Essen. Real schließt den SB-Markt am Essener Rathaus Ende März 2022. Begründung: Der Standort schreibe tiefrote Zahlen. 64 Beschäftigte sind betroffen.
Seit Wochen wird über die Schließung des Real-Marktes in der Rathaus-Galerie spekuliert. Nun besteht traurige Gewissheit: Der SB-Markt, der zu den Ankermietern des Shopping-Centers an der Poschekanzel zählt, werde zum 31. März 2022 seine Pforten schließen, teilt das Unternehmen mit. Für die 64 Beschäftigten sei in Abstimmung mit dem Gesamtbetriebsrat ein Sozialplan aufgestellt worden.
„Die Real-Beschäftigten sind am Donnerstagvormittag von der Geschäftsleitung über die Schließung informiert worden, die Hiobsbotschaft hat sie erschüttert“, berichtet Gewerkschaftssekretär Kay Lipka, der im Verdi-Bezirk Ruhr-West für den Einzelhandel zuständig ist.
Nach dem Verkauf der Metro-Tochter Real an die SCP Group im Sommer 2020 sind bereits zahlreiche Real-Standorte in Deutschland an andere Unternehmen aus der Lebensmittelbranche abgegeben worden. Dasselbe sei auch in Essen versucht worden. Allerdings ohne Erfolg. „Trotz aller bisherigen intensiven Bemühungen und Gespräche konnte für den Markt in Essen kein an einer Übernahme interessiertes Unternehmen gefunden werden“, heißt es in der Presseerklärung. Und weiter: „Eine Weiterbetreibung des Standortes ist leider unter den gegebenen Umständen wirtschaftlich nicht darstellbar.“
Real-Chef betont: „Uns ist diese Entscheidung nicht leicht gefallen“
Aufgrund der fehlenden wirtschaftlichen Perspektive müsse der direkt vor dem Rathaus liegende Verbrauchermarkt im kommenden Frühjahr geschlossen werden. Real betreibt den Standort mit 4.784 Quadratmetern Verkaufsfläche seit 2007. Diese „schwere Entscheidung“ sei nicht ohne die eingehende Prüfung aller Möglichkeiten getroffen worden, betont Real-Vorstandschef Bojan Luncer. „Wir haben an dem Standort eine schwierige wirtschaftliche Lage aufgrund sehr hoher Verluste in den vergangenen Jahren, denen zugleich enorme Betreibungs- und Mietkosten gegenüber stehen.“
Trotz Corona-bedingter Umsatzsteigerungen wäre eine Fortsetzung des Betriebs unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht verantwortbar, fügt Luncer hinzu. „Uns ist diese Entscheidung nicht leicht gefallen und sie spiegelt nicht die harte Arbeit aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an diesem Standort wider. Dennoch ist die Schließung leider notwendig.“
Eigentümer der Rathaus-Galerie reagiert „irritiert“ auf plötzliche Schließungsnachricht
Miteigentümerin und Betreiberin der zuletzt schwächelnden Rathaus-Galerie ist seit anderthalb Jahren die Hamburger Holding HBB. Ihr Geschäftsführer Harald Ortner zeigte sich „irritiert“ über die plötzliche Schließungsnachricht von Real. Sie erreicht das HBB-Management zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Denn gerade erst ist mit dem millionenschweren Umbau der Rathaus-Galerie begonnen worden, der Real-Markt war Bestandteil der ehrgeizigen Umbaupläne.
Ortner verweist auf den bestehenden Vertrag mit Real-Eigentümer SCP: „Der Vertrag läuft noch sehr lange.“ Der Manager will deshalb zunächst die Gespräche mit SCP abwarten. Von einem Rückschlag möchte er nicht sprechen. „Wir trauen uns zu, für diesen Standort eine Lösung zu finden“, betont er. HBB eile der Ruf voraus, selbst schwierige Projekte zum Erfolg zu bringen.
Essener Bürgerbündnis: „Ein weiterer Rückschlag für die darbende Innenstadt“
Ganz anders fällt das Echo beim Essener Bürgerbündnis aus. Das Real-Aus sei ein weiterer „Schlag für die darbende Innenstadt“, warnt Ratsherr Kai Hemsteeg. Deshalb müsse es nun zu neuen Nutzungen kommen. Der seit Jahren zu beobachtende Niedergang der Innenstadt müsse gestoppt werden. „Den Wegzug alteingesessener Geschäfte und daraus resultierende Leerstände dürfen wir genauso wenig hinnehmen wie die immer offener agierenden Trinker-Drogenszenen.“ Hemsteeg appelliert an OB Thomas Kufen, die Innenstadt endlich zur Chefsache zu machen. Der Politiker verlangt „deutlich mehr Sauberkeit und Sicherheit“ durch Polizei und Ordnungsstreife, außerdem spricht er sich für einen Rückbau von Verkaufsflächen und für ein Mehr an Wohnen und qualitativer Gastronomie aus.
Am Standort Essen ist Real zurzeit mit zwei SB-Märkten vertreten – neben dem an der Rathaus-Galerie gibt es einen zweiten im Kronenberg-Center. Dem Vernehmen nach ist dort die Globus-Gruppe an einer Übernahme interessiert.