Essen. Protest vor der Essener Uniklinik: Verdi und der Personalrat machen auf die hohe Belastung in der Pflege aufmerksam. Spahn solle endlich handeln.
Müde, ausgelaugt, ausgebrannt. Die Corona-Krise hat die Situation des Pflegepersonals in den Krankenhäusern noch einmal dramatisch verschärft. Kollegen würden unzufrieden nach Hause gehen, etliche ihre Arbeitszeit reduzieren oder ganz aus dem Beruf flüchten, weil sie es nicht mehr aushalten, sagt Alexandra Willer, die Personalratsvorsitzende am Uniklinikum. Ein Ende der Extrembelastung ist nicht in Sicht. Die Patientenzahlen auf den Intensivstationen steigen wieder.
Doch schon vor Ausbruch der Pandemie war der Druck in der Pflege hoch. Schon damals wurde um die Frage gerungen, wie Pfleger entlastet und der Beruf aufgewertet werden kann. Versprochen wurde viel, passiert sei wenig, sagt die Essener Verdi-Chefin Henrike Eickholt. „Die Kolleginnen und Kollegen in den Krankenhäusern sind am Ende ihrer Kräfte, und das nicht erst seit der Corona-Pandemie“.
Fotoaktion für mehr Personal in der Pflege auch in Essen
Am Montagmittag setzte Verdi deshalb auch in Essen ein Zeichen. Für eine bundesweit angelegte Fotoaktion der Gewerkschaft postierten sich Beschäftigte und Gewerkschafter vor dem Uniklinikum. Die Zeit der Protestaktion, 12.05 Uhr, war dabei nicht zufällig gewählt. „Es ist nicht mehr fünf vor zwölf sondern fünf nach zwölf in der Pflege“, heißt es.
Die Wut, die sich in den Belegschaften derzeit breit macht, richtet sich vor allem an die Adresse von Gesundheitsminister Jens Spahn. Verdi erinnerte am Montag Spahn erneut daran, die zugesagte Entlastung für das Pflegepersonal endlich auf den Weg zu bringen. „Es ist Spahns letzte Chance“, schimpft Eickholt.
Verdi verlangt Einführung einer Personalbemessung
Seit über einem Jahr liege dem Minister die überarbeitete PPR vor – ein Instrument zur Personalbemessung in der Pflege. Es wurde Anfang 2020 gemeinsam von der Deutschen Krankenhausgesellschaft, dem Deutschen Pflegerat und Verdi erarbeitet, ein Novum. Doch bislang habe sich Spahn dazu nicht positioniert. „Die Geduld der Pflegekräfte ist längst aufgebraucht. Sie haben es satt, sich immer wieder vertrösten zu lassen“, betont Eickholt. Mit Hilfe der PPR soll der tatsächliche Bedarf an Pflegekräften ermittelt werden und dürfte die vorhandene Lücke schonungslos aufdecken.
Häuser wie die Uniklinik kämpfen allerdings bereits heute damit, genügend Pflegepersonal zu finden. „Die Situation ist nicht einfach. Und dennoch ist es uns gelungen, weiter Pflegepersonal aufzubauen“, sagt die Pflegedirektorin Andrea Schmidt-Rumposch. Im vergangenen Jahr seien es 140 Vollzeitkräfte gewesen, „auch wenn das bei weitem noch nicht das ist, was wir benötigen.“
Uniklinik unterstützt Forderung und erhofft Aufwertung des Pflegeberufs
Deshalb unterstützt auch die Klinikleitung die Einführung der PPR. „Die Entwicklung eines geeigneten Instruments zur Ermittlung des pflegerischen Personalbedarfs ist zwingend erforderlich, um den pflegerischen Aufwand adäquat abbilden zu können“, so Schmidt-Rumposch. Wichtig sei schließlich, dass das Personal nicht überlastet werde und genügend Zeit für die Arbeit am Patienten bleibe. Nur so gelinge es nachhaltig, junge Menschen für den Beruf zu begeistern und auch Menschen wieder zurückzuholen, die dem Beruf den Rücken gekehrt haben. „Die Pflege muss gestärkt werden und da müssen jetzt Taten folgen“, betont Schmidt-Rumposch.