Essen. Eigentlich wäre die Essener Prinzengarde jetzt im Dauereinsatz. Doch der Corona-Lockdown bremst den Traditionsverein aus - auch finanziell.

Wenn die Corona-Pandemie das Land nicht in den Lockdown gestürzt hätte, würden die Frauen, Männer und Kinder der Essener Prinzengarde 1928 in diesen Wochen buchstäblich die Puppen tanzen lassen. Vom ersten Sonntag im neuen Jahr bis zur Bacchus-Beerdigung an Aschermittwoch ist der Terminkalender für die Leibgarde des Prinzen Karneval der Stadt Essen an sich prall gefüllt. Doch in dieser Session bleiben ihre prachtvollen Uniformen notgedrungen im Schrank. Es ist nicht nur der entgangene Spaß, der aufs närrische Gemüt drückt. Der Lockdown bringt karnevalistische Traditionsvereine wie die Essener Prinzengarde (EPG) auch finanziell in die Bredouille.

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"Wir müssen weiterhin die Fixkosten stemmen für Mieten und Versicherungen, gleichzeitig sind viele Einnahmen weggebrochen", sagt der Vorsitzende Christoph Markes. Normalerweise fließt mit den Veranstaltungen Geld in die Kassen des Vereins, etwa durch den Verkauf von Eintrittskarten und Vereinspins oder durch Sponsorengelder für Werbung. "Doch das ist alles abgesagt", so Markes.

In jeder Session bewältigt die Leibgarde 180 Auftritte an der Seite des Prinzenpaares

Gemeint seien nicht nur rein karnevalistische Events wie Prinzenproklamation und Rosenmontagszug, sondern auch der Familientag bei Sponsor Gottfried Schultz, an dem die Leibgarde das Catering übernehme. Hinzu komme: Anträge beim Land aus dem Corona-Topf zur Unterstützung von Heimat- und Brauchtumspflege seien leider erfolglos geblieben.

Im vergangenen Jahr nahmen Kommandant Uwe Lehnert und seine Frau Anja, die Marketenderin, den Essener Oberbürgermeister Thomas Kufen in ihre Mitte. Der OB ist Ehrenmitglied der Prinzengarde.
Im vergangenen Jahr nahmen Kommandant Uwe Lehnert und seine Frau Anja, die Marketenderin, den Essener Oberbürgermeister Thomas Kufen in ihre Mitte. Der OB ist Ehrenmitglied der Prinzengarde. © privat

Allein 180 Auftritte in jeder Session hat die Essener Prinzengarde an der Seite des Prinzenpaares zu bewältigen. Es geht in die großen Säle, aber auch in Kindergärten und Altenheime. In der heißen Phase ziehen die in blau und weiß gewandeten Gardisten schon frühmorgens um neun los, um erst spät in der Nacht heimzukehren. "Karneval ist nicht nur Heidewitzka, sondern die enge Tuchfühlung mit den Menschen", sagt der Vorsitzende. Gerade für die älteren Essenerinnen und Essener erlebten die Altenheim-Besuche der Prinzengarde als Momente der Rührung. "Wenn die Prinzessin in ihrem schicken Kleid eintritt, kullert so manche Träne."

"Karneval ist nicht nur Heidewitzka, sondern enge Tuchfühlung mit den Menschen"

124 Mitglieder zählt die Prinzengarde, zur eigentlichen Leibgarde kommen noch zwei Tanzgarden hinzu. "Die Mädels unserer beiden Tanzgarden sind besonders traurig", berichtet Betreuerin Anja Lehnert, die auch zweite Geschäftsführerin und Marketenderin ist.

Unter erschwerten Bedingungen und strengen Hygienevorschriften hätten die Tanzgarden im vergangenen Jahr neue Show- und Gardetänze einstudiert. Die Älteren trainieren zwei Mal pro Woche, die Kleineren ein Mal. "So gerne hätten sie ihr Repertoire einem größeren Publikum gezeigt", seufzt die Betreuerin. Den Trainingsraum habe man inzwischen kündigen müssen.

Es sei der starke Zusammenhalt im Verein, der nun helfe, die Herausforderungen der Pandemie zu meistern. "Wir fühlen uns als EPG-Familie", betont Christoph Markes. Dass der erste Bürger der Stadt, Oberbürgermeister Thomas Kufen, ein bekennender Karnevalist, als Ehrenmitglied Teil dieser großen EPG-Familie ist, erwähnt der Vorsitzende gerne.

Die "EPG-Familie" hält auch in schwierigen Zeiten zusammen

Das Vorstandsteam versucht in diesen Tagen alles, um die finanziellen Verluste auszugleichen. Dazu gehöre auch ausgiebiges Klinkenputzen. Als ausgesprochen fruchtbar hätten sich die Gespräche mit langjährigen Sponsoren und den Ehrensenatoren erwiesen. "Sie haben sich erneut bereiterklärt, den Verein durch eine Spende zu unterstützen", sagt EPG-Sprecher Bernfried Spieker, der in der Session 2018/2019 selbst Essener Stadtprinz war.

Besonders bedankt sich die Essener Prinzengarde bei Ehrensenatorin Bärbel Butz und den Ehrensenatoren Jochen Enderling (Enderling Vermietung KG, Arbeitsbühnen) und bei Jürgen Rosowski, dem Inhaber der gleichnamigen Kfz-Werkstatt und langjährigen Sponsoren. Auch viele Vereinsmitglieder hätten Geld gespendet: von zehn bis 100 Euro. Spieker: "Alle Sponsoren haben ein wichtiges Signal gesetzt: Dass man nicht nur feiern kann, sondern in schwierigen Zeiten zusammenhält".


Die Essener Prinzengarde 1928 ist die Leibgarde des Prinzen Karneval und stellt zwei Tanzgarden.
Die Essener Prinzengarde 1928 ist die Leibgarde des Prinzen Karneval und stellt zwei Tanzgarden. © privat