Ein Heisinger Geschäftsmann hat sich vor Jahren eine alte Zechenlok gekauft. Jetzt ist das restaurierte Stück zurück in Kupferdreh.
Essen. Nach Hause zurückgekehrt ist die historische Dampflok Pörtingsiepen VI, die vielleicht schon im kommenden Jahr wieder ihre Runden drehen könnte. Das jedenfalls hofft der Besitzer Jens Kürvers, Eisenbahnfan und Geschäftsmann. Vorher wartet auf die Mitglieder des Vereins Hespertalbahn aber noch jede Menge Arbeit.
"Wir sind sehr froh, dass es gelungen ist, diese Originallok der Hespertalbahn wieder nach Kupferdreh zurückzubringen, wo sie wieder fahren soll. Und wir freuen uns natürlich über die Zusammenarbeit mit dem Besitzer Jens Kürvers", sagt Hans Hampel, Sprecher des Vereins Hespertalbahn. Derzeit ruhe das Vereinsleben wegen Corona fast komplett. "Wir machen mit dem entsprechenden Abstand gerade nur das Nötigste." Wenn dann wieder gemeinsam gearbeitet werden könne, werde man den Zusammenbau der Lok Pörtingsiepen VI in den Arbeitsplan integrieren. "Da ist noch einiges zu tun", sagt Hampel.
Für Lokbesitzer Jens Kürvers (62) zieht sich das Thema Eisenbahn wie ein roter Faden durch sein gesamtes Leben. Schon als Kind sei er von Modelleisenbahnen begeistert gewesen. Inzwischen führt der Vorsitzende der Heisinger Werbegemeinschaft nicht nur ein Autohaus, sondern auch eine Kette von Modelleisenbahngeschäften. Sein Hobby teile er mit vielen Männern. Dass Eisenbahnfans seltsame Menschen seien, die zu Hause mit der Eisenbahnermütze durch die Gegend laufen, hält er für ein Vorurteil. "Das ist ein Hobby wie Segeln. Ich stehe als Geschäftsmann durchaus mit beiden Beinen im Leben", sagt der Heisinger.
Jens Kürvers erinnert an die Vergangenheit der stattlichen Lok Pörtingsiepen VI, die in Teilen jetzt nach Kupferdreh zurückgekehrt ist. Die ganze Geschichte habe im Jahre 1923 begonnen. Damals habe die Deutsche Steinkohlengesellschaft bei der Henschel Lokomotivfabrik in Kassel drei Dampflokomotiven vom Typ Bismarck bestellt, die auf den Zechen Pörtingsiepen in Fischlaken und Carl Funke in damals Heisingen betrieben werden sollten.
Die Loks waren 50 Jahre lang in Essen im Einsatz
"So kam es dann auch und die Maschinen haben tapfer 50 Jahre lang brav alle Kohlenzüge von den beiden Zechen zum Bahnhof Kupferdreh gezogen und in den beiden Zechen rangiert", erklärt Kürvers. Eine solch lange Zeit an einer Stelle sei eher außergewöhnlich, meist würden die Maschinen während ihrer Einsatzzeit zwischen verschiedenen Standorten getauscht, was in diesem Fall jedoch nicht der Fall gewesen sei.
Die Lokomotiven seien Pörtingsiepen V, VI und VII benannt worden. Während die Pörtingsiepen V im Jahr 1966 verschrottet wurde, blieben die VI und die VII noch bis zur Stillegung der Zechen 1973 vor Ort. Während die VII zu einem Schrotthändler nach Herne gekommen sei, habe man die VI auf einen Sockel vor der Ruhrkohle-Bahn-und-Häfen-Verwaltung (RBH) in Gladbeck aufgestellt.
Zwei der Dampfloks sind jetzt zurück in Kupferdreh
Die VII sei später von den Mitgliedern des Vereins Hespertalbahn wieder zurück nach Kupferdreh geholt worden. "Sie ist aber in einem sehr schlechten Zustand und fristet ihr Dasein auf einem Abstellgleis", bedauert Kürvers. Die VI dagegen sei auf dem Denkmalsockel von einigen Mitarbeitern der Ruhrkohle weiter liebevoll gepflegt worden. 2008 sei die Geschäftsleitung der RBH zu der Ansicht gekommen, dass eine Dampflokomotive vor der Zentrale nicht zum Erscheinungsbild eines modernen Logistikunternehmens passe. Deshalb sollte die Lok abgegeben werden, berichtet Kürvers.
"Davon hatte ich damals erfahren und der RBH ein schlüssiges Konzept für eine Weiterverwendung der Lokomotive vorgelegt. Dem wurde zugestimmt und so konnte ich die Lok erwerben", sagt er. Auch wenn viele Männer Eisenbahnfans sind und ihre Begeisterung für Modelleisenbahnen auch im Erwachsenenalter oft nicht verlieren: "Nicht jeder Mann kauft sich gleich eine richtige Dampflokomotive, ich war aber der Meinung, dass es zu meinem 50. Geburtstag unvermeidlich sei", blickt der Heisinger zurück.
Die Lok wird bei der Hespertalbahn wieder zusammengesetzt
Mit zwei riesigen Autokränen sei die Lok dann in Gladbeck vom Sockel gehoben, verladen und zur Restauration nach Moers gebracht worden. Mitarbeiter der RBH seien darüber traurig gewesen, hätten aber die Hoffnung damit verbunden, dass die Lok irgendwann wieder fahren werde. "Ich habe den Mitarbeitern versprochen, dass diese Lok eines Tages wieder in Kupferdreh sein wird", erklärt Kürvers.
Für die Pörtingsiepen VI habe eine kleine Odyssee begonnen, die Lok sei in Moers bis auf die letzte Schraube zerlegt worden. In Duisburg sei in der Werkstatt "Schmiede" der komplette Rahmen überarbeitet worden, in Hattingen habe man die Räder überholt und bei den Eisenbahnwerkstätten in Krefeld jedes einzelne Teil überarbeitet und die Lok wieder zusammengesetzt.
Jetzt war es endlich soweit: Jens Kürvers konnte sein Versprechen erfüllen: Die Lok wird fahrbereit wieder zurück nach Kupferdreh gebracht. Der erste Teil mit dem Fahrwerk und dem Führerhaus sei bereits angeliefert worden. "Um den Einsatz von zwei großen Kränen zu vermeiden, wird der Kessel separat transportiert, damit das Transportgewicht nicht so groß ausfällt. Der finale Zusammenbau erfolgt jetzt bei der Hespertalbahn", so der Eisenbahnfan.
Der Besitzer kann die alte Lok künftig selbst fahren
In der Zwischenzeit habe er selbst den Kesselschein, den Heizerschein und die Fahrberechtigung für eine solche Lokomotive erlangt. Es sei ungewohnt, nach 40 Jahren wieder vor einem Prüfungsausschuss zu sitzen, aber auch diese Hürde habe er genommen. Für den Betrieb einer Dampflok seien diese Scheine unverzichtbar. "So kann die Pörtingsiepen VI bald bei der Hespertalbahn aushelfen und ich selbst kann die Maschine fahren, wenn die Zeit es zulässt", freut sich Kürvers.
Wenn alles gut laufe, könne die historische Lok in 2021 auf genau den Gleisen, die sie vor 50 Jahren verlassen musste, wieder ihre Runden drehen und ein Stück Heimatgeschichte schreiben. Damit sich alle Technikfans und Historiker daran erfreuen können, werde direkt neben dem Stellwerk Kupferdreh ein kleiner, zusätzlicher Lokschuppen gebaut, durch dessen verglaste Seitenwand die Lok jederzeit besichtigt werden könne. Wenn das umgesetzt sei, sei das eine Hommage an Kupferdreh, das in der 1920er und 1930er Jahren des letzten Jahrhunderts einer der größten Eisenbahnstandorte des Ruhrgebietes gewesen sei.