Essen. Essen Marketing sieht wegen des Mietpreisverfalls eine Chance für die konzentrierte Ansiedlung von Kneipen und Restaurants in der Innenstadt.
Der Ruf Essens als Einkaufsstadt des Ruhrgebiets hat schon lange vor Corona arg gelitten. Die Pandemie hat den Abwärtstrend allenfalls beschleunigt. Wie lässt sich die Innenstadt wiederbeleben? Die Essen Marketing Gesellschaft (EMG) sieht in der Krise eine Chance – für die Ansiedlung von Gastronomiebetrieben.
Die Idee ist wahrlich nicht neu. Versuche gab es in der Vergangenheit immer mal wieder. Erste Gespräche mit Immobilieneigentümern und Gastronomen stimmten ihn aber optimistisch, sagte EMG-Chef Richard Röhrhoff am Dienstag im Gespräch mit der Redaktion. Denn die Zeiten, in denen die Eigentümer entspannt darauf warten konnten, bis sich ein neuer Mieter für ihre leerstehende Immobilie findet, diese Zeiten sind vorbei. Die Mieten seien im freien Fall. City-Managerin Svenja Krämer berichtet von Preisabschlägen von 30 bis 40 Prozent. Das erhöht offenbar die Bereitschaft, sich auf eine neue Ideen einzulassen. „Inzwischen rufen Immobilienbesitzer bei uns an“, so Röhrhoff. Nun gehe es darum Eigentümer und Gastronomen zusammenzubringen.
Bis Ende des Jahres will die EMG dafür mit Hilfe eines externen Projektentwicklers ein Konzept vorlegen, für das der Rat der Stadt in seiner kommenden Sitzung 35.000 Euro freigeben soll. Die EMG stockt diese Summe auf – auf einen „mittleren fünfstelligen Betrag“. Es soll darum gehen „die richtigen Orte für die richtigen Nutzer zu finden“ und Gastronomen zu überzeugen, sich auf Essens City einzulassen. Sei es durch niedrige Mieten oder durch eine Innenstadt, in der die Bürgersteige nicht schon am frühen Abend hochgeklappt werden.
Auch für ein attraktives Nachtleben bringt Essens Innenstadt laut EMG alles mit
„Die Innenstadt braucht die Gastronomen. Die Gastronomen brauchen nicht die Innenstadt“, betont Holger Madel. Für den Projektentwickler, der sich auf Gastronomie und die Revitalisierung von schwierigen Standorten spezialisiert hat, steht fest: „Ein Gastronom alleine wird es nicht schaffen.“
Röhrhoff setzt auf eine „konzertierte Aktion“. Darauf, dass sich gleiche mehrere trauen. Seien es Wirte oder Restaurantbetreiber. Der EMG-Geschäftsführer ist jedenfalls überzeugt davon, dass die Innenstadt dafür alles mitbringt – auch für ein attraktives Nachtleben, von dem heute keine Rede sein kann. Dass in der City mancherorts niemand wohnt, könne sogar von Vorteil sein.
Gaststättenverband glaubt nicht an rasche Öffnung der Außengastronomie
Röhrhoff weiß nach eigenen Worten, dass es gilt, dicke Bretter zu bohren. Die Gastrobranche leidet unter Corona wie kaum eine zweite. Seit Anfang November sind Bars, Kneipen und Restaurants dicht. Thomas Kolaric, Vorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga Nordrhein, glaubt nicht, dass sich daran so schnell etwas ändern wird – auch nicht für die Außengastronomie. Die Voraussetzungen dafür seien schlicht nicht gegeben, denn der Corona-Inzidenzwert ist nicht dauerhaft so stabil, wie es die Landesregierung für eine Lockerung verlangt. Die Zahl der Infektionen steigt wieder an.
EMG bringt Grün in die Stadt
Die EMG bemüht sich gemeinsam mit Werbegemeinschaften um ein ansprechenderes Erscheinungsbild der Innenstadt und der Stadtteilzentren. Geschäftsführer Richard Röhrhoff kündigte an, dass die aus dem Grünen Hauptstadtjahr bekannten Blumeninseln in die Innenstadt zurückkehren werden. In den Zentren von Altenessen, Borbeck, Steele und Rüttenscheid werden nach Ostern in Kooperation mit den örtlichen Werbegemeinschaften große Blumenkübel aufgestellt.
Angesichts dessen fällt es der EMG laut Röhrhoff schwer für eine kurzfristige Belebung der Innenstadt zu sorgen, wie es die Politik verlangt. Er könne keine Ansammlungen von Besuchern durch Veranstaltungen organisieren, so lange Ansammlungen untersagt seien. Dies sei ein Widerspruch in sich. Aktuell laufe gemeinsam mit dem Kulturamt eine Online-Abfrage bei Kulturschaffenden, inwieweit sie an Open-Air-Auftritten interessiert seien. Ergebnisse sollen nach den Osterferien vorliegen.
Prognosen für das laufende Jahr will Röhrhoff nicht wagen. Dass das Stadtfest „Essen Original“ über die Bühne gehen könnte, hält er aber für unwahrscheinlich. Optimistischer ist der EMG-Chef, was Veranstaltungen zum Jahresende wie das Essen-Light-Festival angeht. Da sieht Röhrhoff Licht am Ende des Tunnels.