Essen-Altenessen. Am Bahnhof in Altenessen befand sich einst Deutschlands größter Schweinemarkt. Daran will eine Bürgerinitiative erinnern und hat einige Ideen.
- In Essen-Altenessen gab es im Bereich des heutigen Südkarrees einst den größten Schweinemarkt in Deutschland.
- Eine Bürgerinitiative möchte daran erinnern und schlägt vor, eine Gedenktafel, eine Skulptur oder eine Ausstellung zu errichten.
- Im Essener Norden leben jedoch viele Muslime. In deren Kultur gelten Schweine als unheilig.
Viele Essener reden heute noch vom „Schweinemarkt“ und meinen damit die Fläche des heutigen Süd-Karrees in Altenessen. Ende des 19. Jahrhunderts haben dort Landwirte ihre Ferkel an Einzelhändler verkauft. Glaubt man den Geschichtsbüchern, war der Altenessener Schweinemarkt deutschlandweit der größte seiner Art. Jetzt hat sich eine Bürgerinitiative gegründet, die erklärt: „Essen hat einen Flachsmarkt, einen Pferdemarkt, Webermarkt, Gänsemarkt und Kornmarkt. Aber unser Schweinemarkt wird weggeschwiegen. Das wollen wir so nicht hinnehmen und ändern.“
Der Name Schweinemarkt ist laut Bürgerinitiative Ausdruck für Heimatgefühl
„Der Schweinemarkt steht symbolisch für den Aufbruch, den die Eröffnung des Bahnhofs 1847 zur Folge hatte“, erklärt Historiker Christoph Wilmer. Die Professionalisierung des Schweinemarktes, der anfangs sehr unorganisiert gewachsen sei, sei ein wichtiges Beispiel für die Kraft einer Gemeinde, neue Probleme zu erkennen und zu lösen. Der Ort habe damit nicht nur eine historische Bedeutung, im Gegenteil sei die Beschäftigung damit immer wieder höchst aktuell.
In der Forderung, die die Bürgerinitiative zuletzt der zuständigen Bezirksvertretung vorgelegt hat, heißt es: „Viele Bürger und Bürgerinnen bezeichnen diesen Ort seit Jahrzehnten ganz selbstverständlich als Schweinemarkt – nicht abschätzig, sondern wohlwollend und positiv.“ Der Name sei Ausdruck von Verbundenheit und Heimatgefühl. Schon bei der Benennung des neuen Einkaufszentrums mit Rewe und Aldi an gleicher Stelle hatten einige Essener und Essenerinnen dafür plädiert, es nach dem Schweinemarkt zu benennen. Dazu ist es jedoch nicht gekommen, es heißt Süd-Karree. „Das sagt aber niemand“, weiß Wilmer und gibt zu bedenken: „Schweinemarkt-Zentrum will auch keiner sagen, das kann ich auch verstehen.“
Im Essener Norden leben viele Muslime
Einer der Gründe für das Zögern der Verantwortlichen war damals wie heute der relativ große Anteil der Muslime im Essener Norden. Der Koran bezeichnet Schweinefleisch als unrein. Im Islam ist daher der Verzehr ausdrücklich verboten. Ob ein „Schweinemarkt-Zentrum“ da identitätsstiftend ist, sei fraglich.
Lesebuchkreis Altenessen freut sich über Verstärkung
Die Mitglieder des Lesebuchkreises Altenessen kümmern sich darum, die Geschichte ihres Stadtteils aufrecht zu erhalten. „Wir würden uns wünschen, dass die Identität mit dem Stadtteil wieder zunimmt und möchten Altenessen mit einer bestimmten Wertschätzung behandelt wissen“, erklärt der Leiter und Ortshistoriker Christoph Wilmer.
Aufgrund der Corona-Pandemie können die Mitglieder jetzt zum zweiten Mal in Folge keinen historischen Kalender herausbringen. Sie freuen sich aber jederzeit über Verstärkung. Wer dabei sein will, meldet sich bei Christoph Wilmer per E-Mail an cw@cwilmer.de
Die Bürgerinitiative bleibt aber dabei und möchte den geschichtsträchtigen Ort würdigen. Sie wünscht sich eine sichtbare Erinnerung, eine Gedenktafel, eine Skulptur, die Umbenennung einer Haltestelle, eine Ausstellung im Bürgeramt oder die Anbringung des Namens „Am alten Schweinemarkt“ an der Brücke am Bahnhof Altenessen.
Die Stadtverwaltung gibt zu bedenken, dass die Aufstellung und Pflege einer Schweineskulptur mit hohen Kosten verbunden ist, gleiches gilt für eine Dauerausstellung im Bürgeramt. Außerdem müsse geprüft werden, ob eine positive öffentliche Wahrnehmung des Ortes dadurch überhaupt erzielt werden könnte.
Stadt plädiert dafür, Erinnerung an Altenessener Schweinemarkt aufrecht zu erhalten
Angesichts der überregionalen Bedeutung des Altenessener Schweinemarktes sei es jedoch berechtigt, an diesen inzwischen weitgehend vergessen Ort zu erinnern. Die Erinnerung sollte „niederschwellig umsetzbar und gut zu finanzieren sein“. Die Stadtverwaltung schlägt daher eine Geschichtstafel vor, die an einem geeigneten Ort in der Nähe des Süd-Karrees angebracht werden sollte. Die Tafel würde rund 1000 Euro kosten. Für die Aufstellung, Pflege und etwaige Reparaturen müsste die Bezirksvertretung aufkommen.
Des Weiteren führt die Verwaltung aus, dass man nicht nur an einen einzigen Ort erinnern sollte, sondern die gesamte historische Entwicklung des Stadtteils im Blick behalten sollte. Wie bereits in anderen Essener Stadtteilen üblich, würde sich dafür ein Denkmalpfad eignen.
Wie die Umsetzung der Ideen jetzt konkret angegangen werden soll, wollen Bezirksvertretung und Bürgerinitiative im kommenden Jahr beschließen.