Essen. Wechsel beim Espo: Nach 18 Jahren gibt Wolfgang Rohrberg den Staffelstab weiter. Sein Nachfolger verbindet im neuen Job Hobby und Berufserfahrung
Es ist ein leiser Abschied in Zeiten von Corona: 18 Jahre lang hat Wolfgang Rohrberg die Geschäfte des Essener Sportbundes (Espo) geführt. Nun verabschiedet sich der 63-Jährige Funktionär in den Ruhestand und gibt den Staffelstab in jüngere Hände: Thorsten Flügel (51) übernimmt.
Geschäftsführer beim Espo, das bedeutet Lobby-Arbeit für den Essener Sport und einen Arbeitstag, der gerne mal länger dauert als ein üblicher Bürojob. Thorsten Flügel weiß, worauf er sich einlässt. Seit 2012 gehörte er dem Vorstand des Espo an. Als er dort gefragt wurde, ob er sich vorstellen könnte, die Geschäftsführung zu übernehmen, musste er nicht länger überlegen. „Wann bekommt man schon die Chance, sein Hobby zum Beruf zu machen“, sagt Flügel, der Kennern der Essener Fußballszene als langjähriger Schiedsrichterobmann und Vorsitzender des Fußballkreises bekannt ist.
Mit dem Umbau von Asche- zu Kunstrasenplätzen ist man weitgehend durch
Welche Baustellen hat ihm sein Vorgänger hinterlassen? „Mit dem 2:1-Programm sind wir weitgehend durch“, sagt Wolfgang Rohrberg und meint den Umbau von Asche- zu Kunstrasenplätzen, für den sich zwei Fußballvereine eine Sportanlage teilen müssen.
Rund 40 moderne Fußballplätze sind so im Laufe der Jahre entstanden. Nicht jeder davon wäre gebaut worden, hätte allein der Espo darüber zu entscheiden gehabt. Der Platz An der Windmühle in Burgaltendorf zum Beispiel, mitten in einem Wohngebiet, sagt Rohrberg. Ärger mit Anwohnern, die sich über Lärm beklagen, sei in solchen Fällen programmiert.
Aber im Sport heißt es auch immer, auszutarieren zwischen den verschiedenen Interessen und sich gleichwohl gegen Begehrlichkeiten zu wehren. Auch wenn oft von der großen Koalition im Essener Sport die Rede ist, so sind Mitglied des Stadtrates auch versucht, etwas für den „eigenen Wahlkreis“ herauszuholen. Auch darauf wird sich Thorsten Flügel einstellen müssen. Im Rat der Stadt gibt es viele neue Gesichter, altgediente Kämpen habe ihre Plätze geräumt. Flügel muss an seinem Netzwerk noch knüpfen.
Die Sanierung der Sportlandschaft bleibt eine Daueraufgabe
So manches Thema, das heute wieder diskutiert wird, kommt Rohrberg nur allzu bekannt vor. Den Umbau des Grugabades zum Beispiel habe der Espo schon vor mehr als zehn Jahren thematisiert. Den Denkmalschutz für Essens größtes Freibad sieht Rohrberg kritisch. Den Abriss des Hauptbades nennt er im Rückblick bedauerlich. Damals sei die Stadt nicht bereit gewesen, eine zweistellige Millionensumme in den Erhalt des Bades zu investieren. Auch der Espo machte sich seinerzeit für einen Neubau am Thurmfeld stark. Weil das Hallenbad zu klein ist, müssen sich Sportler bei Wettkämpfen mit einem Zelt behelfen. „Vielleicht kann man ja einen Anbau dran setzen“, sagt Rohrberg.
Essener Sportbund (Espo)
Der Essener Sportbund (Espo) ist Sprachrohr und Interessenvertretung von rund 450 Sportvereinen. Er vertritt 130.000 aktive Sportler. Der Espo bietet darüber hinaus Sportkurse an und betreibt vier Sport-und Gesundheitszentren: Friedrichsbad, Revierpark Nienhausen, Nordost-Bad und Zeche Helene.
Der Sportbund beschäftigt rund 100 Mitarbeiter - so viele wie ein mittelständisches Unternehmen.
Wird der Espo gehört? Angesichts von zig Millionen Euro, die in den vergangenen zwei Jahrzehnten in die Sportlandschaft geflossen sind, ist dies zu bejahen. Aktuell fließt Dank öffentlicher Förderung viel Geld in die Sanierung von Turnhallen. 19 Turnhallen werden dafür gleichzeitig geschlossen. „Wir haben in Essen über 180 Turnhallen“, betont Rohrberg. „Die Stadt muss Geld drauflegen, so der scheidende Geschäftsführer.
Sport wird immer individueller, darauf muss sich der Espo einstellen
Baustellen gibt es also genug. Das ist so in einer Sportlandschaft, die sich ständig verändert. Wer hatte zum Beispiel gedacht, dass aus dem Daddeln am Computer einmal eine Sportart werden wird und Vereine eigene E-Sport-Abteilungen unterhalten? Andererseits muss auch der Espo sich darauf einstellen, dass Sport immer individueller wird. Sport ist im Verein am schönsten? Für viele gilt das nicht mehr. Und: Wer übernimmt in einem Verein noch ein Ehrenamt?
Ob Corona diese Trends beschleunigt, bleibt abzuwarten. „Sport hat eine soziale Funktion. Für viele ist der Verein Familienersatz“, davon ist Wolfgang Rohrberg überzeugt. Dennoch: Der Espo wird sich diesen Fragen stellen müssen. „Bieten wir genügend Service? Welche Aufgaben können wir für Vereine übernehmen?“, fragt Thorsten Flügel, der bis zu seinem Wechsel zum Espo den Kundenservice eines großen Energie- und Wasserversorgers geleitet hat. Diese Erfahrung könnte ihm bei seiner neuen Aufgabe helfen.