Essen-Steele. Vom Arschleder bis zum Mutterklötzchen: Die Ausstellung Tschüss Kumpel zeigt den Alltag unter Tage und Ansichten längst verschwundener Zechen.

  • Die Ausstellung zum Bergbau im Essener Osten ist im Laurentiusstift zu sehen
  • Gezeigt werden Exponate von den Anfängen des Bergbaus bis zum Zechensterben
  • Zu den Ausstellungsstücken zählen Lohnbücher, Kohlestücke, Grubenlampen und viele Fotos

Längst verschwundene Zechen, alte Lohnbücher oder verschlissene Arschleder: Das alles zeigt eine neue Ausstellung zum Bergbau im Essener Osten. Der boomte einst, gefördert wurde die Kohle auf den Zechen wie Eintracht Tiefbau oder Johann Deimelsberg. Unter Tage gab Zusammenhalt und manches Unglück.

„Hitze, Enge, höllische Maschinen“, so beschreibt es eine Einleitung zur Ausstellung, es ist eine Arbeitsatmosphäre umgeben von Kohlenstaub, feuchter Luft und Dunkelheit, in der die Kumpel in bis zu 1000 Metern Tiefe die Kohle abbauen. Eindrucksvoll dokumentieren die Bilder den Alltag unter Tage, an der Kohlenwand oder an der Grubenbahn.

Grubenlampen, Geschichten und Figuren wie zur Heiligen Barbara

Von der Zeche Eintracht Tiefbau II mut dem Schacht Heintzmann in Essen-Freisenbruch (hier um 1910) ist kaum noch etwas geblieben.      
Von der Zeche Eintracht Tiefbau II mut dem Schacht Heintzmann in Essen-Freisenbruch (hier um 1910) ist kaum noch etwas geblieben.       © Steeler Archiv | Foto

„Erwähnt wurde der Bergbau etwa in Steele bereits 1581“, hat Ortshistoriker Klaus Geiser notiert, seine Ausstellung hat er schon vor rund zwei Jahren geplant. Dann kam Corona, so dass Ausstellungsstücke wie Grubenlampen, die Geschichten und Figuren wie zur Heiligen Barbara und die vielen Bilder der Zechen und Kumpel erst jetzt gezeigt werden können. Recherchiert hat der Ortshistoriker im Steeler Archiv (er selbst ist Mitglied), hat zahlreiche seiner eigenen Exponate ausgestellt. Zudem standen ihm die Mitglieder des benachbarten Heimatgeschichtskreises Eiberg zur Seite.

„Entdeckt wurde in Eiberg 1852 ein mächtiger Kohleflöz in der Wiese von Bauer Siepmann im Tal der Schirnbecke“, steht auf einer Tafel zu lesen. Noch im gleichen Jahr entstand die Zeche Jacob, der Zechenbahnanschluss folgte 1871. Nach einer wechselvollen Geschichte, zu der die Einstellung des Zechenbetriebs 1879 und die Gründung der „Gewerkschaft des Steinkohlebergwerks Eiberg“ zählen, kam es zur Konsolidation der Grubenfelder Jacob, Fridolin, Der Freibeuter, Mecklingsbank ins Westen und Viktoria, diese ergab das Grubenfeld Eiberg.

Von Katastrophen unter Tage zeugen die Berichte auch

Öffnungszeiten und Zusatz-Veranstaltungen

Die Ausstellung „Tschüß Kumpel - Steele und der Bergbau“ ist im Laurentius-Quartier, Laurentiusweg 49, noch bis zum 14 November täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Es gilt die 3 G-Regel und eine Maskenpflicht.Geplante Zusatz-Veranstaltungen: 25. Oktober., 15.15 Uhr: Filmnachmittag „Die Steinkohle“; 3. November, 15.15 Uhr: Lesung „Sagen und Geschichten vom Bergbau“ (Arnd Hepprich); 14. November, 11 Uhr: Frühschoppen mit Eintopf; Führungen für Gruppen nach Absprache unter 0201/522226 (Klaus Geiser).

Drei Bilder zeigen die Zeche Eiberg in den 1950er Jahren. Da war sie in der Zwischenzeit längst stillgelegt worden und sollte wieder hergerichtet werden. 1953 starben bei diesen Arbeiten acht Bergleute. Auch von diesen Katastrophen zeugen Berichte, die in den Archiven neben Lohnbüchern von 1946, den Steiger-Journalen aus dem Jahr 1911 oder dem Haueranwärterbuch erhalten geblieben sind.

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In Eiberg folgte auf dem Zechengelände schließlich Wohnraum, während das Gelände der Zeche Eintracht Tiefbau in Freisenbruch an die Familie Velten ging, die hier ihre Fettfabrik mit weltweiten Importen errichtete. Auf Bildern gibt es einen Blick von Norden auf das frühere Zechengelände um 1910, auf dem lediglich noch Zeitzeugen wie ein Turm stehen geblieben sind.

Die Ausstellung verbindet Bergbauhistorie mit Stadtteilgeschichte

Beim Aufbau der Ausstellung über den Bergbau im Essener Osten: Klaus Geiser (r.) und Einrichtungsleiter Michael Maßmann im Laurentiusstift.
Beim Aufbau der Ausstellung über den Bergbau im Essener Osten: Klaus Geiser (r.) und Einrichtungsleiter Michael Maßmann im Laurentiusstift. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Aus den 1950ern stammt das Foto der Zeche Wohlverwahrt. Die Sprengung des Förderturms der Zeche Johann Deimelsberg erfolgte 22 Jahre zuvor, dokumentiert auf einem Bild, das im Vordergrund das Waisenhaus der Fürstin-Franziska-Christine-Stiftung an der Steeler Straße zeigt.

Hinzu kommen Bilder von Kleinzechen wie Hinderfeld in Eiberg, benannt nach dem Bauern, der hier zunächst einen Stollen im Waldstück betrieb. Weiter geführt wurde sie als Schacht „in der Nähe der neuen Eibecke am Eckstück des Ackers ,Im Stapel’“. Bis 1960 förderte sie erst Anthrazit-, dann Fettkohle. Es war übrigens auch der Hof Hinderfeld, auf dessen Gelände sich der Stall für Zechenpferde befand – und das bereits im 19. Jahrhundert.

So verbindet die Ausstellung Bergbauhistorie mit Stadtteilgeschichte, berichtet von den Anfängen und den erfolgreichen Jahren bis zum Niedergang verbunden mit dem Zechensterben. Einen harten Einschnitt etwa erlebte die Stadt Steele, als die Wirtschaftskrise nach dem ersten Weltkrieg den Wegzug von rund 3000 Bergleuten bedeutete, die ihre Arbeit verloren hatten: auf den Zechen Vereinigte Johann Deimelsberg und Eintracht Tiefbau. Zwar wurde in Horst noch die Zeche Wohlverwahrt neu gegründet, aber schon 1962 war auch hier Schluss.