Essen. Das Konzerthaus war so voll besetzt wie lange nicht und das Publikum hellauf begeistert über das Tschaikowsky-Programm der Essener Philharmoniker
So voll war es schon lange nicht mehr im Alfried-Krupp-Saal. Und auch die Begeisterung des Publikums fiel am Ende dieses 3. Sinfoniekonzertes ungewöhnlich heftig aus. Kein Wunder, denn die Essener Philharmoniker hatten Tschaikowsky pur auf dem Programm und damit klangopulente Seelenmassage.
Neben die große „Pathétique“ auch noch das beliebte b-Moll-Klavierkonzert zu setzen, war Generalmusikdirektor Tomáš Netopil wohl doch etwas zu viel des Populären. Er entschied sich für das seltener gegebene und melodisch weniger zündende 2. Konzert, in dem das Soloinstrument stärker ins Orchestergewebe eingebunden ist.
Schmelzender Schönklang der Essener Philharmoniker
Was auch der optische Eindruck auf dem Podium zeigte: Boris Berezovsky saß mit dem Steinway nicht wie üblich quer vor dem Orchester, sondern in die Streichergruppe integriert ähnlich dem Cembalo in einem Barockensemble. Dass er zudem ohne Flügeldeckel spielte, beeinträchtigte zwar die Konturenschärfe, verstärkte aber so den eher flächig angelegten Solopart mit federleicht über die sieben Oktaven rauschenden Arpeggio-Fluten und brillant rieselnden Lauffiguren. Im Mittelsatz durfte er indes begleitend zurücktreten hinter den von Konzertmeister Daniel Bell und Armin Fromm exzellent geführten Dialog von Violine und Cello.
Netopil betonte mit den am schmelzenden Schönklang orientierten Philharmonikern den stolzen, positiven Gestus des Werkes, um dann die 6. Sinfonie als eindrückliches Psychogramm, als Wechselbad der Gefühle zu entwerfen zwischen Auflehnung, Resignation und der Qual eines Tristan, „vor Sehnsucht nicht zu sterben“. Das gelang dem Orchester in den Binnensätzen tänzerisch bewegt bis hin zum Siegesmarsch, eingekeilt von den schicksalhaft-apokalyptischen Ausbrüchen, in denen das Blech bemerkenswert kultiviert wie zum Jüngsten Gericht blies. Stehende Ovationen und rauschender Applaus!