Essen. Ein Pagodenzelt am See noch, das soll’s dann gewesen sein: Die Stadt genehmigt keine neuen Teststellen mehr – und nimmt einen Anbieter vom Markt.

Es war, wenn man so will, der letzte „weiße Fleck“ auf der Stadtkarte. Doch auch vor den Toren des „Seaside Beach“ am Baldeneysee steht seit Dienstag eines jener Pagodenzelte, in denen sich Bürger kostenlos auf das Coronavirus testen lassen können. 380 Standorte gibt es in Essen, das reicht, findet die Stadt und kündigt an, ab sofort keine Genehmigungen mehr auszustellen.

Eher kassiert sie welche ein. So muss die unter Betrugsverdacht geratene Bochumer Firma MediCan nach einer unangekündigten Kontrolle des Gesundheitsamtes auch noch ihren sechsten und letzten Test-Standort auf dem Ikea-Parkplatz vorläufig dicht machen. In einer Stellungnahme führte die Stadt unter anderem Hygienemängel als Grund an, außerdem fehlten notwendige Nachweise für die vorgeschriebene Archivierung der Daten und die Fachkunde der Mitarbeiter vor Ort.

Stadt ist zufrieden: „Es gibt ausreichend und flächendeckend Testkapazitäten“

Dass im Rathaus keine neuen Teststellen mehr durchgewinkt werden, hängt aber nicht mit dem Vorwurf frisierter Zahlen bei MediCan zusammen: Vielmehr ist die Stadt der Überzeugung, dass es „ausreichend und flächendeckend Testkapazitäten gibt“. Auch ohne die sechs MediCan-Standorte stehen immerhin 379 stadtweit zur Verfügung, davon 188 von privaten Dritten.

Die zehn Teststellen mit dem größten Zulauf

Mit vier Test-Standorten unter den erfolgreichsten zehn in Essen – der Pfingstsamstag war ein Mega-Geschäft für das unter Betrugsverdacht geratene Unternehmen MediCan. Hier die komplette Top Ten jenes Tages:

Apotheke Rathaus Galerie: 2944, MediCan Gladbecker Straße: 1803, MediCan Aktienstraße: 1799, MediCan Ikea: 1743, MediCan Frankenstraße: 1672, CTG Testzentrum Messeplatz: 1663, Werdener Autohof: 1150, VM-Handels GmbH: 825, HR Heim&Rein Heidbergweg: 803, Tabea Pflegedienst, Schürmannstraße: 752.

Am darauffolgenden Samstag – die Schummelvorwürfe waren gerade bekannt geworden – meldete MediCan für den Ikea-Standort gerade mal 111 Tests.

Das dürfte reichen, heißt es, zumal der spürbare Rückgang der Zahl von Infektionen, ablesbar an der 7-Tage-Inzidenz, bereits zu weitreichenden Lockerungen geführt hat: Fürs Einkaufen und die Außengastronomie etwa ist die Vorlage eines negativen Testergebnisses bereits nicht mehr erforderlich, und hält der Trend an, sind selbst in Kneipen und Restaurants ab Montag keine Tests mehr vorzuweisen.

Bei Kulturveranstaltungen bleibt der negative Test noch eine zusätzliche „Eintrittskarte“

Vieles spricht deshalb dafür, dass der Test-Zenit überschritten ist. Und doch wagt die Stadt keine Prognose, wie sich das Test-Aufkommen in den nächsten Wochen entwickelt. Dies hänge natürlich nicht zuletzt vom Freizeitverhalten der Essener ab, heißt es, denn in einigen Bereichen dient ein negativer Test immer noch als zusätzlich erforderliche „Eintrittskarte“, bei Kulturveranstaltungen zum Beispiel.

Denn auch wenn die Quote ausgesprochen niedrig ausfällt: Immer wieder werden durch die Corona-Tests vor Baumärkten, in Restaurants, mobilen Test-Bussen oder auf Parkplätzen Infektionen erkannt. 721.092 Schnelltests zählte die Stadt seit dem Start der Bürgertest-Kampagne in Essen, in 2524 Fällen wurde dabei das Coronavirus nachgewiesen.

Wo das Netz der Teststellen zu große Maschen bekommt, greift die Stadt ein

Zwölf Euro beschert jeder Test-Patient – zuzüglich bis zu sechs Euro an Materialkosten. Das lohnt sich, wenn die Schlangen vor der Tür kaum abreißen, wie im Testzentrum der Apotheke in der Rathaus Galerie am Porscheplatz, das sich am Pfingstsamstag mit 2944 gemeldeten Tests weit vor allen anderen Test-Konkurrenten schob.

Doch andere Test-Stationen krebsen bei weit geringeren zahlen herum. Und so schnell wie sie aus dem Boden schossen, brechen sie dann mangels Erfolg ihre Zelte wieder ab. Eine Meldepflicht hierfür gibt es nicht. Dass das Netz der Teststellen an einigen Stellen der Stadt nicht zu große Maschen bekommt, dafür sorgt man durch persönliche Ansprache, heißt es bei der Stadt: Dies habe zuletzt auch im Hörsterfeld gut funktioniert. Und für größere Anbieter wie etwa Medicare, die jetzt am Baldeneysee ihr Zelt aufgeschlagen haben, zählt am Ende die Mischkalkulation. Bei diesem Wetter darf man vermuten: Das lohnt sich.