Essen-Altenessen. Als Seniorenbeauftragter im Essener Norden kennt Gerd Maschun die Sorgen der älteren Mitbürger. Gerade in der Corona-Zeit bräuchten viele Hilfe.
Drei bis vier Stunden ist Gerd Maschun täglich mit seinem Ehrenamt beschäftigt, seit Corona ist es mehr geworden. Der Seniorenbeauftragte der Bezirksvertretung V - zuständig für Altenessen, Karnap und Vogelheim - hat beobachtet, dass die alten Menschen mehr und mehr vereinsamen: „Auch sie haben jetzt keine Kontakte mehr.“
Ältere Generation soll in Essen eine Stimme haben
Sein Gegenmittel: Er greift zum Telefon und quatscht mit jenen, mit denen er sonst auf Stadtteilspaziergängen unterwegs ist oder auf Ausflügen trifft, die er als Seniorenbeauftragter anbietet, wenn kein Corona ist. „Ich frage sie dann, was früher ihr Hobby war“, so Maschun. Dann falle manchen ein, dass sie oft gehäkelt, gestrickt oder gemalt haben und das jetzt in der Corona-Zeit mal wieder tun könnten.
Einige fragen auch, ob der 70-Jährige für sie einkaufen oder eine Glühbirne wechseln könne. Er kann, aber seine Zeit ist endlich: „Ich bin jeden Tag ausgelastet“, erklärt Maschun, dem es wichtig ist, dass die ältere Generation eine Stimme hat, die auch in der Politik gehört wird. Hier ist ein Bürgersteig zu hoch, da eine Bushaltestelle nicht überdacht, ein Bürgersteig für den Rollator zu schmal, eine Ampelschaltung zu kurz: „Es liegt mir am Herzen, mich um die Leute zu kümmern“, so Maschun, der eigentlich regelmäßig persönliche Sprechstunden anbietet. Alle Probleme kann er nicht selbst regeln. Einiges gibt er an die Verwaltung weiter, für andere Anliegen hat er ein gutes Netzwerk bestehend aus Ruhrbahn, EBE, Awo, Handwerkern und auch Wohnungsgenossenschaften.
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Dieses Netzwerk half ihm beispielsweise, als der Altenessener Friedhelm Jäger im Mai vergangenen Jahres plötzlich im Rollstuhl landete - warum ist nach seinen Angaben unklar, vorangegangen waren zwei Bandscheibenvorfälle bei dem 75-Jährigen. Seine Frau war drei Monate vorher plötzlich taub geworden und das alles mitten in der Pandemie.
Ihre Wohnung war nicht barrierefrei, das Paar wandte sich hilflos an Gerd Maschun, der in der konstituierenden Sitzung der Bezirksvertretung V wiedergewählt wurde. Er fragte bei Vivawest an, besorgte eine neue, brachte dem Ehepaar nicht nur den Zettel mit dem Besichtigungstermin, sondern auch gleich noch Brot und Wurst vorbei. „Das ist ein Einzelfall“, so der Seniorenbeauftragte. Er könne nicht jeden so engmaschig betreuen.
Jüngere Generation verbietet Sport, Einkäufe und Spaziergänge
Maschun hat festgestellt, dass sich ältere Menschen von ihren Kindern und Enkeln in der Corona-Zeit vorgeführt fühlen. Aus Sorge vor dem Virus würde die jüngere Generation ihnen alles mögliche verbieten - Sport, Einkäufe und auch Spaziergänge. „Einige fühlen sich regelrecht enteignet“, hat der Seniorenbeauftragte festgestellt. Das sei psychisch äußerst belastend. Er ermutigt die Senioren weiter „ihr Ding“ zu machen und mit ihren Kindern im Gespräch zu bleiben.
Unterstützt wird Maschun von dem Karnaper Bürgerbündnis. Zusammen mit dem Essener Bundestagsabgeordneten Dirk Heidenblut (SPD) brachte das Team rund 60 Senioren in ihrem Stadtteil im Dezember Weihnachtsgeschenke an die Tür.
Senioren haben vor Rührung geweint
In der dunklen Jahreszeit der Pandemie sei es wichtig, die Senioren nicht zu vergessen. „Wir sind zwar nicht reich an finanziellen Mitteln, aber wir sind reich an Nächstenliebe für unsere Mitmenschen“, erklärt Thorsten Kaiser vom Karnaper Bürgerbündnis 1999 e.V.. Die Senioren hätten sich unglaublich über den Haustür-Besuch und die Geschenke gefreut, einige hätten vor Rührung geweint.
„Die vielen positiven Emotionen die wir bei dieser Aktion im Stadtteil einfangen konnten, bestätigt wie wertvoll das Gefühl der Freude und der Hoffnung ist, nicht vergessen zu werden“, so Dirk Heidenblut.
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