Essen-Westviertel. Zum Konzept eines Essener Pflegeheims gehört der Besuch von Hunden. Tiertrainerin Ulrike Leiberich erzählt, wie die Bewohner dadurch aufblühen.

Wenn Ulrike Leiberich mit ihren Hunden ins Gerhard-Kersting-Pflegeheim im Essener Westviertel kommt, ist das für die Bewohner oft ein absoluter Höhepunkt. Sie dürfen die Vierbeiner streicheln, mit ihnen spielen und sie auch füttern. Gerade in Zeiten von Corona blühen manche Bewohner dann richtig auf. „Viele erzählen dann, dass sie früher einmal selbst Hunde hatten“, weiß Ulrike Leiberich, die einen Hundesalon in Bottrop betreibt und seit sieben Jahren in die Essener Einrichtung kommt.

Frau aus Essen hat aufgehört zu sprechen, als sie ins Pflegeheim gezogen ist

Derzeit treffen sich die Bewohner alle vier Wochen in einem großen Raum und sechs Hunde sowie Ulrike Leiberich und eine Kollegin sind dabei. Das hört sich nach jeder Menge Gewusel an. Tatsächlich haben die Tiere so aber auch die Möglichkeit, sich zwischendurch auszuruhen.

Die Hunde, die ins Gerhard-Kerstin-Haus kommen werden allesamt zu Rettungshunden ausgebildet.   
Die Hunde, die ins Gerhard-Kerstin-Haus kommen werden allesamt zu Rettungshunden ausgebildet.    © h.o.

Bewohner, die nicht mehr mobil sind, bekommen – wenn nicht gerade Corona-Zeit ist – vierbeinigen Besuch in ihren Zimmern. „Ein Bewohner hat immer mit unserem Devil gesungen“, erinnert sich Leiberich. Wenn der Hund in das Zimmer kam, habe der Mann angefangen zu singen und Devil habe bellend mit eingestimmt, so die Hundetrainerin. Für die Senioren seien diese kleinen Momente oft Lebensfreude pur.

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Für viele Senioren sei der Umzug ins Altenheim ein schwieriger Schritt mit entsprechenden Folgen. Vor einigen Jahren habe es eine Frau gegeben, die einfach aufgehört habe zu sprechen, als sie ihre Wohnung aufgeben musste. „Sie saß da nur und hat geschaut“, erinnert sich Leiberich. Bis die Hunde kamen. Beim Anblick der Vierbeiner legte sich offenbar ein Schalter um und die Seniorin begann zu erzählen. Das sind dann besonders schöne Momente für Ulrike Leiberich und die Mitarbeiter des Pflegeheims.

Jede Hunderasse ist für die Arbeit geeignet

Die Tiere müssen ein Feingespür für Menschen mitbringen, lieb und verträglich sein, erklärt die 52-Jährige. Das seien die einzigen Voraussetzungen. Dann sei grundsätzlich jede Rasse für diese Arbeit geeignet. Stafford, Altdeutsche Hütehunde, Mischlinge: Ulrike Leiberich handhabt es in der Regel so, dass sie ihre eigenen, zu Rettungshunden ausgebildeten, Tiere in das GSE-Haus mitbringt. „Die sind 24 Stunden um mich herum, die kann ich einschätzen.“

Tiertrainerin Ulrike Leiberich (52) mit Hündin Freya.  
Tiertrainerin Ulrike Leiberich (52) mit Hündin Freya.   © h.o.

Ein ganz besonderes Feingespür brachte die Altdeutsche Hütehündin Funny mit. Sie merkte, wenn es einem Menschen nicht gut ging. „Ein Bewohner, der neu in dem Haus war, lief verwirrt umher und hatte sich offenbar verlaufen“, erinnert sich Ulrike Leiberich. Funny sei dann hingegangen, habe gebellt und so auf die Notlage des Mannes aufmerksam gemacht.

Die Tiere müssten lernen, dass alte Menschen anders riechen und sich unter Umständen auch anders verhalten, besonders, wenn sie dement sind. So komme es vor, dass Bewohner die Hunde aus dem Nichts hauen oder kneifen. Zu ernsten Vorfällen sei es jedoch noch nie gekommen – auch, weil die Tiere von klein auf in das Pflegeheim dürfen; so waren kürzlich vier Tage alte Welpen mit dabei.

So wachsen die Vierbeiner mit ihrem „Job“ auf und lernen dann im besten Fall ihre eigenen Babys im Pflegeheim an. Ulrike Leiberich ist großer Fan des GSE-Tierkonzepts. Als besonderen Höhepunkt hat sie auch schonmal ein kleines Schaf mit in die Einrichtung gebracht, das die Bewohner dann herzen durften. Auch Katzen seien grundsätzlich denkbar, wobei die recht eigensinnig seien und nicht immer das machten, was man von ihnen erwarte. Da sei die Arbeit mit den Hunden einfacher, die wüssten, was sie zu tun und zu lassen hätten.

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