Essen-Schönebeck. „Wild ist schön“ – davon sind Essener Umweltschützer überzeugt. Wie ein Pilotprojekt auf dem Terrassenfriedhof auch private Nachahmer finden soll.

Bald soll es blühen und brummen auf dem Terrassenfriedhof: Umweltschützer legen dort eine Wildblumenwiese an. Auf einer großen Freifläche sollen in Zukunft nicht mehr nur Löwenzahn und Disteln blühen, sondern Schmuckkörbchen, Cosmea, Sonnenblumen, Kornblumen und viele andere Arten. Damit wollen Mitglieder der Essener Kreisgruppe des BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) die Artenvielfalt fördern und zum Insektenschutz beitragen.

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Naturschutzprojekte und Friedhöfe passen aus Sicht der Umweltschützer gut zusammen. „Weil es immer mehr Urnenbestattungen gibt, gibt es auch mehr Freiflächen auf den Friedhöfen“, sagt Alfred Dübbert. Der Friedhofs- und Landschaftsgärtner hatte die Idee für die Wildblumenwiese. Herausgekommen ist ein Pilotprojekt, das nun am Rande des Terrassenfriedhofs in Schönebeck startet. Es entsteht eine Blühfläche mit einjährigen Arten und Wildblumenwiesen, die wenn es nach den Umweltschützern geht, über die kommenden Jahrzehnte erhalten bleiben. Erst einmal ist eine Projektphase von drei Jahren vorgesehen.

Mohn und Kornblumen sollen als Erstes blühen

Noch sehen die Flächen trist aus, dabei haben die Ehrenamtlichen schon viele Arbeitsstunden investiert. Sie haben die Grasnarbe abgetragen und an anderer Stelle mehrfach gefräst, um den Boden für die Aussaat vorzubereiten. Jetzt heißt es warten, auch für neugierige Spaziergänger. „Wann kommen denn die Blümchen? Wir gehen jeden Tag hierher und sehen nichts“, sagt ein Paar im Vorbeigehen. Als Erstes sollen Mohn- und Kornblumen sichtbar werden, klären die BUND-Mitglieder auf.

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Für die Friedhofsbesucher sollen die bunten Blüten mehr als ein schöner Anblick sein. „Wir wollen einen Bewusstseinswandel herbeiführen“, sagt Martin Kaiser. „Wild ist schön“ lautet das Motto. Mit dem blühenden Beispiel, Informationen und kleinen Saatgutproben wollen sie auch Privatleute dazu anregen, Blühflächen anzulegen. „Es kann nicht jeder seinen ganzen Garten umwandeln, das ist uns klar“, sagt Sabine Hurck, die Botanikerin der Gruppe. „Aber man kann mit kleinen Ecken anfangen.“ Und die seien für Insekten schon sehr wertvoll, während gefüllte Blüten aus dem Gartencenter ihnen keine Nahrung bieten könnten. Beim Einkauf dort sei es hilfreich, auf den Hinweis „insektenfreundlich“ zu achten.

Auf den Flächen auf dem Terrassenfriedhof nutzen die BUND-Mitglieder ausschließlich regionales Saatgut. Gedüngt wird nicht und statt Rasenmäher kommt die Sense zum Einsatz.
Auf den Flächen auf dem Terrassenfriedhof nutzen die BUND-Mitglieder ausschließlich regionales Saatgut. Gedüngt wird nicht und statt Rasenmäher kommt die Sense zum Einsatz. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

„Wir als BUND verstehen uns als Anschieber“, sagen die fleißigen Helfer. „Grün und Gruga“ hatte grünes Licht für das Pilotprojekt auf dem Terrassenfriedhof gegeben. Die Ehrenamtlichen werden die Flächen in den kommenden Monaten und Jahren pflegen und setzen dabei auf Nachahmer in Essen.

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„Wir wollen zum Beispiel auch an Wohnungsbaugenossenschaften und Kirchengemeinden herantreten“, erklärt Kaiser. Denn die verfügten auch über größere geeignete Wiesen. Auf den Versuchsflächen in Schönebeck wollen die Naturschützer herausfinden, wie viel Arbeit und Kosten und welchen Gewinn für die Artenvielfalt verschiedene Methoden und Saatmischungen bringen, um noch schlagkräftigere Argumente zu sammeln.

Sense als umweltschonende Alternative zum Rasenmäher

Dünger kommt nicht zum Einsatz, im Gegenteil sollen die oftmals überdüngten Flächen mit der Zeit wieder magerer werden, denn damit kommen viele Wildblumen sehr gut zurecht. „Die Blumen, die wir hier aussäen, sind wahre Hungerkünstler“, sagt Kaiser. Als umweltschonendere Methode wird Mitstreiter Ralf Benner auf den Wiesen zweimal jährlich mit der Sense arbeiten. „Ich habe einen Sensenkurs gemacht und mich beim NABU gemeldet, das passte sehr gut zum Projekt“, sagt er.

Das Sensen sei insektenfreundlicher und auch für die Tiere besser, die Pflanzen fräßen, denn sie könnten dann noch gut zwischen genießbaren und giftigen Arten unterscheiden. Mehr körperliche Arbeit bedeutet das Sensen zwar schon, aber: „Wenn man es richtig macht, ist es rückenfreundlich.“ Auf dem Terrassenfriedhof plant der BUND für den Herbst auch Kurse für weitere Interessierte.