Essen. Der „COB Concept Store“ und das „Spielzeugparadies“ aus Essen waren vor Corona kaum online aktiv. Wie sie in kürzester Zeit den Wandel schafften.
Geschlossene Geschäfte, Umsatzeinbrüche und Kurzarbeit: Die Corona-Pandemie hat Essens Einzelhändler hart getroffen – besonders jene, die sich bisher auf den stationären Handel beschränkten und kaum oder gar nicht im Internet präsent waren.
„Man sagt immer: Die Läden sterben, man muss unbedingt digital unterwegs sein. Das galt für uns nicht. Zumindest bis Corona kam“, sagt Meike Pfeiffer. Sie ist die Inhaberin des „COB Concept Store“ an der Rüttenscheider Straße.
Essener Einzelhändler waren vor Ausbruch der Pandemie kaum online präsent
Pfeiffer und ihr Team seien vor dem Ausbruch der Pandemie „ein bisschen alibimäßig“ bei Instagram und Facebook aktiv gewesen. Da die Kundinnen und Kunden aber hauptsächlich „zum Stöbern“ in ihren Laden – in dem man Kleidung, Accessoires und Deko-Artikel kaufen kann – kommen würden, sei ein eigener Onlineshop lange Zeit keine Option gewesen.
Doch der Lockdown ließ Pfeiffer keine Wahl: „Wir haben Youtube-Videos darüber geguckt, wie man einen Onlineshop aufbaut. Aber wir haben schnell gemerkt, wie schwierig das ist“, so die 48-Jährige.
Händler aus Essen: „Die Corona-Situation hat den Schalter umgelegt.“
Genau diese Erfahrungen machte auch Lars von Tolkacz vom „Spielzeugparadies“ in Kray. Er habe bereits vor der Pandemie immer mal wieder überlegt, einen digitalen Shop zu eröffnen, aber: „Für ein Kind ist es etwas ganz anderes, ob es tatsächlich vor einem Plüschtier steht oder nur ein Bild davon sieht. Wie fühlt es sich an? Wie weich ist es? So einen emotionalen Kauf kann man im Netz gar nicht gewährleisten.“
Diese Bedenken hätten ihn davon abgehalten, digital aktiv zu werden. „Aber die Corona-Situation hat da den Schalter umgelegt“, sagt der Händler. Im Sommer 2020 habe er aus der Not heraus einen Onlineshop hochgezogen. Doch wie Pfeiffer stellte auch von Tolkacz schnell fest, dass er und sein Team damit überfordert sind – und suchte sich Hilfe.
Digitalcoach berät Einzelhändler rund um das Thema Digitalisierung
Unterstützung fanden beide Essener Einzelhändler bei einem Förderprogramm des Landes NRW und des Handelsverbandes, das mittelständische Ladenbetreiber mit Beratung und Geld dabei helfen wollte, im Internet sichtbarer zu werden. Der Experte, der ihnen zur Seite stand, ist Digitalcoach Markus Schaaf.
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Spielwarenhändler von Tolkacz half der Digitalexperte vor allem dabei, seinen Shop auf ein automatisiertes System umzustellen. „Am Anfang habe ich versucht, den Shop manuell zu pflegen. Aber wir haben 70.000 Artikel. Das war ein riesiger Aufwand. Jetzt läuft das alles nebenbei, was eine enorme Erleichterung für uns ist“, sagt von Tolkacz.
Der Digitalcoach habe ihn zudem darauf hingewiesen, wie wichtig es sei, auch bei anderen Anbietern wie Amazon oder Ebay präsent zu sein.
Neue Kunden gewinnen dank Onlineshop
Die Ratschläge befolgte von Tolkacz. Mit Erfolg: „Das Internet ist wie ein großes Schaufenster. Wir haben schon oft erlebt, dass Kunden von weither zu uns kommen, weil sie online gesehen haben, dass wir einen bestimmten Artikel haben, den sie sonst nirgendwo finden. Und das sind ja alles Kunden, die wir sonst niemals erreicht hätten.“
Die Bekanntheit ihres Ladens durch den Internetauftritt zu steigern, das ist auch das Ziel von Meike Pfeiffer. Sie und ihr Team hätten eigenständig ein Konzept ausgearbeitet, das sie dann dem Digitalcoach vorstellten. Hat es Aussicht auf Erfolg? Was müssen wir beachten? Worauf kommt es an? Das seien ihre wichtigsten Fragen gewesen.
Experten für Digitalisierung
Digitalisierungsstrategien, Schulungen für das eigene Personal oder Informationen über finanzielle Fördermöglichkeiten: Insgesamt vier Digitalcoaches unterstützen Einzelhändler in NRW.
Wer sich kostenlos beraten lassen will, kann über die Website digitalcoach.nrw Kontakt zu den Expertinnen und Experten aufnehmen.
Virtuelles Einkaufserlebnis verbessern
Der Digitalcoach hätte ihnen vor allem dazu geraten, das Alleinstellungsmerkmal auszubauen, um sich von den vielen Konkurrenten im Netz abzugrenzen. „Hier im Laden haben wir zu 90 Prozent nachhaltige Produkte. Unser Onlineshop ist komplett nachhaltig, damit wir entsprechend damit werben können“, so Pfeiffer.
Ihr gehe es nun darum, das virtuelle Einkaufserlebnis zu verbessern: „Wir möchten, dass die Kunden auch im Onlineshop stöbern können. Deshalb wollen wir zum Beispiel nicht nur Fotos der einzelnen Produkte zeigen, sondern auch Geschenke-Arrangements zusammenstellen.“
Essener Einzelhändlerin: „Der Onlineshop ist quasi ein zweiter Laden.“
Pfeiffer hatte vor, einen zweiten Laden zu eröffnen, die Pandemie durchkreuzte ihre Pläne. Dennoch zeigt sie sich optimistisch: „Der Onlineshop ist quasi ein zweiter Laden.“
Auch wenn nun die Corona-Regeln gelockert werden und Einkaufen vor Ort wieder möglich ist, wollen die beiden Händler ihren Online-Auftritt weiter ausbauen. Lars von Tolkacz wird in Zukunft einmal wöchentlich einen Mitarbeiter freistellen, der die sozialen Netzwerke betreuen wird: „Es war eine gute Entscheidung, dass wir jetzt mehr online machen. Corona hin oder her.“