Laut Bezirksregierung hätte die Stadt Essen keine Baugenehmigung erteilen dürfen. Die Stadt widerspricht, eine Initiative wittert Spekulation.
Sie sehen einander zum Verwechseln ähnlich, die drei Doppelhäuser an der Raadter Straße in Haarzopf. Moderne Bauten, wie sie vielerorts entstehen in dieser Stadt. Doch diese drei dürften dort gar nicht stehen, die Baugenehmigung wurde zu Unrecht erteilt.
Zu dieser Rechtsauffassung kommt die Bezirksregierung Düsseldorf, wie diese der Bürgerinitiative „Finger weg von Freiluftflächen“ in einem Schreiben mitteilt.
Die Kommunalaufsicht bestätigt damit den Vorwurf der Bürgerinitiative, dass die Doppelhäuser illegal errichtet wurden. Stehen die Häuser doch im so genannten Außenbereich. Der Regionale Flächennutzungsplan weist das Grundstück als „landwirtschaftliche Nutzfläche“ aus.
Mit diesem Hinweis hatte die Stadt Essen eine Bebauung in der Vergangenheit stets abgelehnt. Mehrere Bauanfragen waren zuvor zurückgewiesen worden. „Und das völlig zurecht“, wie Jörn Benzinger als Sprecher der Bürgerinitiative betont.
Auch dem Investor, der die drei Doppelhäuser schließlich hochgezogen hat, sei vom Bauordnungsamt zunächst mitgeteilt worden, dass sein Bauvorhaben nicht genehmigungsfähig sei. Umso unverständlicher, dass die Bebauung dann doch für zulässig erklärt wurde. Die Stadtverwaltung erlies einen „planungsrechtlichen Vorbescheid“ zugunsten des Investors. „Von den zuvor ablehnenden Gründen ist nichts mehr zu lesen“, wundert sich Benzinger.
Der BI-Sprecher verspürt nach eigenen Worten einen „massiven Beigeschmack“. Benzinger schwant nichts Gutes. Will der Investor doch gleich nebenan ein ganzes Neubaugebiet errichten. Bis zu 180 Wohneinheiten sollen auf dem Gelände einer ehemaligen Gärtnerei und eines längst aufgegeben Tennisplatzes entstehen, was die Bürgerinitiative unter allen Umständen verhindern will. Die Initiative habe Kontakt zu Anwälten. Die Kasse sei gut gefüllt.
„Wir sehen die Gefahr, dass der Außenbereich Stück für Stück erobert wird“, sagt Benzinger. Die drei Doppelhäuser sind aus Sicht der Bürgerinitiative dort nur ein Anfang. Dass die Baugenehmigung gar nicht hätte erteilt werden dürfen und dennoch erteilt wurde, wertet die Haaropfer BI als einen Beleg für einen allzu freundlichen Umgang mit Investoren. Benzinger spricht von „Bodenspekulanten“.
Der Ton wird also rauer, seit die Stadt die 3,6 Hektar große Fläche an der Raadter Straße/ Ecke Eststraße in das Arbeitsprogramm der Bauleitplanung aufgenommen hat. So hatte es der Rat der Stadt im Dezember 2019 beschlossen. Um eine Wohnbebauung möglich zu machen, will die Stadt nun einen Bebauungsplan aufstellen und dafür den Regionalen Flächennutzungsplan ändern. Sollte die Rechtsauffassung der Bezirksregierung zutreffen, wonach die Stadt den Bau der drei Doppelhäuser nicht hätte genehmigen dürfen, wäre auch dieser Fehler durch die Änderung des Flächennutzungsplanes geheilt.
Verwaltung spricht von einer„Aufwertung des Bereichs“
Die Planungsverwaltung sieht sich aber ohnehin rechtlich auf der sicheren Seite. Das Bauvorhaben sei erst genehmigt worden, nachdem der Investor seine Pläne überarbeitet und sich auch dazu bereiterklärt hatte, die durch die ehemalige Gärtnerei versiegelte Fläche zu entsiegeln, was auch geschah. Die Verwaltung spricht von einer „Verbesserung der landschaftlichen Situation“ und von einer „Aufwertung des Bereichs“.
Die Bezirksregierung gibt sich damit noch nicht zufrieden. Sie hat die Stadt aufgefordert, das Für und Wider einer Bebauung aufzulisten. Die Baugenehmigung zurückzunehmen – dies hatte die Stadt abgelehnt. Dass die Doppelhäuser wieder abgerissen werden könnten, ist auszuschließen. Hatten die heutigen Eigentümer die Immobilien doch erst erworben, nachdem der Investor die Baugenehmigung erhalten hatte.
Flächen für den Wohnungsbau
Der Ratsausschuss für Stadtplanung und Bauordnung hat im Dezember 2019 sieben Flächen festgelegt, die bebaut werden sollen. Die Fläche an der Raadter Straße/Eststraße ist eine davon. Der Ausschuss zog damit einen Schlussstrich unter das Bürgerbeteiligungsverfahren „Wo wollen wir wohnen?“, bei dem über rund 100 Flächen in Kleingruppen diskutiert worden war. Grüne und Linke hatten sich im Fachausschuss gegen eine Wohnbebauung an der Raadter Straße ausgesprochen.