Essen-Rüttenscheid. Ein Geschäft in Essen-Rüttenscheid wendet sich seit zehn Jahren an Frauen, die an Brustkrebs erkrankt sind. Wie es zu dieser Spezialisierung kam.

Beim Begriff Sanitätshaus denken wohl die meisten Menschen an orthopädischen Einlagen, Bandagen oder Stützstrümpfe. Dessous aus Spitze oder knallbunte Bikinis kommen wohl eher nicht in den Sinn. Doch genau die gehören zum Sortiment eines speziellen Sanitätshauses für Frauen im Essener Stadtteil Rüttenscheid.

Geschäft besteht in dieser Form seit inzwischen zehn Jahren

Betrieben wird es von Pia Püttmann, die sich mit ihrem Angebot vor allem an die Frauen wendet, die an Brustkrebs leiden. Mittlerweile betreibt sie das Geschäft seit zehn Jahren und zwei davon am Wehmenkamp unweit der Rü. Geschäfte dieser Art sind eher selten, deutschlandweit dürfte es nur eine Handvoll davon geben.

Dabei hatte sich die 38-Jährige zunächst für eine ganz andere Berufslaufbahn entschieden und eine Ausbildung zur Immobilienmaklerin absolviert, doch dann führten die Wege der gebürtigen Werdenerin doch wieder zurück in das Familienunternehmen ihres Vaters, der seit vielen Jahren Sanitätshäuser in Essen führt.

Rund 16000 Frauen pro Jahr neu an Brustkrebs erkrankt

Die Öffnungszeiten des Sanitätshauses für Frauen sind von Montag bis Samstag zwischen 10 und 14 Uhr. Auch individuelle Terminabsprachen sind möglich. Weitere Informationen gibt es telefonisch unter 0201 – 8154705 oder im Internet unter www.pia-puettmann.de

Der Vater von Pia Püttmann ist mit insgesamt fünf Sanitätshäusern in Essen-West, Rüttenscheid, Kray, Werden und Mettmann vertreten.

Zahlen zu Krebserkrankungen in Deutschland werden vom Robert-Koch-Institut in der Publikation „Krebs in Deutschland“ veröffentlicht, die auf der Zusammenarbeit zwischen dem Zentrum für Krebsregisterdaten und der Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e.V. basieren.

In NRW sind im Jahr 2017 rund 16.000 Frauen neu an Brustkrebs erkrankt. Diese Zahlen nennt das Landeskrebsregister NRW in seinem Jahresbericht zum Krebsgeschehen in NRW.

Kümmerte sie sich zunächst um den Ausbau der Standorte, kam sie dann auch in Kontakt mit Brustkrebspatientinnen. Brustkrebs ist laut Robert-Koch-Institut die mit Abstand häufigste Krebserkrankung bei Frauen in Deutschland, zuletzt etwa pro Jahr 69.000 Neuerkrankungen.

Bei den Gesprächen und Beratungen stellte sie wiederholt fest, dass das Umfeld in einem üblichen Sanitätshaus, in dem sich Armprothesen an Rollatoren reihen, nicht den Gefühlen der Frauen nach der Krebsdiagnose gerecht wird. Sie entschied sich, ihren Laden vollkommen anders zu gestalten. In ihrer „Boutique für Dessous“, wie die Essenerin ihr Geschäft gerne nennt, finden Frauen Wäsche in allen möglichen Formen, Größen und Farben, die in keiner Weise an Medizinprodukte erinnern. Das gilt zum Beispiel auch für Bikinis und Badeanzüge.

Allein ein kleines Detail fällt dann doch eher beim zweiten Blick auf: Oberteile eines BHs oder auch der Bademode haben „eine kleine Tasche, in der Brustprothesen unsichtbar verstaut werden können“, erklärt Mitarbeiterin Linda Jagoda. Diese Schalen aus Silikon werden nach einer Brustamputation zum Ausgleich eingesetzt.

Inhaberin legt Wert auf eine vertrauensvolle Atmosphäre

Gerade bei diesen Artikeln ist der Inhaberin daran gelegen, dass eine sehr private und vertrauensvolle Atmosphäre herrscht. „Hier können sich meine Kundinnen mit ihrer besten Freundin oder ihrer Mutter die Produkte anschauen oder auch anprobieren.“

In einem weißen Schrank im Landhausstil sind die Einlagen in rosafarbenen Boxen verstaut, in dem auch Brustwarzen zum Aufkleben in unterschiedlichen Größen und Farben liegen. Zum Anprobieren stehen Standspiegel und Ohrensessel bereit und die medizinische Liege zum Ausmessen des Körpers. „Ich möchte einfach, dass sich meine Kundinnen bei mir wohlfühlen“, sagt Püttmann.

Ihr neunköpfiges Team berät aber nicht nur Kundinnen vor Ort, sondern auch im Krankenhaus oder daheim. Dann sind die Mitarbeiterinnen mit Koffern voller Dessous und Silikonpads unterwegs und beliefern auch Kliniken. Im Laufe der Jahre hat sie den Kreis der Kundinnen immer weiter vergrößert, sie stammen inzwischen aus dem gesamten Rhein-Ruhr-Bereich. Zahlreiche Frauen begleitet sie schon über viele Jahre hinweg, kennt deren persönlichen Geschichten und Schicksale. Aus den Gesprächen weiß sie, mit welchen Schwierigkeiten Frauen nach einer Brust-OP zu kämpfen haben und wie wichtig es ist, gerade dann das eigene Selbstbewusstsein zu stärken.