Essen. 5000 Kilometer haben Romina Bauer und Stefan Heikaus aus Essen in den Beinen. Skandinavien beeindruckt sie, überraschend ist aber die Heimat.

Das Abenteuer der Weltreise per Fahrrad ist gestartet: Die Tage verbringen Romina Bauer und Stefan Heikaus auf dem Sattel, die Nächte meistens im Zelt. Aktuell steht es auf den Lofoten in Norwegen. Bis hierher sind die beiden Essener schon rund 5000 Kilometer geradelt. Ihr Traum von der großen Freiheit wird im hohen Norden wahr.

„Es ist recht schwer, hier eine Stelle für das Zelt zu finden, weil es so felsig ist“, sagt Heikaus. Doch sie haben einen Platz mit Aussicht gefunden, wie eigentlich immer am Ende des Tages. Der skandinavische Sommer ist bei der Schlafplatzsuche ohnehin gnädig, kein Einbruch der Dunkelheit drängt zur Eile. „Die Sonne geht einfach nicht unter, das hätte ich mir nicht so vorgestellt“, sagt Heikaus. Das Schlafen sei trotz der Helligkeit kein Problem, nach einem ganzen Tag auf dem Fahrrad komme die Müdigkeit ganz von selbst.

Papageientaucher und Schweinswale vor der Kamera

Etwa 75 Kilometer pro Tag hatte sich das Paar bei der Planung der Reise vorgenommen. Nach dem Start in Essen haben sie die auch meist zurückgelegt, in Skandinavien sinkt der Schnitt etwas. „Jetzt wird es von der Landschaft immer schöner und wir bleiben öfter stehen“, sagt Heikaus. Die beiden sind große Naturfans und fotografieren gerne. „Neulich an einem Fjord haben wir Schweinswale gesehen“, erzählt Bauer. Besonders beeindruckend sei es auf der norwegischen Insel Lovund gewesen. „Dort brüten tausende Papageientaucher.“

Auf der norwegischen Insel Lovund können die Essener Papageientaucher beobachten.
Auf der norwegischen Insel Lovund können die Essener Papageientaucher beobachten. © Bauer/Heikaus

Wo es besonders schön ist, bleiben die Radreisenden einfach länger. Diese Freiheit ist schließlich das, was sie auf ihrer Reise genießen möchten. Meist campen sie in der Natur, wenn sie duschen und Wäsche waschen wollen, nutzen sie entweder offizielle Campingplätze oder kommen per Couchsurfing bei Einheimischen unter. „Wenn wir dann abends mal auf einer Couch sitzen, schauen wir uns aber meist an und fragen uns, warum wir nicht in unserem Zelt sind“, sagt Heikaus und lacht. „Es ist unser neues Zuhause geworden.“

Die Nächte verbringen Romina Bauer und Stefan Heikaus meistens im Zelt. Auch wochenlangem Dauerregen hat es schon Stand gehalten.
Die Nächte verbringen Romina Bauer und Stefan Heikaus meistens im Zelt. Auch wochenlangem Dauerregen hat es schon Stand gehalten. © WAZ | Bauer/Heikaus

Gekocht wird auf einem Campingkocher, danach verbringen sie die Abende oft am Smartphone, posten Bilder auf Instagram, halten Kontakt zu Familie und Freunden daheim. Auch einen Blog unter dem Namen „Knufbergstravel“ schreiben die beiden, dort sind sie allerdings noch nicht in Norwegen angekommen. „Erst genießen, dann schreiben“ lautet die Parole. Schließlich reisten sie nicht in erster Linie fürs Publikum im Internet, sondern für sich selbst. Ganz klassisch mit Stift und Papier halten sie für sich selbst jeden Abend in einem Reisetagebuch fest, was sie erlebt haben.

Große Gastfreundschaft in Deutschland

Das Equipment hat die 32-Jährige und den 34-Jährigen bisher kaum im Stich gelassen, das Zelt hält auch im Dauerregen dicht und die speziellen Expeditionsräder laufen gut. Zweimal gab es einen Speichenbruch, zuletzt in Norwegen. „Ein Sportladenbetreiber hat das Rad kostenlos repariert und mir noch Werkzeug mitgegeben“, sagt Heikaus. In den ersten 81 Tagen der Reise haben die Essener viele offene Menschen getroffen und eine große Gastfreundschaft erlebt – vor allem auf den ersten Etappen in Deutschland. „Die deutsche Gastfreundschaft ist überwältigend“, sagt Heikaus. „Wir standen nur fünf Minuten am Radweg, da wurden wir schon eingeladen, das hätte ich nicht gedacht.“

Durchschnaufen am Straßenrand: Pause machen die Essener dort, wo es ihnen gerade am besten gefällt..
Durchschnaufen am Straßenrand: Pause machen die Essener dort, wo es ihnen gerade am besten gefällt.. © Bauer/Heikaus

Anfangs habe sich die Reise wie ein normaler Urlaub angefühlt, doch mittlerweile hätten beide realisiert, dass sie sich tatsächlich auf ihrer lang geplanten Weltreise befinden – geplant sind erst einmal drei Jahre. „Es ist eigentlich noch viel schöner als erwartet“, sagt Bauer. So lassen sich die beiden treiben, wollen als Nächstes in Richtung Nordkap fahren, durch Finnland und dann voraussichtlich nach Estland statt Russland. Die Route machen sie von Wetter, Laune und Einreisebedingungen abhängig. Im Frühjahr 2022 wollen sie in Portugal sein, um per Schiff nach Kanada überzusetzen.