Essen. Andrea Pousset sieht als Kandidatin im Essener Norden Potenzial für die AfD. Das Klima sei für ihre Partei dort vergleichsweise günstig.

Wer Straßenwahlkampf macht, braucht ein dickes Fell, das ist nichts Neues. Das gilt in besonderer Weise für Kandidaten der AfD, die meist härteren Widerspruch ernten als Vertreter anderer Parteien. Andrea Pousset kann aber in Stadtteilen Wahlkampf machen, in denen das Klima für ihre Partei nach ihrer Wahrnehmung vergleichsweise günstig ist. „In Rüttenscheid ist es am schlimmsten“, sagt sie.

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Ein Wort wie „Nazi-Schlampe“ komme aber auch im Norden einigen leicht über die Lippen. „Ich würde über wahre Nazis ja gerne mal aufklären, aber dazu komme ich bei diesen Menschen meist nicht“, klagt die 59-Jährige, die früher als angestellte Lehrerin an einem Gymnasium Englisch und Italienisch unterrichtete, zurzeit aber abgesehen von kleineren Lehr-Jobs nur Politik macht.

Andrea Pousset kommt aus einem linken Elternhaus und war Mitglied der SPD

Pousset kommt aus einem betont linken Elternhaus und war selbst zwei Jahrzehnte Mitglied der SPD. Die aus ihrer Sicht verfehlte Integrations- und Bildungspolitik, über die man in der SPD nicht offen habe diskutieren können, führte dann vor einigen Jahren zum Parteiwechsel. Diese beiden Themen sind es auch, mit denen sie zu punkten versucht. Es sei beispielsweise unerträglich, dass in Deutschland 300.000 Ausreisepflichtige nicht abgeschoben würden. Als ausländerfeindlich sehe sie sich deshalb aber keineswegs. Wie hält Pousset es mit den „Flügel“-Leuten um Björn Höcke? „Ich werde immer wieder zu diesem Mann gefragt, dem ich noch nie begegnet bin“, sagt sie ausweichend, um dann zu bekennen, dass sie politisch „eher“ Höckes parteiinternem Antipoden Jörg Meuthen nahesteht. Ihr Einzug in den Stadtrat scheiterte bei der Kommunalwahl vor einem Jahr knapp, dennoch spielt sie bei der eher betulich auftretenden Essener AfD eine durchaus aktive Rolle.

Eine Ausgrenzungsstrategie gegen ihre Partei empfindet Pousset als demokratiefeindlich

Andrea Pousset hat den Eindruck, mit ihren Thesen im Norden mehr Anklang zu finden, weil sich hier die Probleme konzentrierten. Das gelte auch für die Schulen, die durch die Bank mehr Lehrer und Sozialarbeiter benötigten. Als demokratiefeindlich empfindet sie die Ausgrenzungsstrategie gegenüber ihrer Partei und gegen sie persönlich. Als vor einigen Wochen in Altenessen öffentlich über den Krankenhausentscheid diskutiert wurde, saß die DKP mit am Tisch, nicht aber die AfD. „Die Kommunisten sind wohlgelitten, wir aber nicht. Das muss man sich mal vorstellen.“

Andrea Pousset ist verheiratet, hat einen erwachsenen Sohn und lebt auf der Margarethenhöhe.