Der Generalvikar des Bistums Klaus Pfeffer über den geordneten Rückzug bei den Firmenbeteiligungen, was er den Trägern zutraut – und was nicht.
EssenHerr Generalvikar, mit seinen Kleinstbeteiligungen auf karitativem Feld wollte das Bistum stets „mittendrin statt nur dabei“ sein. Jetzt folgt der geordnete Rückzug: ein Eingeständnis, dass Kirche sich da irgendwie verzettelt hat?
Klaus Pfeffer: Die Beteiligungen sind Ausdruck der Verbundenheit der unterschiedlichen katholischen Träger mit dem Bischof – und zugleich eine Form der Bischöflichen Aufsicht, die das Kirchenrecht für alle katholischen Einrichtungen vorsieht. Diese Form ändern wir jetzt. Das Eingeständnis, das wir damit verbinden, hängt vor allem mit den schwindenden Ressourcen des Ruhrbistums zusammen: Um unternehmerische Mitverantwortung in einem zunehmend komplexeren Sozial- und Gesundheitswesen ernsthaft wahrnehmen zu können, bräuchten wir wesentlich mehr personelle und fachliche Ressourcen in der Bistumsverwaltung.
Sie steckten jedenfalls in einem Dilemma, wie das Aus für zwei Krankenhäuser im Essener Norden gezeigt hat: Wenn’s gut läuft, wird das von den Bürgern achselzuckend als selbstverständlich hingenommen; wenn’s schief geht, setzt es Kritik, und zwar nicht zu knapp. War der Frust über den Kurs von Klinik-Betreiber Contilia und das verheerende Echo danach der Auslöser, Ihre Beteiligungen grundsätzlich dranzugeben?
Die grundsätzlichen Überlegungen zu dem jetzt erfolgten Schritt sind nicht neu. Der wirtschaftliche Druck, unter dem das Bistum Essen steht, hat den Ausschlag gegeben, jetzt mit aller Konsequenz diese Entscheidung zu treffen, die auch schmerzhaft ist, weil wir mit der Beteiligungsgesellschaft des Bistums Essen auch eine Gesellschaft aufgeben, in der Menschen sich mit Herzblut engagiert haben. Aber ich will nicht verhehlen: Die Erkenntnis, dass mit einer Minimalbeteiligung der unternehmerische Einfluss höchst gering ist, hat unsere Entscheidung durchaus unterstützt.
Gerade im Gesundheitssektor mit seinen komplexen Verflechtungen und dem ewigen Zwiespalt, Zuwendung und Wirtschaftlichkeit unter einen Hut zu bringen, könnte man ja die Frage stellen: Sind unternehmerische Beteiligungen für die Kirche noch der richtige Weg, „gelebte Nächstenliebe“ zu demonstrieren?
Die katholischen Unternehmen, die unsere Krankenhäuser, Hospize, Altenpflegeheime und weiteren sozialen Einrichtungen tragen, sind „die Kirche“. Es ist falsch, „die Kirche“ allein mit der Bischöflichen Verwaltung zu identifizieren. Eine Bischöfliche Verwaltung muss sich natürlich nicht unternehmerisch beteiligen; aber selbstverständlich ist es für Organisationen, die sich der Kirche zugehörig wissen, ein richtiger Weg, soziale Einrichtungen mit einem spezifisch christlichen Profil zu betreiben und zu führen. Das Bistum Essen wird über seine Akademie „Die Wolfsburg“ deshalb auch weiterhin die katholischen Einrichtungen dabei unterstützen, an diesem Profil mit ihren Mitarbeitenden gemeinsam zu arbeiten. Dabei geht es um die Frage: Wie können in unseren Einrichtungen christliche Grundhaltungen erfahrbar werden – und wie gelingt es, dass Patientinnen und Patienten, Bewohnerinnen und Bewohner, Mitarbeitende und Gäste sich auch in einem stresserfüllten Alltag wertgeschätzt und geachtet fühlen können?
Am Ende bleiben womöglich auch die jetzigen Träger überfordert. Wäre da nicht ein Abschied von der unternehmerischen Kleinstaaterei eine Lösung? Eine große Krankenhaus-Gesellschaft etwa, in die alle ihre Anteile einbringen? Oder ist eine solche Vorstellung illusorisch?
Die Einrichtungen unserer Caritasverbände und anderer katholischer Träger können sich sehen lassen – ich traue ihnen in ihrer Vielfalt jede Menge zu. Neben den Kliniken haben insbesondere unsere Altenpflegeeinrichtungen und Hospize einen sehr guten Ruf. Natürlich ist der Markt des Sozial- und Gesundheitswesens heute komplex und schwierig geworden. Darum ist es sinnvoll, über Zusammenführungen nachzudenken. Das Bistum Essen hat sich dafür auch stark gemacht. Eine gemeinsame Krankenhaus-Gesellschaft wäre sicher ein gutes Ziel – aber in der Realität erweisen sich manche Träume doch auch als illusionär. Vielleicht braucht es da noch etwas Zeit. Aber das erlebe ich anderswo ganz ähnlich: Wir tun uns in der Kirche noch schwer, über unsere Kirchtürme hinauszublicken und das Gemeinsame auch über gewohnte Grenzen hinweg zu suchen.