Essen. Einrichtungen zu und durch: Der OB zeigt Verständnis für den Ärger über den zweiten Lockdown – und wirbt dennoch für die Regeln des Landes.

Ein Lockdown trifft den Lebensnerv: „In den kommenden Wochen wird uns als Gesellschaft viel abverlangt“ – so kommentiert Oberbürgermeister Thomas Kufen die bevorstehenden Einschränkungen im Essener Alltag. Und in seinem Werben darum, den Zusammenhalt nicht zu riskieren, hat die städtische Marketing-Gesellschaft ihm sicherheitshalber ärztlichen Beistand organisiert: Gemeinsam mit anderen Promis werben Kabarett-Doc Ludger Stratmann und Notfallärztin Carola Holzner alias Doc Caro dieser Tage für Verständnis, damit Corona nicht aus dem Ruder läuft. Denn die Zahlen sind danach.

So verzeichnete die Stadt am Donnerstag erstmals seit Beginn der Pandemie über 1000 aktuelle Fälle – das sind mehr als dreimal so viel wie beim ersten Lockdown Ende März – und mit 208 Neuinfektionen den höchsten Tageswert, seit das Virus grassiert.

Kampagne versichert: „Essen hält zusammen“

Mag der Virus auch viele entzweien – „Essen hält zusammen“, verspricht eine Kampagne der Essen Marketing GmbH (EMG) bei der das Rap-Duo 257ers und Boxer Patrick Korte, Notärztin Doc Caro und Kabarettist Dr. Stratmann, die Spieler Dennis Grote und Amara Condé von Rot-Weiss Essen sowie Oberbürgermeister Thomas Kufen werben.

Die Videos werden über die städtischen Social Media-Kanäle verbreitet. Seit Dienstag laufen zudem Radio-Spots, hinzu kommen auch großformatige Plakate – gedruckt wie digital.

Vier Mal so viele schwere Corona-Fälle wie vor einem Monat

Mit den Infektionswerten steigt zwangsläufig auch die Zahl der schweren Krankheitsverläufe. So betreut die Universitätsmedizin Essen, also Uni- und Ruhrlandklinik zusammen, derzeit 88 Patienten, davon 20 auf der Intensivstation. Das sind im ersten Fall vier, im zweiten fünf Mal so viel wie noch vor einem Monat.

„Die Zahlen steigen kontinuierlich“, sagt ein Sprecher. Zwar verfügt man über insgesamt 204 Intensiv-Betten, doch die lassen sich selbstredend nicht samt und sonders für Corona-Patienten reservieren. Und mehr noch als Betten braucht es im Zweifel qualifiziertes Personal, um Intensiv-Versorgung sicherzustellen.

OB Thomas Kufen: „Eine schwierige Zeit für uns alle“

Der Herbst werde „eine gesundheitspolitische Herausforderung“, seufzt der OB „und eine schwierige Zeit für uns alle“. Kufen, der persönlich dazu neigt, eher mehr als weniger Angebote zumal im Freien möglich zu machen, kündigte am Donnerstag an, die Corona-Schutzverordnung des Landes „1:1 umsetzen“ zu wollen. Was auch bedeutet: Essens Regelungen werden – was ja auch möglich wäre – um kein Jota schärfer ausfallen.

Damit fällt der Blick der Stadtverwaltung wie auch der Bürger ausschließlich auf das NRW-Papier, das für Freitag erwartet wird. Mit der Folge, dass derzeit etwa noch unklar ist, ob vom 2. November an auch jene Einrichtungen in Essen schließen müssen, die an den Schnittstellen zwischen Kultur, Bildung und Freizeit liegen – die Verantwortlichen der Volkshochschule zum Beispiel kamen erfolglos zur Krisensitzung zusammen, um das weitere Vorgehen zu erörtern: „Solange nichts Schriftlich aus Düsseldorf vorliegt, haben wir keine Rechtsgrundlage.“

„Reißt Euch zusammen!“ heißt die Devise von Boxer Patrick Korte. Er wirbt in einer EMG-Kampagne dafür, die Corona-Regeln einzuhalten.
„Reißt Euch zusammen!“ heißt die Devise von Boxer Patrick Korte. Er wirbt in einer EMG-Kampagne dafür, die Corona-Regeln einzuhalten. © EMG

In vielen Fällen bleibt noch unklar, was erlaubt ist und was nicht

Gleiches gilt für die Frage, ob der Grugapark ab Montag weiter besucht werden kann oder nicht. Unklar auch das weitere Vorgehen für private Nachhilfe-Institute oder für Sportstätten, in denen Profisport (weiter erlaubt), aber auch Freizeitsport (ab Montag verboten) betrieben wird.

Selbst die Kirchen, deren Gottesdienste weiter stattfinden, waren am Donnerstag offiziell noch nicht sprechfähig über das, was vom 2. November an in Pfarr- und Gemeindezentren erlaubt ist und was nicht. Vermutlich, so hieß es, werde alles abgesagt: jeder Bibelkreis, jede Pfadfindergruppe, jeder Yogakurs.

Ein letztes pralles Kultur-Wochenende vor dem Lockdown

Fest steht: Nach den Wochenendvorstellungen, die planmäßig stattfinden, werden Theater und Philharmonie den Spielbetrieb am Montag einstellen. Die Messe C.A.R. auf Zollverein geht an diesem Wochenende noch wie geplant über die Bühne und der hochkarätigen Keith Haring-Ausstellung im Museum Folkwang, die ursprünglich bis 29. November laufen sollte, steht womöglich ein Run auf die letzten Öffnungs-Stunden bevor.

Die Folkwang Musikschule beschloss bereits während der Herbstferien, im Monat November alle Veranstaltungen abzusagen. Während die Alte Synagoge nachzieht und auf alle geplanten Veranstaltungen im November verzichtet, war am Donnerstag auch noch unklar, was am Sonntag, dem Feiertag „Allerheiligen“, auf den katholischen Friedhöfen im Stadtgebiet passiert: Ob die traditionellen Grabes-Segnungen stattfinden oder wegen nicht einzuhaltender Abstandsregeln ausfallen, war am Donnerstag nicht mehr zu klären.

Im Cinemaxx wie in den Filmkunstkinos bleibt der Projektor jedenfalls aus, dabei war für den 8. November zum 5. Europäischen Kinotag im „Eulenspiegel“ ein Klassiker versprochen: „Michel bringt die Welt in Ordnung“.

Schön wär’s.

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