Essen. Leinen los, aber unfreiwillig: Die Jahrhundert-Flut lässt Essens Baldeneysee-Schiff der ersten Stunde und manches andere untergehen.

Wasser, das ist eigentlich ihr Element. Doch als sich die Ruhr am Donnerstag binnen Stunden zu einem reißenden Strom verwandelt, da wirkt selbst die gute alte „Moornixe“ hilflos: Das historische Fahrgastschiff, das im Mai 1933 als erstes Gefährt der damaligen „Verkehrsgesellschaft Baldeney“ über den neu angelegten Essener See schipperte und mit neuem Besitzer grundsaniert zu neuen Ufern aufbrechen wollte – es prallt getragen von der Jahrhundertflut mit voller Wucht gegen das Wehr in Mülheim. Und taucht binnen Sekunden unter.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von Facebook, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Eigentümer Heinz Hülsmann erfährt auf einer Dienstreise in Bayern von dem Unglück: „Das ist der Super-Gau“, seufzt er am Telefon, und klingt dabei ebenso niedergeschlagen wie ratlos: „Das schlimmste Szenario, das ich mir vorstellen konnte. Damit habe ich nicht gerechnet.“

Der erneute Einsatz auf dem Baldeneysee stand kurz bevor

Wie auch: Sie waren auf so gutem Weg, das bei Ebay ersteigerte Kultschiff wieder flott zu machen; hatten den Motor überholt und eine Solaranlage aufs Dach gesetzt, den Schiffsboden auf Vordermann gebracht und den ersten von zwei Außenanstrichen erledigt. Noch eine neue Plane, und dann hätten sie auch für Fahrten auf dem Baldeneysee wieder den Anker gelichtet. Ein Junggesellenabschied vergangene Woche diente als eine Art Generalprobe, und für Sozialprojekte der Brost-Stiftung waren bereits 20 Fahrten fest eingeplant.

Für Heinz Hülsmann ist jetzt „das schlimmste Szenario eingetreten, das ich mir vorstellen konnte“. Die „Moornixe“ ein Wrack, die Arbeit umsonst, ein Traum geplatzt.
Für Heinz Hülsmann ist jetzt „das schlimmste Szenario eingetreten, das ich mir vorstellen konnte“. Die „Moornixe“ ein Wrack, die Arbeit umsonst, ein Traum geplatzt. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

All dies geht am Donnerstag gegen 14 Uhr buchstäblich den Bach runter, und schuld ist wohl ein von der Flut herangeschwemmter stattlicher Baum, der die am Mülheimer Ruhrufer per Festmacher-Boje ankernde „Moornixe“ frontal trifft und mitreißt. Dokumentiert hat die Szene ein zufällig vorbeiradelnder Mülheimer, der wenig später auch filmt, wie das Schiff führerlos in Richtung des Mülheimer Wehrs trudelt, mit voller Wucht gegen die Walze prallt und Sekunden später kentert.

podcast-image

Wo die reißenden Fluten die Wrackteile hinspülten, ist noch unklar

Im ersten Moment scheint es dabei, als wolle sich das Schiff partout nicht geschlagen geben: Im Video ist noch zu sehen, wie Sekunden später der Bug auf der anderen Seite des Wehrs senkrecht aus dem Wasser schnellt, bevor eine Wasserfontäne wie bei einem Wal meterhoch Gischt versprüht – so, als hauche die „Moornixe“ gerade ihren letzten Atem aus.

Wie viel von ihr noch übrig ist, wo die reißenden Fluten die Wrackteile hingespült haben, muss einstweilen offen bleiben: Bis zum Freitagabend hat bei der Wasserschutzpolizei keiner den Fund gemeldet und auf die Suche gehen kann die Patrouille nicht: Erst muss der Pegel spürbar zurückgehen, dann werde man schon sehen. Oder auch nicht, wenn die größten Teile auf Grund gelaufen sind.

Die Versicherung fürs Schiff? Als wenn dies das größte Problem wäre

Bei der Rheinisch-Westfälischen Wasserwerksgesellschaft (RWW) in Mülheim versichert man, dass die Walze am Wehr „auf den ersten Blick keine Schäden davongetragen hat“. Und das Schiff? Ja doch, es war versichert. Aber Heinz Hülsmann klingt nicht wie jemand, der darüber sonderlich erleichtert scheint, denn erstens ist fraglich, ob nach einem solchen Unwetter der Schaden auch ersetzt wird, und zweitens gibt ihm niemand den Einsatz zurück, den er in Form von vielen Arbeitsstunden reingesteckt hat. „Was soll man machen?“, sagt Hülsmann, „et is, wie et is“.

Von Nixen heißt es, sie betörten häufig die Männer und zögen sie auf den Grund von Flüssen und Seen. Wenn man Hülsmann am Telefon so hört: Ja, könnte hinkommen.