Essen. Der Inhaber eines Essener Restaurants wütet auf Facebook: Am Sonntag endete ein Wahlkampfauftakt im „Löwen“ im Streit. Worum es dabei ging.
Im Netzwerk Facebook macht Löwen-Inhaber Lars Becker seinem Unmut Luft – „heute muss ich mal richtig Dampf ablassen“, schreibt der Inhaber des Restaurants am Kopstadtplatz in der Innenstadt. Stein des Anstoßes war ein Streit in dem Lokal am Sonntagabend – es ging um Maskenpflicht und etliche Aufkleber mit impfkritischen Inhalten.
Lars Becker berichtet im Gespräch mit unserer Redaktion, dass eine Reservierung für 10 bis 15 Personen angenommen wurde, zwei Tische im Biergarten waren vorgesehen. Die Tische hatte Volker Wild bestellt, Vorsitzender des Vorstands der Partei „dieBasis“ in Essen. Dieser bestätigt das auf Anfrage. Die Partei – für die Wild als Direktkandidat für den „Wahlkreis 120, Essen III“ bei der Bundestagswahl antritt – hatte am Sonntag ihren Wahlkampfauftakt auf dem Hirschplatz. Danach sollte es zum gemeinsamen Abendessen in den Löwen gehen.
Es sei keine Parteiveranstaltung gewesen, auch „Redner, Musiker und Gäste“ seien neben Parteimitgliedern in das Restaurant am Kopstadtplatz gekommen. Nur für den Vorstand der Partei gesprochen, demnach also ausdrücklich nicht für andere Parteimitglieder, sagt Wild: „Wir bedauern den Vorfall außerordentlich.“
Corona-Kritiker traten „provokativ und arrogant“ auf
Den „Vorfall“ beschreibt Löwen-Betreiber Lars Becker: „Jeder aus der Gruppe, der reinkam, musste aufgefordert werden, Maske zu tragen“, berichtet Becker. Außerdem sei es nicht bei den 10 bis 15 Personen geblieben, für die die Reservierung ursprünglich gemacht wurde, am Ende seien es fast 40 gewesen.
Die Gruppe sei „provokativ und arrogant“ in ihren Äußerungen aufgetreten. Zudem hätte das Personal bei jedem Toilettengang auf die Einhaltung des Mund-Nasenschutzes hinweisen müssen, meist sei das aber ignoriert worden.
Becker selbst sei an diesem Abend zwar nicht vor Ort gewesen, sehr wohl aber sein Stellvertreter. Dem sei „die Sache zu bunt geworden“ und er hätte sich im Biergarten lautstark Gehör verschafft, um auf die „ständigen Provokationen“ zu reagieren und darauf hinzuweisen, dass das Nicht-Einhalten der Corona-Maßnahmen so nicht gehe.
Aufkleber mit impfkritischen Parolen im Restaurant verteilt
Im Anschluss daran sei einer aus der Gruppe aufgestanden – ohne Maske zu tragen –, um die Toilette aufzusuchen. Beckers Stellvertreter hätte eine Bescheinigung für die Befreiung sehen wollen, der Mann soll sich geweigert haben, ein solches Dokument zu zeigen.
Zudem seien nun Aufkleber mit impfkritischen Inhalten geklebt worden, zum Beispiel mit dem Titel „Gib Gates keine Chance“, in Anspielung auf eine Corona-Verschwörungstheorie um den Microsoft-Gründer. „Die Aufkleber waren auf Möbeln, Toiletten, einem anderen Kellner ist einer auf die Lederhose geklatscht worden“, erzählt Lars Becker.
Angesprochen auf die Aufkleber-Vorwürfe sagt „dieBasis“-Vorstandsvorsitzende Volker Wild: „Zu den Aufklebern kann ich nichts sagen, das habe ich persönlich nicht gesehen.“ In seinem Facebook-Posting bezeichnet Löwen-Chef Lars Becker „dieBasis“ als „Corona-Leugner und Impfgegner“. Dazu sagt deren Vorstandsvorsitzende Volker Wild: „Der pauschale Vorwurf – ‘das sind alles Impfgegner’ – stimmt nicht.“
In der offiziellen Pressemappe wird Wild wie folgt zitiert: „Die Gesundheits-Institutionen des Staates – wie das Robert Koch-Institut und das Paul-Ehrlich-Institut – sind nicht unabhängig, sondern vom Gesundheitsminister weisungsabhängig.“ Außerdem sei er der Meinung, „dass alle Corona-Maßnahmen unverhältnismäßig sind und waren und sofort beendet werden müssen“.
Löwen-Personal ruft die Polizei Essen
Nachdem die Aufkleber geklebt worden waren, rief das Löwen-Personal die Polizei. Als diese eintraf, hatte der Großteil der Gruppe die Lokalität bereits verlassen. Einige offenbar, ohne zu zahlen. Unter der Woche schaute Lars Becker die noch offenen Rechnungen durch. „Offen sind drei Essen: Rotkäppchenschnitzel, Käsespätzle, ein großer Salat – außerdem vier Getränke. Insgesamt: 55,70 Euro.“
Dazu sagt Volker Wild: „Jeder hat für sich bezahlt.“ Es sei keine Parteiveranstaltung gewesen, jeder also für sich verantwortlich. Einige hätten sogar Trinkgeld bezahlt. Zudem sei Zechprellerei nicht bei der Polizei angezeigt worden. Das bestätigt wiederum Löwen-Betreiber Lars Becker. „Gegen wen soll ich denn auch Anzeige stellen? Das ist ja albern.“ Am Dienstag habe er sich aber dazu entschlossen, eine Anzeige wegen der Aufkleber und somit Sachbeschädigung zu stellen.
Zehn Personen konnten Maskenbefreiung vorlegen
Als am Sonntagabend drei Streifenwagenbesatzungen vor Ort eintrafen, hatte der Großteil der Gruppe die Lokalität bereits verlassen. Die Beamten seien vor dem Lokal noch auf circa zehn Personen getroffen, „alle trugen keine Masken“, so Polizeisprecher Marco Ueberbach. Aufgrund der Vorwürfe habe man Bescheinigungen für die Maskenbefreiung sehen wollen, welche die Personen auch hätten vorlegen können. Da die Polizei zu dem Zeitpunkt keine Corona-Verstöße feststellen konnten – sie waren wegen des Vorwurfs des Hausfriedensbruchs ausgerückt –, wurde der Einsatz beendet.
Ein Nachspiel hatte der Abend für Löwen-Inhaber Lars Becker und sein Restaurant im Internet. Bei Google hätten sich negative Bewertungen gehäuft. Einige davon seien nach Kontakt mit dem Internetriesen bereits gelöscht worden, so Becker.
>>> INFO: „dieBasis“
- Die „Basisdemokratische Partei Deutschland“ (kurz: „dieBasis“) ist in der Corona-Krise gegründet worden und hat deutschlandweit nach eignen Angaben deutschlandweit 25.000 Mitglieder.
- Soziologen der Universität Basel haben im Dezember eine Studie veröffentlicht. Darin heißt es, dass „dieBasis“ besonders bei den sogenannten Querdenkern beliebt ist – demnach würden von diesen 18 Prozent „dieBasis“ wählen.