Essen. Künstler im Corona-Lockdown: Der Essener DJ Dennis Hurwitz lockte rund 120 Zuhörer zur musikalischen Mahnwache vor der Gruga.
Sechs rote Quadrate ergeben das Bild. Abwechselnd leuchten sie in der Dämmerung über Rüttenscheid auf und signalisieren „Alarmstufe Rot“. Die Kultur- und die Veranstaltungsbranche liegen im Lockdown. Der Essener DJ Dennis Hurwitz (43) mahnt das Corona-Dilemma lokal an. Vom Musiker über Kleinkünstler bis zu Schauspielern und Sängern: Sie alle seien leider „weggesperrt“, trotz strenger Hygienekonzepte und aller Vorsicht.
Der weitläufige Platz zwischen der Halle und dem Eingang zum Grugapark füllt sich schleichend zur musikalischen Mahnwache am Samstagabend, 7. November. Unter dem Vordach steht Hurwitz ganz in Schwarz am Pult mit dem CD-Player. „#Arts matter“ ist davor auf dem grauen Pflaster in Kreide geschrieben, „Kunst hat Wert und Bedeutung“. „Davon war in den vergangenen Monaten leider wenig zu spüren“, so der Initiator. Mit der rund vierstündigen Aktion will er beweisen, dass Veranstaltungen wie diese zu Corona funktionieren.
Düstere Bässe klagen an, dunkle Roboterstimmen wollen aufrütteln
Schrill statt still wird’s gleich zu Beginn des ungewöhnlichen Konzerts. Elektronisch-apokalyptische Töne, Pfeifen und düstere Bässe klagen an, dunkle Roboterstimmen wollen aufrütteln. Nach dem bewusst chaotischen Intro kommen 20 Sekunden Stille. Dann legt der DJ Opernklassik auf. Die Kulturbranche liegt seit Monaten am Boden. Keine Auftritte, keine Einnahmen. „Wir fühlen uns von der Politik vergessen“, betont Hurwitz. Der momentane Lockdown habe ihn voll erwischt. Nicht nur finanziell. „Notfalls hätte ich mich allein vor die Grugahalle gestellt“, sagt der in der Szene als „Den Ishu“ bekannte Musikproduzent. Er vermisse zudem das gute Gefühl, öffentlich Musik aufzulegen und einfach nur „die Bässe im Bauch“.
Auch das kulturinteressierte Mittelschichtpublikum genießt das Programm durch alle Musikgenres. Mit Abstand sitzen die Besucher auf den Treppenstufen vor der Messehalle. Einige sind Hurwitz’ Aufruf gefolgt und haben Klappstühle mitgebracht, wie Veronika Maruhn. „Ich möchte mit dem Besuch hier meine Solidarität zeigen“, sagt die Essener Schauspielerin. Sie lobt die Idee des DJs und wünscht sich mehr solche Veranstaltungen, die das kulturelle Leben in Corona-Zeiten ermöglichen. Mit seiner Frau ist Stephan Neumann „als Bürger dieser Stadt“ zum Konzert gekommen. „Ganz ohne Kultur“, so Neumann, der jetzt für die Grünen im Essener Rat sitzt, „sollte es nie zugehen“. Es brauche mehr kreative Konzepte wie dieses in der Pandemie.
Das Publikum ist gekommen, um ein Zeichen der Solidarität mit den Künstlern zu setzen
Am Ende haben etwa 120 Besucher die Aktion verfolgt. Dennis Hurwitz ist zufrieden mit dem friedlichen Verlauf. Dank spricht er den Verantwortlichen von Stadt und Gruga aus. Sie hätten die Sache bestens unterstützt. „One More Time“ heißt das letzte Stück an diesem Abend. Nicht nur Hurwitz hofft auf Wiederholung.