Essen-Werden. Schatzkammer und Basilika St. Ludgerus in Essen-Werden bergen noch viele Geheimnisse. Der druckfrische Bestandskatalog lüftet einige davon.

Die Werdener Schatzkammer St. Ludgerus hat weiter geöffnet. Die Leiterin Andrea Wegener lädt zum Besuch ein – und berichtet von Alternativen wie dem druckfrischen Katalog der Schätze sowie informativen Internetvideos.

Auf dem eigenen Youtube-Kanal seien bewusst kurze, zugänglich gehaltene Clips mit Highlights der Sammlung versammelt worden, sagt Geschäftsführerin Siri Meder. Die 30-jährige Kunsthistorikerin ist im Hespertal aufgewachsen und nach dem Studium in Heidelberg zurück in der Heimat: „Superschön, hier in Werden wohnen und arbeiten zu dürfen.“

Portallöwe der Nikolauskapelle steckt noch voller Geheimnisse

Andrea Wegener betont: „Dieser wunderbare Schatz muss unbedingt noch bekannter gemacht werden, und zwar weit über die Grenzen Werdens hinaus.“ Ein Weg dahin seien jetzt die Videoclips. So viele Dinge aus der Frühzeit des Abteistädtchens gebe es schließlich zu entdecken. Ein Neuzugang war jüngst der Portallöwe der Nikolauskapelle – und er stecke noch voller Geheimnisse, so Wegener.

Der Portallöwe der ehemaligen Nikolauskapelle steht jetzt in der Werdener Schatzkammer.
Der Portallöwe der ehemaligen Nikolauskapelle steht jetzt in der Werdener Schatzkammer. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Einige der Exponate seien neu bewertet worden. Eine bisher der Heiligen Agnes zugeschriebene Figur stelle stattdessen beispielsweise die Heilige Luzia dar, sagt Meder: „Das erkennen wir an der Schwertwunde im Hals.“ Und die Pyxis, eine kleine Elfenbeindose aus dem 5. Jahrhundert, stamme doch aus Italien und nicht aus dem östlichen Mittelmeerraum.

Reliefs könnten auf Essener Frauenstift verweisen

Als weiteres Beispiel spannender Forschungsfelder nennt Andrea Wegener Steinreliefs mit Darstellungen sitzender Frauen, die ein Buch halten und einen Redegestus vollführen. Es handele sich also um Frauen, die Zugang zu Bildung hatten. Die Lateinisch lesen und schreiben konnten, so Andrea Wegener: „Für mich verweisen die Reliefs auf das Essener Frauenstift.“

Hier müsse mit verschiedensten Wissenschaftlern diskutiert werden: „Ein interdisziplinärer Ansatz ist Gold wert.“ Eine Bauhistorikerin habe bereits ermittelt, dass die Steinplatten ursprünglich an einer Schräge angebracht waren. Den genauen Ort habe man noch nicht entdeckt.

Die Lieblingsstücke des musealen Leitungsteams

Dieser Kelch (um 1060) wird dem Heiligen Luidger zugeschrieben.
Dieser Kelch (um 1060) wird dem Heiligen Luidger zugeschrieben. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Gibt es eigentlich Lieblingsstücke? Siri Meder spricht von hölzernen Frauenskulpturen, die zurzeit gar nicht ausgestellt werden können: „Super spannend, wenn man genau hinschaut. Da eröffnen sich ganze Welten. Über stilistische Merkmale können wir sie in eine Werkgruppe einordnen. Ihre Funktion müssen wir noch herausfinden, eventuell waren es Reliquiare.“

Andrea Wegener ist ein Relief über der Tür zur Sakristei ans Herz gewachsen: „Ziemlich alt und nicht allen bekannt.“ Um das Jahr 1000 herum sei der einen Hirsch jagende Löwe entstanden: „Ein grandioses Stück ottonischer Kunst. Mit einer ganz besonderen Formensprache, also schwer zeitlich einzuordnen. Hier gibt es noch so viele Fragezeichen, die mich reizen.“

Alle Kostbarkeiten aus Kirche und Museum versammelt

Der aktuell erschienene Bestandskatalog „Schatzkammer und Basilika St. Ludgerus“ zeigt erstmals alle Exponate aus Kirche und Museum. Hier versammeln sich die wundervollen Schätze, die Werden beheimaten darf.

Andrea Wegener hat das Buch gemeinsam mit Geschäftsführerin Daniela Krupp herausgegeben und schwärmt von den anderen Autoren: „Wir haben mit Experten für Holzskulpturen, Gemälde, Schatzkunst zusammengearbeitet. Hier sind ihre neuesten Erkenntnisse veröffentlicht.“ Natürlich hätten absolute Fachleute Wissenswertes zusammengetragen. Und doch sei es ein gut lesbares Buch geworden, das kunst- und kulturhistorisch interessierte Laien begeistern werde.

Die Öffnungszeiten

Ein Besuch der Schatzkammer Werden ist dienstags bis sonntags von 15 bis 17 Uhr, zurzeit aber nur nach persönlicher oder einer Voranmeldung unter 0201 49 18 01 möglich. Am Ostersonntag ist geschlossen.Voraussetzung für den Besuch ist ein tagesaktuelles negatives Schnelltestergebnis, das von einer in der Corona-Test-und-Quarantäneverordnung vorgesehenen Teststelle bestätigt wurde. Es darf nicht älter als 24 Stunden sein. Es werden Kontaktdaten erhoben. Das Tragen einer FFP2-Maske ist Pflicht.

Auch Steinplastiken und Gemälde wurden erfasst

Die Herausgeberinnen präsentieren den neuesten Stand der Forschung sowie die Geschichte des Werdener Klosters und des Heiligen Ludgerus. Auf knapp 500 Seiten sind alle Exponate professionell fotografiert und anschaulich beschrieben. Die Präsentation der Kostbarkeiten aus Kloster und Kirche erfolgt chronologisch.

Neben Schatzkunst und Holzskulpturen umfasst der Katalog auch die Steinplastiken und Gemälde der Schatzkammer. Die in der Basilika fest eingebauten Reliefs, die Textilien sowie die knapp 2500 Bücher der früheren Klosterbibliothek mussten aus Kapazitätsgründen außen vor bleiben. Ihre Beschreibung würde eigene Kataloge füllen.

Möglich wurde das Buch durch eine großzügige Unterstützung der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung und einen Zuschuss des Bistums Essen.

Das im Verlag Adson Fecit erschienene Buch „Schatzkammer und Basilika St. Ludgerus - Schatzkunst, Skulptur, Gemälde“ hat die ISBN 978-3-9816594-9-8 und ist für 49,95 Euro in der Essener Domschatzkammer, der Werdener Schatzkammer sowie im Buchhandel erhältlich. Der Katalog kann auch per E-Mail unter schatzkammer@st.ludgerus-werden.de bestellt werden.