinger rechtliche Schritte vor.