Essen. Verdi droht mit Warnstreiks. Arbeitsniederlegungen in Kitas oder im öffentlichen Nahverkehr will die Gewerkschaft aber rechtzeitig ankündigen.

Im aktuellen Tarifstreit im öffentlichen Dienst hat die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi auch in Essen Warnstreiks angekündigt. Bürger müssten damit rechnen, dass sie noch in dieser Woche vor verschlossenen Türen stehen könnten, wenn sie kommunale Einrichtungen wie zum Beispiel Bürgerämter besuchen wollen.

In der Nachbarstadt Oberhausen sollen Beschäftigte im öffentlichen Dienst bereits am Mittwoch die Arbeit niederlegen. „So früh starten wir in Essen nicht“, sagte Henrike Eickholt, Vorsitzende des Verdi-Bezirks Ruhr-West. Doch schon am Donnerstag könnte es auch zwischen Karnap und Kettwig zu ersten Warnstreiks kommen.

Mit kommunalen Krankenhäusern will Verdi Notvereinbarungen treffen

Henrike Eickholt sagte zu, dass Verdi die Öffentlichkeit rechtzeitig darüber informieren werde, sollten auch Kindertagesstätten oder der öffentliche Nahverkehr bestreikt werden, da es sich um besonders sensible Bereiche handele. Bürger sollen sich deshalb auf Warnstreiks einstellen können. Laut Henrike Eickholt wird Verdi diese mindestens zwei Tage vorher ankündigen. „Ein Tag wäre zu kurz“, so die Gewerkschafterin.

Sollten kommunale Krankenhäuser bestreikt werden, will Verdi der Arbeitgeberseite den Abschluss von Notdienstvereinbarungen anbieten, damit die medizinische Versorgung sichergestellt bleibt.

Angesichts der Coronakrise und der einzuhaltenden Abstandsregeln plant Verdi betriebsnahe Streikveranstaltungen. Eine Kundgebung auf dem Kennedyplatz mit bis zu 4000 Teilnehmern wie bei vergangenen Tarifauseinandersetzungen werde es diesmal nicht geben, betonte Eickholt.

Nicht nur Pflegekräfte vermissen Anerkennung auch in barer Münze

Vertreter verschiedener kommunaler Einrichtungen zeigten sich vor der Presse enttäuscht darüber, dass auch die zweite Verhandlungsrunde zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern am Wochenende ohne Ergebnis geblieben war. „Von Applaus kann ich meine Miete nicht bezahlen“, sagte Olaf Nuhnen, Betriebsratsvorsitzender am Alfried-Krupp-Krankenhaus in Anspielung an den Beifall, den allen voran Mitarbeiter des Pflegepersonals als „Helden des Alltags“ für ihren Einsatz in der Coronakrise erhalten haben. Es blieb bei warmen Worten.

Nicht nur an kommunalen Krankenhäusern vermissen Beschäftigte eine Wertschätzung, die sich für sie auch im Portemonnaie niederschlägt. Dass für Mitarbeiter der Stadtverwaltung sogar Verschlechterungen bei der Eingruppierung in Lohngruppen drohten, nennt Personalrätin Heike Erhard schlicht „sehr enttäuschend“. Zum Argument der Arbeitgeber, die öffentlichen Kassen seien leer, sagt Birgit Meyer-Holz, Arbeitnehmervertreterin bei der Agentur für Arbeit: „Vor Corona ging es der Wirtschaft gut. Da hätten wir auch gerne ein Stück vom Kuchen abgekriegt.“

Essens Stadtkämmerer wirbt für eine Tarifabschluss mit Augenmaß

Verdi fordert im Tarifkampf 4,8 Prozent mehr Lohn und Gehalt, mindestens aber 150 Euro mehr. Auszubildende sollen 100 Euro mehr im Monat erhalten. Auch Arbeitszeitregelungen sind Gegenstand der Verhandlungen.

Essens Stadtkämmerer Gerhard Grabenkamp warb im Gespräch mit der Redaktion um einen Tarifabschluss „mit Augenmaß“. Für die Stadt Essen sei es angesichts der Corona bedingten finanziellen Ausfälle in Millionenhöhe wichtig, dass bei den Tarifverhandlungen ein wirtschaftlich tragfähiges Ergebnis herauskomme, betonte Grabenkamp.

Der Kämmerer rechnet für das laufenden Jahr mit einer zusätzlichen Belastung durch Corona in Höhe von 226,8 Millionen Euro. Jede Tariferhöhung um einen Prozentpunkt würde laut Grabenkamp bedeuten, dass die Stadt Essen noch in diesem Jahr 1,12 Millionen Euro mehr für Löhne und Gehälter ausgeben müsste. Ab 2021 wären jährlich 3,15 Millionen Euro fällig.

Die nächste Tarifrunde steht am 22./23. Oktober an. Bis dahin will die Gewerkschaft den Druck auf die Arbeitgeber nach und nach erhöhen.

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