Essen-Stoppenberg. Eine neue App führt in Essen über das Gelände der Zeche Zollverein. Die Funktionen sind innovativ, aber nicht ganz ausgereift. Ein Testrundgang.

Die Zeche Zollverein in Essen kann jetzt auch mit dem Smartphone erkundet werden. Seit Januar gibt es eine kostenlose App, die über das Areal führt – mit Navigation, Informationen und virtuellen Effekten. Wer einen digitalen Rundgang macht, kann die Kohlewelt aus vergangenen Tagen erleben. Die kleine Zechentour ist zwei Kilometer lang.

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Der Startpunkt ist variabel, beim Test geht es am Förderturm los. In der App erscheint das dreidimensionale Gelände aus der Vogelperspektive. Der Weg ist rot gekennzeichnet. Bei Bewegung läuft ein kleiner Avatar im Kumpel-Look auf dem Bildschirm los. Auf dem Weg von Schacht XII im Osten bis zur Koksofenbatterie am anderen Ende gibt es viele Orte zu entdecken. „Die Orientierung auf dem Gelände kann eine echte Herausforderung sein“, sagt Stefan Römer von der Stiftung Zollverein.

Tour führt über das gesamte Gelände

Mit einhundert Hektar ist die Fläche so groß wie 140 Fußballfelder. Im Mittelpunkt der App steht deshalb die Navigation. In der digitalen Karte sind auch kleine Pfade zu sehen. Der eigene Standpunkt wird über GPS markiert. Nähert sich der Avatar einem Ort auf der Karte, tauchen Informationen auf. „Die Kohle wurde früher aus 1000 Metern Tiefe nach oben befördert“, steht zum Beispiel in einem Text über den Förderturm. An einem Geländemodell in der Nähe öffnet sich automatisch der Kameramodus. Am Rand der stählernen Miniaturwelt gibt es einen Aufkleber mit QR-Code, der gescannt werden kann. Dann ist der Doppelbock in der digitalen Ansicht zu sehen und die roten Seilscheiben drehen sich. An einer anderen Stelle legt sich eine Luftbildaufnahme von Zollverein auf die Miniaturwelt vor Ort.

Neue Perspektiven auf die Zeche Zollverein: Autorin Janina Abendroth testet das neue Angebot in Essen.
Neue Perspektiven auf die Zeche Zollverein: Autorin Janina Abendroth testet das neue Angebot in Essen. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Trotz genauer Ortung ist es ab und zu schwierig, die QR-Codes an den Augmented-Reality-Stellen zu entdecken, denn manche sind leicht zu übersehen. Zwischen Halle 5 und 6 etwa klebt ein kleiner Zettel auf einem unscheinbaren Pfeiler auf Hüfthöhe. Einmal gefunden und gescannt, qualmt der Turm auf dem Bildschirm wie in vergangenen Zeiten. Beim Laufen wird angezeigt, wo sich das nächste Ziel befindet, mit Meter- und Zeitangabe. Auch Zoomen ist in der Ansicht möglich. Aber die Details über die Orte öffnen sich nur, wenn der kleine Kumpel am nächsten Punkt angelangt ist. „Um die Informationen zu sehen, muss man sich bewegen. Dadurch erkunden die Besucher die Zeche ganz anders“, erklärt Römer, der am Konzept der App beteiligt ist.

App für Zollverein soll noch verbessert werden

Es geht vorbei an Maschinenhallen über stillgelegte Bahngleise mit blühendem Flieder. Alle paar Meter gibt es neue Einblicke in die Gebäude, Anlagen, Gastronomien und Firmen auf der Zeche. Nicht nur Texte über die historische Nutzung werden angezeigt, sondern auch aktuelle Events in Kalenderform. Die Bedienung der App ist einfach und sie führt zielsicher über das Gelände, stürzt aber manchmal ab. Dann ist der bereits gelaufene Weg nicht mehr gespeichert und die Route muss neu gestartet werden.

An vielen Stellen auf dem Gelände fehlen die QR-Codes. „Fast täglich werden Aufkleber abgeknibbelt und Schilder abgetreten. Vandalismus ist hier leider ein großes Thema“, so Stefan Römer zur misslichen Lage am Standort. Für die Zukunft sind deshalb Geländemodelle mit eingefrästen QR-Codes geplant, die nicht mehr beschädigt werden können. Viele andere Ansätze funktionieren aufgrund des Denkmalschutzes nicht. Auch die App soll weiterentwickelt werden.

„Wir arbeiten fleißig an der Verbesserung“, sagt der Leiter der Abteilung Strategie, Marketing und Innovation. Im Herbst startet die Stiftung mit der Produktion einer Audio-Tour. Im nächsten Jahr können sich Besucher den Rundgang dann auch anhören. Die bisherigen Funktionen sind innovativ und animieren tatsächlich zum Entdecken. Erlebt wird der Standort aber vor allem durch den Bildschirm. Also ab und zu mal aufblicken und das Gelände mit den eigenen Augen scannen nicht vergessen. Die App diene als virtueller Wegweiser und solle keine persönlichen Führungen ersetzen, so Römer.

  • Mehr Informationen und Links zu der Zollverein-App gibt es auf www.zollverein.de/application.
  • Auch die Actionbound-App bietet digitale Führungen über das Gelände auf Zollverein, zum Beispiel eine Schnitzeljagd mit kniffligen Aufgaben.
  • „Die Kosten der App liegen im niedrigen sechsstelligen Bereich“, so Stefan Römer. Fördergeber sind die Stiftung Zollverein und das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung NRW. Die europäische König-Baudouin-Stiftung hat die Entwicklung der App mit 20.000 Euro unterstützt.
  • Die App wurde in Zusammenarbeit von Stiftung Zollverein und Accenture entwickelt. Die Beratungsfirma hat ihr „Industry X“ Innovationszentrum auf dem Zechengelände.