Essen. Wirt Siri Malin lebt in einem Haus am Werdener Ruhrufer, das stark durchnässt wurde, Teile des Equipments sind zerstört. Aufgeben will er nicht.
An diesem Bierwagen wird keiner mehr ein gut Gezapftes trinken. So mag mancher gedacht haben, der von der Gustav-Heinemann-Brücke aus das Gefährt mit der Stauder-Reklame in den Fluten liegen sah. Tatsächlich hat Mali Sirin, Inhaber des Biergartens „Werdener Wiesen“, diesen Wagen und einen weiteren abgeschrieben, den dritten und wichtigsten konnte er aber mit Hilfe eines Bauern retten, der diesen in letzter Minute mit einem Traktor aus der Gefahrenzone zog. Eine der vielen Geschichten von Elend und Hilfsbereitschaft, die die Flut schreibt.
„Es ging alles so schnell, wir hatten keine Chance“, erinnert sich Mali Sirin an die dramatische Nacht auf Donnerstag. „Alle fünf Minuten war das Wasser wieder ein Stück höher gekommen.“ Selbst mit vereinten Kräften von Freunden sei nichts mehr zu machen gewesen.
Von den Biertisch-Garnituren hängen einige an einem Baum, 200 Meter weiter im Fluss
Nicht nur die Wagen waren verloren, auch seine Biertisch-Garnituren habe er nicht mehr in Sicherheit bringen können. Einige hängen 200 Meter weiter auf der anderen Seite der Brücke an einem Baum, der das Abtreiben aufhielt, andere dürften wohl schon in Richtung Nordsee unterwegs sein.
Seit 13 Jahren wohnt der Gastronom in einem der zwei bei Hochwasser wohl meist gefährdeten Häusern in Werden: Joseph-Breuer-Straße 35 und 37 haben ihre Hauptausgänge Richtung Ruhrufer, das Wasser stand mindestens zwei Meter im Kellergeschoss, es schien nicht ausgeschlossen, dass auch die erste Wohnetage in Gefahr geriete.
Über die höher gelegene Hintertür konnten die Bewohner noch knapp das Haus verlassen
Soweit kam es zum Glück dann nicht, über die höher gelegene Hintertür konnten die Bewohner auch jederzeit das Haus verlassen. „Aber es fehlte nur eine Stufe und wir wären gefangen gewesen“, sagt Feli Ammer, eine andere Hausbewohnerin, die wie Sirin mit Aufräumungsarbeiten beschäftigt ist. Mit Entschädigung rechnet der Gastronom nicht, Aufgeben komme aber nicht in Frage. In seinem Biergarten will er demnächst wieder Gäste begrüßen.
Vermutlich wird es noch etwas dauern, bis das Ufer-Gelände wieder nutzbar ist. Zwar tritt das Wasser im Laufe des Freitag in Werden fast so schnell den Rückzug an wie es gekommen ist, die Flut hinterlässt aber verschlammte und vermüllte Wege, abgerissene Bänke und verbogene Papierkörbe.
Historische Schleusentore an der Neukircher Mühle sind zerstört
Bis die Brehm-Insel, Werdens beliebtes Freizeitgelände, wieder betretbar ist, steht ebenfalls in den Sternen. Überall im Stadtteil aber werden eifrig Schäden behoben. Fachfirmen pumpen im Auftrag der Stadt die vollgelaufenen Keller des Gymnasiums und des Hallenbades aus, das vorläufig geschlossen bleiben muss. Auch aus Privathäusern ragen Schläuche, Putzeimer werden geschwungen.
Ein bitterer Verlust ist an der uralten Schleuse Neukirchen zu beklagen. Die Wucht des Wassers hat eines der beiden historischen Schleusentore zerstört, das andere ganz aus seiner Verankerung gerissen – und wohl auf Nimmerwiedersehen davon getragen.