Essen. Das Ende der Maskenpflicht wird von Essener Pädagogen scharf kritisiert. In dieser Woche hat sich die Inzidenz unter Grundschülern verfünffacht.
Essener Schulleiterinnen und Schulleiter kritisieren mit deutlichen Worten das angekündigte Ende der Maskenpflicht im Unterricht. Das NRW-Schulministerium hatte am Donnerstag angeordnet, dass Schülerinnen und Schüler ab Dienstag, 2. November, auf ihren festen Sitzplätzen in der Klasse keine Maske mehr tragen müssen. „Diese Entscheidung ist sachlich nicht nachvollziehbar“, sagt Berthold Kuhl, Sprecher der sieben Essener Gesamtschuldirektoren und Leiter der Frida-Levy-Gesamtschule in Stadtmitte. „Wir haben steigende Fallzahlen, und die neuen Regeln sind Kindern und Jugendlichen kaum vermittelbar.“
In dieser Woche hat sich die Inzidenz in Essen unter Fünf- bis Neunjährigen von 34,1 (Montag, 25. Oktober, erster Schultag nach den Herbstferien) auf 189,5 (Mittwoch, 27. Oktober) mehr als verfünffacht. „Die haben sich alle zu Hause während der Ferien angesteckt“, berichtet Nicole Brandenberg, Leiterin der Schiller-Grundschule in Schonnebeck. Ihre Schule zählt derzeit acht positive, registrierte Fälle. Die Inzidenz in Essen ist auch bei den Zehn- bis 14-Jährigen gestiegen – von 59,0 (Montag) auf 129,7 (Mittwoch).
„Das wird ein ständiges Auf- und Absetzen“, befürchtet ein Schulleiter
Doch das Land macht jetzt trotzdem wahr, was schon vor den Herbstferien in den Raum gestellt worden war: Ab Dienstag müssen Kinder und Jugendliche an den Schulen die Maske nur noch dann aufsetzen, wenn sie im Schulgebäude oder in der Klasse unterwegs sind – auf ihrem Weg zum Sitzplatz, zur Toilette oder in die Pause. „Das wird ein ständiges Auf- und Absetzen“, befürchtet Berthold Urch, Sprecher der Essener Gymnasialleiter und Chef des Alfred-Krupp-Gymnasiums in Frohnhausen. Die jetzt getroffene Entscheidung des Schulministeriums sei „kontraproduktiv“; ein Ende der Maskenpflicht hätte zumindest verschoben werden sollen auf einen Zeitraum, in dem die Infektionszahlen wieder sinken. Auch er kritisiert, dass die jetzt verkündete Regelung kaum praktikabel sei: „In vielen Unterrichtsphasen muss die Maske dann doch aufgesetzt werden – zum Beispiel, wenn Schülerinnen und Schüler ihre Plätze für Gruppenarbeit verlassen.“
Für Lehrerinnen und Lehrer gilt ab Dienstag: Maskenpflicht herrscht nur dort, wo 1,50 Meter Mindestabstand nicht eingehalten werden können. „In der Praxis wird es so sein, dass die Kollegen ihre Maske aufbehalten werden“, prognostiziert Urch. Kontinuierlich Abstand zu halten zu Schülern, entspreche nicht der Realität.
Grundschulen geben zu bedenken: Masken stören Kinder sehr bei der Konzentration
Jedem Beteiligten steht es im Übrigen weiter frei, eine Maske auch am Sitzplatz aufzubehalten. „So wird die Verantwortung wieder mal an Schüler und Eltern abgegeben“, kritisiert Jutta Reimann, die Leiterin des Mädchengymnasiums Borbeck. „Mittlerweile kommen alle gut mit der Maske zurecht, und es gibt keine Beschwerden mehr.“
Mit „gemischten Gefühlen“ betrachtet Annett Franzke-Dohrmann, Leiterin der Helene-Lange-Realschule in Steele, die Ankündigung des Schulministeriums. „Einerseits freuen wir uns darauf, den Schülerinnen und Schüler endlich wieder ins ganze Gesicht schauen zu können“, sagt die Pädagogin. „Andererseits bleibt bei Vielen ein Unbehagen.“
Differenziert sehen die Situation auch einige Beteiligte an Grundschulen: „Für die Kinder ist das Ende der Maskenpflicht erst mal positiv, denn ihre Konzentrationsfähigkeit leidet unter dem dauernden Tragen spürbar“, sagt Christiane Gühmann, Leiterin der Karl-Grundschule in Altenessen. Trotzdem müsse man das Ende der Maskenpflicht sicher „mit Vorsicht“ behandeln. Klar ist auch, dass in gemischten Lerngruppen wie dem Religionsunterricht, in dem nicht alle Kinder am gewohnten Platz sitzen, die Maske weiter aufbehalten werden muss.