Essen-Nord. Schulsozialarbeiter begleiten Kinder im Lockdown und stellen Defizite bei Schülern aus bildungsfernen Familien fest. Das sind ihre Forderungen.

Werden die Schulen wieder geöffnet oder bleiben sie wegen der Corona-Pandemie weiter geschlossen? Darüber wird Bundeskanzlerin Angela Merkel am Mittwoch (10.2.) mit den Ministerpräsidenten diskutieren. Direkt an der Front kämpfen derweil die pädagogischen Fachkräfte der Abteilung Jugendhilfe und Schule der Awo Essen – darunter fallen die Arbeitsbereiche Schulsozialarbeit und Lernförderung gegen die Folgen der Schulschließungen. Die Fachkräfte sind vor allem im Essener Norden im Einsatz und im engen Austausch mit den betreuten Familien.

Sozialarbeiter beobachtet, dass sich Ungleichheiten massiv verstärken werden

Thomas Rüth, Abteilungsleiter Soziale Dienste der Awo: „Eine längere Zeit ohne Unterricht trifft Schüler aus prekären Verhältnissen viel härter als andere. Ungleichheiten werden sich massiv verstärken. Die Kinder müssen zu Hause lernen, arme oder bildungsferne Familien kann das vor große Probleme stellen.“ Die Folgen für Kinder aus Flüchtlingsfamilien seien noch gar nicht absehbar. Die Schulsozialarbeiter in Essen würden schon jetzt erhebliche sprachliche Rückschritte feststellen. Viele Schüler stünden vor der Gefahr, den Anschluss zu verlieren. Rüths Forderung: „Elternhaus und Schule brauchen Orientierung, Sicherheit und Planbarkeit. Weiterhin gilt es, schnell und unbürokratisch Technik, Lerntechnologien und digitale Lernräumen sowie zusätzlicher Lernzeit und verbindliche Förderangebote zu generieren.“

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Die Schulsozialarbeiter sind an vielen Schulen im Essener Norden zum einen in der Notbetreuung eingesetzt und zum anderen in der Einzelfallarbeit. Einige gehen mit den Kindern spazieren, um ihnen ein individuelles Zeitfenster bei frischer Luft und Bewegung zukommen zu lassen. Die Fachkräfte helfen bei den schulischen Lehrplänen oder bei technischen Fragen rund um das Homeschooling. „Äußerst vorteilhaft ist es, dass wir die Kinder persönlich kennen. Es besteht bereits ein Vertrauensverhältnis, und man weiß um die Bedarfe der Familien“, so Schulsozialarbeiterin Tatjana Wassermann.

Team der Lernförderung ist auf digitale Unterstützung umgestiegen

Betreuung an zwölf Schulen im Stadtgebiet

Die Awo betreut derzeit zwölf Schulen überwiegend im Essener Norden: Adolf Reichwein Schule, Emscherschule, Großenbruchschule, Hövelschule, Grundschule an der Rahmstraße, Stadthafenschule, Kantschule, Peter-Ustinov-Schule, Schillerschule, Schule an der Viktoriastraße, Sternschule und die Tuttmannschule.

Die Fachkräfte der Abteilung Jugendhilfe und Schule sind sowohl per E-Mail als auch telefonisch stets für die Familien erreichbar. Infos unter www.awo-essen.de/kinder-eltern/jugendhilfe-schule/

Das Team der Lernförderung ist seit Mitte Januar auf digitale Hilfe umgestiegen. Der Fokus liegt auf der Unterstützung mit den schulischen Lehrplänen und der Förderung der Lernmotivation. Die Kontakte finden telefonisch oder per Videochat statt. „Viele Eltern haben sich über das Angebot gefreut“, berichtet Nina Lieske aus dem Team der Lernförderung, „die Beziehung zwischen Eltern und Kindern ist im Moment oft sehr angespannt durch das Homeschooling. Da ist es hilfreich, wenn geschulte Honorarkräfte von außen Unterstützung leisten, und die Kinder freuen sich über bekannte Gesichter“.

Wäre es besser, wenn die Schulen wieder geöffnet hätten? Oliver Kern, Geschäftsführer der Awo Essen: „Als sozialer Träger können wir keine medizinisch fundierten Wiedereinstiegs-Szenarien entwickeln oder konkrete Zeitpunkte benennen. Wir rufen jedoch dazu auf, konkrete Rückkehr-Konzepte für den Wiedereinstieg in den schulischen Alltag mit allen Beteiligten zu entwickeln und sie sobald wie möglich umzusetzen.“ Diese sollten dem Kindeswohl und seinen Bedürfnissen ebenso verpflichtet sein wie den familiären Lebenssituationen und den Aspekten des Gesundheitsschutzes.

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Wenn Homeschooling weiterhin nötig sei, müsse ein strukturierter Online-Unterricht entwickelt und die Förderung aller Schüler gleichermaßen sichergestellt werden. Außerdem müsse die Bildungsbegleitung durch die Kinder- und Jugendhilfe sichergestellt sein werden. Oliver Kern fordert weitere Fördermittel für die digitale Ausstattung von Schulen sicherzustellen.

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