Essen. Viele kennen Götz Alsmann als „Zimmer frei“-Moderator. Im Essener Konzerthaus glänzt der vielseitige Künstler auch als heiterer Klassik-Erklärer.

Zuweilen beschleicht ihn das Gefühl, irgendwann in Vergessenheit zu geraten. Wenn man an das gestreamte Essener Weihnachtskonzert mit dem Musiker, Entertainer, Moderator Götz Alsmann im vergangenen Jahr mit 38.000 Aufrufen denkt, kaum vorstellbar. Götz Alsmann ist der bekannte wie beliebte Tausendsassa. Er präsentiert ausgesuchte Fernsehsendungen, gestaltet seine Radiosendungen im WDR, tritt mit seiner Band auf, führt Zuschauer kenntnisreich ins Konzert. In der Essener Philharmonie ist er weit mehr als der ehemalige Frontmann von „Zimmer frei“. Die ihm gewidmete Porträt-Reihe zeigte ihn in seinem aktuellen Programm „L.I.E.B.E.“, offenbart seinen Hang zur Klassik und seine Erinnerungen aus dem Showgeschäft.

https://www.waz.de/staedte/essen/essener-schauspieler-boxen-sich-durch-die-corona-krise-id229028065.htmlMan kennt Götz Alsmann nur witzig und wohlgelaunt. Zum Gespräch erscheint er professionell und nach dem Auftritt selbstverständlich wie aus dem Ei gepellt in blau-grauer Tweed-Kombination mit Einstecktuch. Er ist Perfektionist. Nicht nur auf der Bühne, vor der Kamera, im Studio. „Ich bin der graue Wolf“, sagt Götz Alsmann zu Beginn des Gesprächs. Und tatsächlich ist seine Tolle von weißen Haaren durchzogen. Doch seine Moderation ist stets von mitreißender Begeisterung. So zieht er sich bei „Peter und der Wolf“ mit den Kindern im Saal ganz nonchalant ein neues Publikum heran.

Er hat sich schon im Teenager-Alter als Jazzmusiker empfunden

Klar kennt er Prokofjews Musikmärchen aus der Kindheit. Bei den Eltern wurde viel Musik gehört. „Ich bin mit Radio aufgewachsen. Zuhause lief klassische Musik, Beatles, Swing, alte Schlager - ein bunter Mix“, berichtet der 64-Jährige. Alles, was ihn bis heute beschäftigt. Als Kind lernte er Blockflöte, dann Klavier, später Saiteninstrumente bis hin zur beliebten Ukulele. Als Jugendlicher brachte der immer noch seiner Heimatstadt verbundene Münsteraner die erste Platte heraus mit der Heupferd Jug Band. „Schon als Teenager habe ich mich als Jazzmusiker empfunden“, meint er rückblickend.

Für Götz Alsmann ein Höhepunkt: Im „Sommernachtstraum“ der Essener Philharmonie verkörpert er Jacques Offenbach (links neben Schauspielerin Ingrid Domann) zum des 200. Geburtstag des Komponisten.  
Für Götz Alsmann ein Höhepunkt: Im „Sommernachtstraum“ der Essener Philharmonie verkörpert er Jacques Offenbach (links neben Schauspielerin Ingrid Domann) zum des 200. Geburtstag des Komponisten.   © Foto: Sven Lorenz

Entsprechend hat sich sein stilvolles Äußeres entwickelt. „Es sieht einfach besser aus“, so Alsmann, der mit seiner Haartolle natürlich auch auf musikalische Vorlieben bis in die 1960er Jahre verweist. Auf Videos mit den Sentimental Pounders und ihren Jazz-, Swing, Ska, Rockabilly- und Blues-Songs war das früher im Fernsehen zu sehen. Da sang er noch Englisch. Erst mit der fünfköpfigen Götz Alsmann Band entwickelte sich Mitte der 1990er Jahre die Liebe, „jazzfähige alte Schlager auszubuddeln“ und in deutscher Sprache zu singen. Rund hundert Tage im Jahr ist er mit ihr unterwegs neben Radioshows, die er mit monatlich zwölf Stunden Musik aus dem umfangreichen Plattenbestand bestückt. Da sind private Konzertbesuche kaum möglich. „Ich gehe höchstens mit meiner Frau mal in die Oper“, meint Götz Alsmann.

20 Jahre als schlagfertiger Moderator beim TV-Hit „Zimmer frei“

Die meisten kennen ihn aber vom TV-Hit „Zimmer frei“, den er 20 Jahre frech, schlagfertig und humorvoll mit Christine Westermann moderierte. „Das war der größte Erfolg meines Berufslebens. Den gibt man nicht einfach an der Garderobe ab“, betont Alsmann. Die wenigsten wissen: Der promovierte Musikwissenschaftler ist seit 2011 Honorarprofessor für die Geschichte der populären Musik in Münster. Seine Musik, die er mit großer Ernsthaftigkeit betreibt, wurde nicht nur mit diversen Preisen wie dem Echo bedacht. Musiklegenden wie Margot Hielscher, Evelyn Künneke, Chris Howland, Peter Kraus gaben dem „König des Jazzschlagers“ bei Konzerten die Ehre. „Ihre Beharrlichkeit, gute Unterhaltung zu machen, fand ich toll“, erklärt er das Zusammenspiel.

Wer glaubt, dass Corona und die Folgen dem renommierten Künstler nichts anhaben können, der irrt. Es sei für die ganze Kultur- und Unterhaltungsbranche schädlich, nicht nur für ihn. Auch für die Musiker, Techniker, Bühnenarbeiter, die zu einem Auftritt dazugehören, sei es ein Desaster. „Das Verschieben der Konzerte ist trügerisch. Da hätten wir schon wieder andere Konzerte spielen können. Auch das Programm „L.I.E.B.E.“, das 2020 startete, kam bisher viel zu kurz und es ist ungewiss, wann ein neues in Vorbereitung geht.

Falls die Pandemie ihm nicht dazwischen kommt, wird er weiter in der Essener Philharmonie zu erleben sein. „Ein ganz wunderbarer Gastspielkontakt. Man schaut genau, welche Konzerte zu meiner Art passen. Die Zusammenarbeit ist sehr gedeihlich“, schwärmt er geradezu. Dass er in die Rolle des Jacques Offenbach zum 200. Geburtstag des Komponisten schlüpfen konnte, war für ihn der Höhepunkt. Als geistreicher Gesprächspartner im Live-Talk wird er nicht minder brillieren.

Auch wenn der Musiker, Entertainer, Moderator, Bandleader, Musikprofessor im nächsten Jahr 65 wird, denkt er nicht ans Aufhören. Mit Liebe wird es weitergehen.