Essen-Ruhrhalbinsel. Die Bezirksvertreter der Ruhrhalbinsel wollen sich stärker den Bürgern öffnen. Eine Sprechstunde beim neuen Bezirksbürgermeister gehört dazu.
Der neue Mann am Ruder der Bezirksvertretung Ruhrhalbinsel ist ein alter Bekannter: Wilhelm Kohlmann (CDU), zuletzt Kulturbeauftragter des Stadtteilparlaments, löst Manfred Kuhmichel aus dem eigenen Lager als Bezirksbürgermeister ab. Wir sprachen mit ihm über künftige Ziele, Teamarbeit und aktuelle Probleme im Stadtbezirk.
Herr Kohlmann, ihr Vorgänger Manfred Kuhlmichel war neben seinem Posten in der Bezirksvertretung auch im Stadtrat und auf Landesebene tätig. Zudem ist er seit 1969 Mitglied der CDU. Ist es eigentlich eher Ehre oder doch Bürde, in die Fußstapfen eines solchen politischen Urgesteins treten zu müssen?
Wilhelm Kohlmann: Zuerst einmal freue ich mich auf die neue Aufgabe, denn unser Stadtteilparlament ist künftig jünger und auch weiblicher aufgestellt. Das ist spannend und ich bin mir sicher, dass die Jüngeren sich und ihre Ideen einbringen wollen und werden. Das Amt des Bezirksbürgermeisters ist für mich kein Ritterschlag, sondern in erster Linie Motivation, den Stadtbezirk weiter voran zu bringen. Andererseits bin ich nun ja auch kein Neuling in der Politik. Parteimitglied bin ich bereits seit 1972. Auch zur BV zähle ich nun schon seit zehn Jahren, acht davon als Kulturbeauftragter. Politisch aktiv im Stadtteil war ich aber auch schon in der Zeit vor meinem Beitritt ins Stadtteilparlament.
In wiefern?
Kohlmann: Bereits in den 1980er und 1990er Jahren habe ich versucht Akzente zu setzen. Damals im Zusammenhang mit der Bürgerschaft Kupferdreh. Beispielsweise bei der Gestaltung des Kupferdreher Marktplatzes, den ich immer noch für einen der schönsten in Essen überhaupt halte. Von daher war und bin ich noch immer ein klarer Gegner der Idee, den Markt als Parkplatz freizugeben. Auch in der Bezirksvertretung habe ich schon einiges bewegen können. So wurde in meiner Zeit als Kulturbeauftragter der Fördertopf für Kultur von 6000 auf 15.000 Euro erhöht. Darauf bin ich in Zeiten stark beschnittener Budgets auch ein bisschen stolz. Davon profitieren besonders unsere Chöre, die im wesentlichen die Kulturarbeit auf der Ruhrhalbinsel prägen und bestimmen.
Als Bezirksbürgermeister warten nun andere Aufgaben auf sie. Wie sehen sie künftig ihre Rolle in der BV?
Kohlmann: Erst einmal muss ich die Richtung vorgeben. Das liegt in der Natur der Sache. Und diese Richtung heißt Teamarbeit. Das hat die BV Ruhrhalbinsel schon immer ausgezeichnet und das soll auch so bleiben.
Schaut man sich die jüngsten Wahlergebnisse an, gilt die Ruhrhalbinsel traditionell als Hochburg der CDU. Bei mehr als 44 Prozent der Stimmen muss man wohl weniger Zugeständnisse machen?
Kohlmann: Die CDU hat die Wahl in der Tat klar gewonnen. Das heißt jedoch nicht, dass ich die BV künftig nach „Gutsherrenart“ führen werde. Unser Stadtteilparlament ist kooperativ. Das ist gut so und das gilt auch für mich persönlich. Schon deshalb habe ich bei der konstituierenden Sitzung besonderen Wert darauf gelegt, dass wir drei statt nur zwei stellvertretende Bürgermeister ernennen.
Die kommen aus der CDU, den Grünen und der SPD, womit schon der größte Teil des politischen Spektrums in der BV abgedeckt ist. Auch die AfD hat sich zumindest einen Platz sichern können. Wie sieht es da mit ihrer Kooperationsbereitschaft aus?
Kohlmann: Da kann ich eigentlich nur für meine Partei sprechen. Und da gibt es in der CDU einen klaren Parteibeschluss, der besagt: Keine Zusammenarbeit mit der AfD. Daran fühle ich mich gebunden.
Lassen Sie uns nach der inneren Struktur einen Blick auf die nächsten Aufgaben der BV werfen.
Kohlmann: Kernpunkt ist ganz sicher, die Bürger noch stärker zu beteiligen. Dazu soll sich das Stadtteilparlament weiter öffnen. Wir wollen den Menschen mehr und bessere Gelegenheiten eröffnen, an die Ortspolitiker heranzutreten. So wollen wir künftig einmal pro Woche eine Bürgermeister-Sprechstunde einrichten. Auch eine Fragestunde vor der BV-Sitzung wird es geben, dann jedoch mit schriftlicher Anmeldung. Außerdem wird die BV eine eigene Webseite bekommen, die ist allerdings noch nicht scharfgestellt derzeit. Das alles mit dem Ziel, das Stadtteilparlament zum ersten Ansprechpartner für den Bürger zu machen, wenn es darum geht, ihre Probleme – welcher Art auch immer – zu lösen.
Drei Stellvertreter
Im Vergleich zu allen weiteren acht Essener Stadtteilparlamenten gibt es in der BV Ruhrhalbinsel drei statt nur zwei Stellvertreter für den Bezirksbürgermeister. Für Wilhelm Kohlmann auch ein Zeichen von Teamarbeit, auf die er künftig besonderen Wert legt.
Unterstützt wird er dabei vom 1. Stellvertretenden Bürgermeister Enno Schmischke (CDU) . Zur zweiten Stellvertretenden Bürgermeisterin wurde Valerie Schnee (Grüne) ernannt. Komplettiert wird das Führungsquartett durch Jürgen Bree (SPD).
Welche Themen besitzen ihrer Ansicht nach Priorität auf der Ruhrhalbinsel?
Kohlmann: Ganz sicher die Umgestaltung des Kupferdreher Zentrums. Der Busbahnhof ist fertig, aber die Kupferdreher Straße ist seit 20 Jahren eine Baustelle. Das bereitet mir Sorge auch bezüglich der Geschäftsleute, die dort darunter zu leiden haben. Ferner – und das ist jetzt kein Witz – wird uns immer wieder der Wunsch angetragen, für öffentliche Toiletten zu sorgen. Die Menschen in Kupferdreh und Burgaltendorf werden immer älter. Da verwundert es kaum, dass bei jeder öffentlichen Versammlung dieser Punkt immer wieder zur Sprache kommt.
Was bewegt die Bürger noch?
Kohlmann: Der zunehmende Vandalismus in der Bahn, an Unterführungen sind und bleiben ein Ärgernis. Auch die Diskussion über die Drogenszene in Überruhr-Holthausen hat zuletzt Fahrt aufgenommen. Da gibt es Gespräche mit der Verwaltung, einen Streetworker einzusetzen. Doch das ist leider momentan nicht mehr als ein frommer Wunsch, denn eine solche Stelle kostet natürlich Geld.
Das klingt nach einer Menge Arbeit. Hand aufs Herz – Sie könnten längst den Ruhestand genießen.
Kohlmann: Das könnte ich sicher, aber das entspricht nicht meinem Naturell. Ich arbeite bis heute immer noch als freier Dozent und bilde Poliere aus – weil mir der Job immer noch Spaß macht. Genau wie die Politik.